Das Lied der Sirenen
die Hand. »Seien Sie so nett und sehen Sie zu, daß Inspector Matthews diese Nachricht bekommt.«
»Jawohl, Sir«, erwiderte der Constable, während er sich fragte, wer den Schneid gehabt hatte, Popeye Cross ein so hübsches Veilchen zu verpassen.
»Ich werde mich an Sie erinnern, wenn ich wieder im Dienst bin«, sagte Cross über die Schulter, als er sich erneut durch die Menge der Zuschauer drängte.
Cross ging die Straße hinunter zurück zu seinem Volvo, den er vor dem Notausgang eines Nachtclubs abgestellt hatte. Der Tag war nicht besonders zufriedenstellend verlaufen, und der kommende Morgen versprach keine Verbesserung. Aber die Überzeugung, daß seine Nachricht an Kevin Matthews den Tatsachen entsprach, gab Tom Cross das Gefühl, daß letztlich doch ein Sinn in seinen Aktivitäten lag.
»Die Obduktion wird meine Beurteilung stützen«, sagte Tony.
»Wer auch immer diesen Mann ermordet hat, es war nicht unser Serienmörder.«
Bob Stansfield schaute ihn finster an. »Ich verstehe nicht, wie Sie nur wegen ein paar Ölflecken auf der Leiche so sicher sein können.«
»Es liegt nicht nur daran, daß die Leiche nicht gesäubert war.« Tony zählte die nachfolgenden Punkte an den Fingern ab: »Der Mann gehört der falschen Altersgruppe an. Er ist höchstens zwanzig, wenn überhaupt schon. Er gehört nicht zu den heimlichen Homosexuellen; er war in der Schwulenszene bestens bekannt. Sie werden ihn spätestens um drei heute morgen identifiziert haben.«
Kevin Matthews nickte. »Schon geschehen. Er ist bei der Sitte kein Fremder – heißt Chaz Collins, ehemaliger Strichjunge, hat in einer Bar gearbeitet und mochte harten Sex.«
»Aha«, sagte Tony zufrieden. »Darüber hinaus liegt keinerlei Verletzung am Penis oder den Hoden vor, während unser Killer sich doch zunehmend aggressiv gegen diese Körperorgane verhalten hat. Den Medien gegenüber ist bisher nur bekanntgegeben worden, daß die Opfer auch in sexueller Hinsicht verstümmelt worden sind. Wir haben uns nicht dazu geäußert, wie und wo. Der Mörder, mit dem wir es hier zu tun haben, hat das auf seine Weise interpretiert und den gesamten Analbereich herausgeschnitten. Ich vermute, daß er das getan hat, weil er mit dem Opfer Analverkehr gehabt hat, ehe er es tötete, und sichergehen wollte, daß bei einer Obduktion kein Sperma gefunden wird.« Tony unterbrach sich, um seine Gedanken zu sammeln und sich eine weitere Tasse Kaffee aus der Thermoskanne einzugießen, die Brandon zusammen mit einem Frühstücksbüffett bei der Kantine für diese Besprechung bestellt hatte.
»Der Rollstuhl«, ergriff Carol das Wort. »Er hat ein großes Risiko auf sich genommen, ihn in der Geburtsklinik zu stehlen. Ich denke, das paßt nicht zu dem äußerst vorsichtigen Verhalten, das der Serienmörder bisher gezeigt hat.«
»Und der Mann ist nicht gefoltert worden«, fügte Kevin hinzu, den Mund voll mit einem großen Bissen von seinem Wurstsandwich. »Jedenfalls nicht äußerlich.« In seiner Jackentasche steckte eine Nachricht, die seine Ansicht ebenso stark beeinflußte wie das, was in diesem Raum gesagt wurde. Popeye mochte vom Dienst suspendiert sein, aber Kevin würde sich auf Cross’ Instinkt eher verlassen als auf den anderer.
Bob Stansfield gab noch nicht auf. »Okay, aber was ist, wenn der Killer es diesmal anders gemacht hat, um uns denken zu lassen, es wäre ein Trittbrettfahrer gewesen? Was ist, wenn er uns absichtlich verwirren will? Man kann schließlich die Zeitung, die auf der Leiche lag, nicht einfach ignorieren. Und Dr.Hill warnt uns ja in seinem Profil davor, daß eine unzutreffende Berichterstattung in der Presse ihn in Wut versetzen und zur Änderung seines Verhaltensmusters bringen könnte.«
Tony ließ sich zunächst nicht davon abhalten, sich ein Brötchen mit Schinken und Spiegelei zu belegen. Er träufelte einen Kranz aus brauner Sauce um den Eidotter, legte den Deckel des Brötchens darauf, drückte ihn fest, so daß der Dotter zerfloß, und sagte dann: »Theoretisch könnten Sie recht haben. Es ist durchaus möglich, daß er einen Mord begeht, nur um uns imponieren zu wollen. Er würde das nicht so weit im voraus planen wie die anderen Morde, so daß die Auswahl des Opfers sehr gut anders ausfallen könnte. Aber das zugrundeliegende Muster würde dennoch dasselbe sein.«
»Das ist es doch«, insistierte Stansfield. »Er hat diesem jungen Burschen den Hals durchgeschnitten wie bei den übrigen Morden auch. Und der Bastard hat ihn
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