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Das Lied der weißen Wölfin: Kanada-Roman (German Edition)

Das Lied der weißen Wölfin: Kanada-Roman (German Edition)

Titel: Das Lied der weißen Wölfin: Kanada-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Bouvier
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fragte Isbel, der den Gang entlanggeschlendert kam.
    »Recht gut«, schwindelte Marie und versuchte, sich ihre Aufgebrachtheit nicht anmerken zu lassen.
    »Sie wirken aber eher, als wäre Ihnen soeben die Galle übergekocht.« Isbel deutete auf ihr Gesicht. »Da, ich sehe es an Ihren Augen. Und das könnte man Ihnen auch nicht verübeln, denn Ihre Gesprächspartnerinnen sind nicht gerade als unkompliziert bekannt.«
    »Eine von ihnen versuchte, mir Ratschläge zu geben, wie ich meinen Unterricht führen soll«, entgegnete Marie ausweichend.
    »Dumme Ratschläge, nicht wahr?«
    »Ziemlich dumme.«
    »Haben sie Ihnen die Schreibung einiger Wörter ans Herz gelegt, die ihre Kinder im Diktat falsch hatten?«
    »So etwas tun sie hier?«, wunderte sich Marie.
    »Hin und wieder schon. Aber ich sehe Ihnen an, dass Ihr Problem ein schwerwiegenderes ist.«
    Marie fühlte sich unwohl unter seinem prüfenden Blick, der sich anfühlte, als könnte er sie vollkommen durchschauen. Eine Lüge hätte er ihr gewiss angesehen.
    »Das kann man so sagen. Aber ich fürchte, dieses Problem zieht einen derartigen Rattenschwanz nach sich, dass inzwischen die nächsten Eltern eintreffen.«
    »Dann sollten wir das heute Abend beim Essen besprechen. Die Begeisterung meiner Frau Ihnen gegenüber wächst mit jedem Tag, an dem ich von Ihnen erzähle. Oder besser gesagt, schwärme.«
    Muss er mich denn immer so in Verlegenheit bringen?, fragte sich Marie, während ihre Wangen schon wieder zu glühen begannen.
    »Ich versuche nur, meine Arbeit so gut wie möglich zu erledigen.«
    »Nun mal nicht so bescheiden, das, was ich bisher von Ihnen gesehen habe, ist sehr gute Arbeit! Um auf Allison zurückzukommen, sie liegt mir schon seit Ihrem ersten Zusammentreffen in den Ohren, dass ich Sie zum Essen einladen soll. Heute wäre doch eine gute Gelegenheit, oder? Wir feiern das Überleben des Elterntages.«
    »Sagen Sie bloß, Ihre Leute waren ebenfalls anstrengend.«
    Isbel lächelte verschmitzt. »Anstrengend ist gar kein Begriff. Das sind sie aber immer. Kinder sind die große Hoffnung der Älteren. Der Stammhalter soll auf keinen Fall versagen, sondern etwas aus sich machen und die Eltern im Alter versorgen. Deshalb liegen sie dem Lehrer in den Ohren, dass er auch ja nichts falsch machen soll.«
    »Was richtig und was falsch ist, sollte aber eher im Ermessen des Lehrers liegen«, entgegnete Marie verstimmt. »Wenn mein Vater damals nicht auf meinen Schulmeister gehört und mich an eine höhere Schule geschickt hätte, wäre ich nie Lehrerin geworden.«
    »Sie müssen schon damals recht erstaunlich gewesen sein«, entgegnete Isbel lächelnd. »Einen besseren Fang hätte ich für meine Schule nicht machen können.«

24. Kapitel

    Der Duft der frisch gebratenen Steaks ließ Marie das Wasser im Mund zusammenlaufen. Sie versprachen derart köstlich zu werden, dass es ihr gelang, das Echo der schwätzenden Mütter für einen Moment aus ihrem Verstand zu verbannen.
    Allison erwies sich als perfekte Gastgeberin, die das Kunststück vollbrachte, sich um die Küche zu kümmern und dennoch Konversation zu betreiben.
    »James sagte, dass der Elterntag für ihn recht anstrengend war. Ich hoffe, Sie hatten etwas mehr Glück.«
    Marie schüttelte den Kopf. »Nein, nicht wirklich. Aber ich will mich nicht beklagen. Jetzt weiß ich wenigstens, woran ich bei einigen Leuten bin.«
    »Das klingt ein wenig resigniert«, entgegnete Allison. »Glauben Sie mir, die meisten Leute in Selkirk sind anständig.«
    »Das bezweifle ich nicht. Doch man merkt einigen an, dass es ihnen an … Erfahrung mangelt.«
    »Inwiefern?«
    Sollte sie ihr von Mrs Blakes Rat erzählen?
    »Miss Blumfeld hat sicher den Rat erhalten, bei gewissen Sprösslingen nicht so streng zu sein, nicht wahr?«
    »So was Ähnliches«, entgegnete Marie ausweichend, während sie sich im Innern dafür schalt, das, was ihr wichtig war, nicht auszusprechen.
    Später, als sie bei Braten und hervorragenden Süßkartoffeln saßen, fasste sie sich ein Herz. »Sagen Sie, der Bürgermeister dieser Stadt, Mr Corrigan, was ist das für ein Mensch?«
    Allison und James tauschten vielsagende Blicke aus. »Wie kommen Sie denn gerade auf ihn?«, fragte Isbel dann.
    »Eine Dame, Mrs Blake, riet mir, ihn aufzusuchen, wenn ich mehr über die Indianer erfahren will.« Marie verzog spöttisch das Gesicht. »Oder besser gesagt, wenn ich mir meine Ansichten über diese Menschen verderben lassen will.«
    Ihr entging nicht, dass Allison

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