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Das Lied der weißen Wölfin: Kanada-Roman (German Edition)

Das Lied der weißen Wölfin: Kanada-Roman (German Edition)

Titel: Das Lied der weißen Wölfin: Kanada-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Bouvier
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Hannah Myers stürmten an diesem Morgen als Erste durch die Tür. Die kesse Hannah mit ihren roten Zöpfen kam mit einem kleinen Strauß Blumen direkt auf sie zu.
    »Die sind für Sie, Miss Blumfeld, wir haben sie am Wegrand gepflückt.«
    »Das ist aber nett von euch, vielen Dank.« Marie versenkte das Gesicht in wilden Rosen, Weidenröschen und Katzenschweif, die einen herrlichen Duft verströmten. »Hannah meint, dass Sie das Diktat nicht so schwer machen, wenn wir Ihnen Blumen mitbringen«, ließ der vorlaute Billy sich vernehmen, während er sie verschmitzt anlächelte. »Daddy macht das auch immer so, wenn er will, dass Mum ihm nicht mehr böse ist.«
    »Aber ich bin euch doch nicht böse«, erwiderte Marie lächelnd, während sie eine Vase vom Fenster nahm und das Sträußchen hineinstellte. »Und das Diktat ist nicht schwer, weil ich euch ärgern will, sondern weil ich will, dass ihr zeigt, was alles in euch steckt. Ich bin sicher, ihr seid alle sehr klug, nur müsst ihr mir das auch mal zeigen!«
    Marie zwinkerte den Geschwistern zu, dann strömten die anderen Kinder in den Klassenraum. Innerhalb weniger Augenblicke schwirrten ihre Stimmen wie ein Bienenschwarm um sie herum. Marie konnte sich nichts Schöneres vorstellen.
    Nach Unterrichtsschluss fanden sich die ersten Eltern bereits beim Läuten der Schulglocke ein. Maries Nervosität erreichte ihren Höhepunkt, als ein Mann durch die Tür ihres Klassenzimmers trat, der wirkte, als könnte er einen Baumstamm mit bloßen Händen ausreißen.
    »Guten Tag, Miss Blumfeld.« Der Mann zog seinen Hut vom Kopf und drehte ihn unruhig in seinen Händen. »Ich bin Jackson Phelps, der Vater von Majorie.«
    Das niedliche blonde Mädchen gehörte zu den Kindern, die das erste Jahr an der Schule waren und die noch wenig Ärger machten. Erleichtert war Marie trotzdem nicht. Der Mann vor ihr war groß genug, um sie mit Leichtigkeit aus dem Fenster zu befördern, wenn ihm etwas nicht passte.
    Dennoch straffte sie sich und streckte ihm die Hand entgegen. »Freut mich, Sie kennenzulernen, Mr Phelps. Nehmen Sie doch Platz.«
    Phelps sah sich ein wenig ratlos um, denn die Bänke waren verglichen mit seinem Körper wirklich winzig. Als Marie ihm einen Stuhl brachte, lächelte er sie breit an.
    »Wissen Sie, meine Kleine ist ganz begeistert von Ihnen. Ich hatte ja zunächst Bedenken, sie zu schicken, denn sie ist noch sehr zart und klein.«
    »Das ist in dem Alter nicht ungewöhnlich.« Während sie sprach, fiel ein wenig der Druck von ihr ab. Mit diesem Mann würde sie wohl keine Schwierigkeiten haben. »Sie wird noch wachsen. Mit ihren Leistungen bin ich jedenfalls sehr zufrieden, sie schreibt die Buchstaben schon recht gut. Sie können stolz auf Ihr Mädchen sein.«
    Der massige Mann nickte unsicher, und nachdem er die Zensuren seiner Tochter eingesehen hatte, reichte er ihr die Hand.
    Schon bald stellte sich heraus, dass Mr Phelps wohl der einzige angenehme Besucher bleiben würde. Eine Mutter beschwerte sich über das Ungenügend für das wirklich fehlerstrotzende Diktat, eine andere Dame fand, dass die Talente ihres Sohnes nicht richtig erkannt würden. Ein Vater wurde zudringlich, ein anderer machte ihr zweideutige Angebote. Als vier Damen auf einmal in den Klassenraum kamen, musste Marie erst einmal tief durchatmen.
    Die Frauen waren alle schon etwas älter und aufgeputzt, als wollten sie zu einer Tanzveranstaltung. Marie verkniff sich ein Lächeln über die ziemlich extravagant wirkenden Hüte.
    »Miss Blumfeld, wir freuen uns außerordentlich, dass Sie Mr Isbel ein wenig unterstützen«, sagte die offensichtliche Anführerin der vier. »Mein Name ist Agatha Blake, und das sind Lucinda Brooke, Lucy Blake und Mary Nevell.«
    Die Frauen reichten ihr der Reihe nach die Hand.
    »Vielen Dank, ich freue mich auch sehr, dass ich hier unterrichten darf. Wenn ich Ihre Namen richtig verstanden habe, habe ich das Vergnügen, Ihre Kinder zu unterrichten.«
    »Mein Henry ist ganz begeistert von Ihnen!«, rief Mrs Brooke, deren Sohn in der zweiten Altersstufe war. »Er behauptet, Sie würden die besten Geschichten erzählen.«
    Marie lächelte. »Nun, dass er mich nicht als langweilig empfindet, freut mich schon mal sehr. Und ich kann Ihnen versichern, dass ich nicht nur Geschichten erzähle, sondern den Kindern auch fundiertes Wissen vermitteln möchte, das ihnen im späteren Leben nützlich ist.«
    »Sie kommen aus Deutschland, nicht wahr?«, fragte die Frau mit dem Federhut, die zu

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