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Das Lied der weißen Wölfin: Kanada-Roman (German Edition)

Das Lied der weißen Wölfin: Kanada-Roman (German Edition)

Titel: Das Lied der weißen Wölfin: Kanada-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Bouvier
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vergrub sich in seiner Studierstube, doch ich bezweifelte, dass er seine Tat bereute. Wahrscheinlich sah er sich sogar im Recht. Und das, obwohl er doch gegen die Gebote verstoßen hatte.
    Zwei Wochen später sank das Fieber wieder, und mein Blick auf die Welt ringsherum wurde wieder klarer. In Mariannes Augen sah ich Erleichterung, Doktor Felsenbaum lächelte mir aufmunternd zu, und Peter kam zu mir, um mir Geschichten zu erzählen. Auf meinen Vater wartete ich nicht mehr. Ich war sogar froh, dass er sich nicht blicken ließ.
    Dann kam der Tag, an dem der Verband abgenommen werden konnte und ich feststellte, dass das verletzte Ohr niemals wieder ganz gut werden würde. Während ich auf meinem rechten Ohr so gut hörte wie eh und je, klang auf der linken Seite alles, als hätte ich einen Wattebausch darin. Weil es mir besonders in der ersten Zeit die Tränen in die Augen trieb, hielt ich mir oftmals das gesunde Ohr zu und nahm die Schwerhörigkeit in Kauf.
    »Diese Nachwirkungen sind durchaus üblich«, erklärte der Arzt mir. »Es wird mit der Zeit besser werden.«
    Doch ich ahnte, dass ich nie wieder ganz die Alte sein würde, und dass gerade mein Vater daran schuld war, brachte mich mehr als einmal zum Weinen.
    Der Einzige, der verstehen konnte, wie sehr mich das quälte, war mein Bruder. Er muss es auch gewesen sein, der unserem Schulmeister von dem Vorfall erzählte, denn nur wenige Tage später, als mein Vater länger im Dorf zu tun hatte, kam Herr Hansen an mein Krankenbett.
    »Es tut mir leid, was passiert ist«, sagte er, während er sich mit bekümmerter Miene auf dem Hocker neben dem Bett niederließ. »Ich bin sicher, dass es deinem Vater leidtut. Es ist natürlich sein Recht, seine Kinder zu züchtigen, und dass er den Bogen dabei überspannt hat, war sicher ein Versehen.«
    Ich war da ganz anderer Meinung. Mein Vater hatte mit Absicht so fest zugeschlagen. Noch im Nachhinein meinte ich alle Wut zu spüren, die sich in ihm aufgestaut hatte. Vor allem die Wut darüber, dass ich ihn bei der Sünde mit Luise beobachtet hatte.
    »Was hast du eigentlich getan, dass dein Vater so böse wurde?«, wollte Hansen wissen, nachdem er mich eine Weile betrachtet hatte. Sollte ich ihm wirklich den Grund nennen? Nein, den sollte niemand erfahren.
    »Ich habe ihn gebeten, Mutters Schmuck nicht für den Krieg zu spenden.« Ich erzählte ihm von den Versehrten und wie leid mir ihre Familien taten. Und dass ich wollte, dass dieser Krieg endlich aufhörte.
    Der Schulmeister hörte sich alles an, ohne eine Miene zu verziehen, dann strich er mir übers Haar. »Du bist ein gutes Mädchen, Marie. Ich bin sicher, dass ab sofort alles besser für dich werden wird.«
    Mit dieser rätselhaften Ankündigung verließ er mein Zimmer wieder.
    Tags darauf erschien Peter mit bekümmerter Miene vor meinem Bett. Ich fürchtete schon, dass Vater ihn wegen etwas bestraft hatte, wagte aber nicht nachzufragen. Stattdessen klopfte ich neben mich auf die Bettkante, auf der ich mittlerweile sitzen durfte.
    »Vater hat eben mit dem Schulmeister gesprochen«, sagte Peter leise. Der Schreck fuhr mir in die Glieder! So beklommen, wie er sich anhörte, hatte Vater wohl beschlossen mich von der Schule zu nehmen. Und das, obwohl ich noch nicht einmal konfirmiert war! Ein Eisenring schien sich plötzlich um meine Kehle und meine Brust zu legen. Mein Traum, eines Tages als Lehrerin in der Dorfschule zu unterrichten, würde sich nie erfüllen!
    »Er hat zugestimmt, dich aufs Lyzeum zu schicken.«
    Ich konnte zunächst nichts sagen. Verblüfft starrte ich meinen Bruder an und schüttelte ungläubig den Kopf.
    »Hast du dich auch nicht verhört?«
    »Nein, es ist wahr. Der Schulmeister hat ihm vorgeschlagen, dich aufs Lyzeum zu schicken, weil du zu klug für die Dorfschule bist. Er hat sogar beim Gutsherrn ein kleines Stipendium für dich bekommen, weil er meinte, dass du später vielleicht mal als Lehrerin hier anfangen könntest.«
    Auf einmal bekam ich keine Luft mehr. Heftig nach Atem ringend klammerte ich mich an Peter, der mich erschrocken ansah. »Was ist dir, Mariechen? Brauchst du einen Arzt?«
    Mein Herz raste panisch, doch obwohl meine Lungen verzweifelt nach Luft rangen, wurde mir nicht schwarz vor Augen. Nach einigen Sekunden war die Attacke vorüber.
    Peter strich mir besorgt über die Stirn.
    »Schon wieder gut«, beruhigte ich ihn. »Das war nur die Freude. Nach dem, was passiert ist … hätte ich nicht gedacht, dass er das tun

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