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Das Lied des Achill

Das Lied des Achill

Titel: Das Lied des Achill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeline Miller
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er sich gestört. Achill hatte nicht einmal angeklopft.
    »Ich habe Patroklos von seinen Übungen abgehalten.« Mein Name klang fremd aus seinem Mund. Ich erkannte ihn kaum wieder.
    Der alte König kniff die Brauen zusammen. »Wen?«
    »Menoitiades«, antwortete Achill. Menoitios’ Sohn .
    »Ah.« Peleus richtete seinen Blick auf mich, und ich musste an mich halten, um Ruhe zu bewahren. »Den Jungen also, den der Waffenmeister züchtigen will.«
    »Ja. Aber es war nicht seine Schuld. Ich habe vergessen zu sagen, dass ich ihn als Gefährten wünsche.« Theráp
o
n war das Wort, das er gebrauchte. Damit wurde der Waffenbruder eines Prinzen bezeichnet. Im Krieg war er dessen Leibwächter, im Frieden sein engster Berater. Er genoss höchstes Ansehen. Das war auch der Grund, warum die Jungen Peleus’ Sohn umgarnten und ihn zu beeindrucken versuchten. Sie hofften, als theráp
o
n auserwählt zu werden.
    Die Augen des Königs verengten sich. »Komm näher, Patroklos.«
    Der Teppich, über den ich ging, war weich. Ein Stück hinter Achill kniete ich nieder. Ich spürte den Blick des Königs auf mich gerichtet.
    »Seit Jahren versuche ich nun, dir einen Gefährten an die Seite zu stellen, doch du wolltest dich mit keinem meiner Vorschläge zufriedengeben. Warum nun dieser Junge?«
    Die Frage hätte ich ebenso gut stellen können. Ich hatte einem Prinzen nichts zu bieten. Was sah er in mir? Peleus und ich warteten auf eine Antwort.
    »Er steckt voller Überraschungen.«
    Ich blickte auf und runzelte die Stirn. Mit dieser Meinung stand er gewiss allein da.
    »Voller Überraschungen«, wiederholte Peleus.
    »Ja.« Eine weitere Erklärung blieb Achill schuldig.
    Peleus rieb sich die Nasenwurzel und schien nachzudenken. »Der Junge hat sich schuldig gemacht und wurde deswegen verbannt. Er wird deinem Ansehen nicht zuträglich sein.«
    »Das braucht er auch nicht«, erwiderte Achill frei heraus, ohne prahlerisch zu klingen.
    Peleus nickte. »Aber die anderen Jungen werden eifersüchtig sein. Was wirst du ihnen sagen?«
    »Nichts«, antwortete er ohne jedes Zögern. »Ich bin ihnen keine Rechenschaft schuldig.«
    Ich spürte das Herz in der Brust schlagen und fürchtete Peleus’ Zorn. Doch der blieb aus. Vater und Sohn betrachteten einander, und ich sah den König schmunzeln.
    »Steht auf. Beide.«
    Ich gehorchte.
    »Nun denn, ich will, dass ihr euch bei Amphidamas entschuldigt.«
    »Ja, Vater.«
    »Das ist alles.« Er wandte sich wieder seinem Berater zu. Wir waren entlassen.
    Achill hatte es plötzlich eilig. »Wir sehen uns beim Essen«, sagte er, als wir wieder draußen waren, und drehte sich um, um zu gehen.
    Am Vormittag hätte ich mich noch darüber gefreut, ihn los zu sein, doch nun versetzte es mir seltsamerweise einen Stich. »Wohin gehst du?«
    Er blieb stehen. »Zum Drill.«
    »Allein?«
    »Ja. Es soll mir niemand dabei zusehen.« Er sagte das ganz selbstverständlich.
    »Warum nicht?«
    Er sah mich einen Moment lang schweigend an und schien nachzudenken. »Meine Mutter hat’s verboten. Wegen der Weissagung.«
    Mit einer solchen Antwort hatte ich am wenigsten gerechnet. »Was wurde denn geweissagt?«
    »Dass ich der größte Krieger meiner Generation sein werde.«
    Es klang wie kindliches Wunschdenken, was er da vortrug, doch er sagte es so schlicht und geradeheraus, als würde er seinen Namen nennen.
    Und, bist du schon der Beste? , wollte ich fragen, stammelte aber stattdessen nur: »Wann wurde das geweissagt?«
    »Kurz bevor ich zur Welt kam. Von Eileithyia.« Eileithyia war die Göttin der Geburt, und es hieß, dass sie höchstpersönlich über die Geburt von Halbgöttern wachte, über Kinder, die so wichtig waren, dass man bei deren Geburt nichts dem Zufall überließ. Ich hatte es fast vergessen: Achills Mutter war eine Göttin .
    »Wissen andere davon?«, fragte ich vorsichtig, denn ich wollte nicht aufdringlich sein.
    »Einige wenige. Deshalb mache ich meine Übungen allein.« Aber er ging nicht. Er beobachtete mich. Er schien auf etwas zu warten.
    »Wir sehen uns dann beim Essen«, sagte ich schließlich.
    Er nickte und ging.
    Achill saß bereits an meinen Tisch, als ich kam, umringt von der üblichen Schar der Jungen. Ich hatte fast damit gerechnet, dass dem nicht so sein würde und dass ich alles nur geträumt hatte. Ich setzte mich, schaute ihm flüchtig und verschämt in die Augen und senkte meinen Blick. Ich wurde rot, dessen war ich mir sicher. Meine Hände fühlten sich schwer und unbeholfen an, als

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