Das Lied des Achill
ich allein.
Achtes Kapitel
D ie zum Frühstück versammelten Jungen wussten bereits, dass er gegangen war. Sie tuschelten miteinander und beäugten mich, während ich mein Essen zu mir nahm. Ich kaute und schluckte, und das Brot lag mir wie ein Stein im Magen. Mich drängte es hinaus aus dem Palast an die frische Luft.
Ich ging in den Olivenhain. Der Boden unter meinen Füßen war ausgetrocknet. Ich fragte mich, ob die anderen Jungen jetzt, da er weg war, von mir erwarteten, dass ich mich ihnen anschließen würde, ob sie es überhaupt bemerkten, wenn ich es täte. Fast hoffte ich, sie würden es bemerken. Und mich verprügeln.
Ich konnte das Meer riechen. Es war überall, in meinen Haaren, in den Kleidern und auf der schweißnassen Haut. Selbst hier im Hain mit seinen Gerüchen von Laub und Erde suchte mich diese salzige Pest auf. Mir drehte sich der Magen um und ich lehnte mich an den schrundigen Stamm eines Baumes. Die raue Rinde stützte meinen Kopf. Du musst weg von diesem Gestank , dachte ich.
Ich ging nach Norden, zur Straße hin, einer staubigen Bahn, geebnet von Rädern und Hufen. Sie gabelte sich jenseits des Palasts. Die eine Abzweigung führte nach Südwesten über Weiden und sanft geschwungene Hügel. Von dort war ich vor drei Jahren gekommen. Der Weg auf der anderen Seite führte ins Othrys-Gebirge und auf den Pelion zu, jenen noch weiter im Norden aufragenden Gebirgszug. Ich folgte der Straße mit meinen Augen. Sie wand sich an den bewaldeten Ausläufern entlang und verschwand in der Ferne.
Die Sonne brannte glühend heiß vom Sommerhimmel herab, als wollte sie mich zurück in den Palast treiben. Doch ich blieb. Ich hatte von der Schönheit unserer Bergwelt gehört, von den Feigenkakteen und Zypressen, von den Bächen, die Schmelzwasser führten. Dort oben würde es kühl sein und schattig. Weit weg von den gleißenden Stränden und funkelnden Wellen.
Ich könnte fortgehen . Der Einfall kam plötzlich und überraschend. Ich war zur Straße gegangen, um mich vom Meer zu entfernen. Doch nun, da ich sie erreicht hatte, lagen die Berge vor mir. Und Achill . Mein Atem ging in kurzen Stößen, als versuchte er, mit meinen Gedanken Schritt zu halten. Es gab nichts, was ich zurücklassen würde, denn ich besaß nichts. Selbst der Leibrock und die Sandalen gehörten Peleus. Ich brauche nicht einmal zu packen .
Nur eines hielt mich noch zurück, es war die Leier meiner Mutter, die im Holzkasten der Musikkammer lag. Ich zögerte einen Moment, dachte, dass ich sie holen und mitnehmen könnte. Aber es war bereits Mittag. Mir blieb nur der Nachmittag zur Flucht. Am Abend, dachte ich, würde man mein Fehlen bemerken und nach mir schicken. Ich schaute zum Palast zurück und konnte niemanden sehen. Die Wachen waren woanders. Jetzt oder nie , dachte ich.
Ich rannte los. Weg von dem Palast, die Straße hinunter auf den Wald zu, auf dem heißen Sandboden, der mir die Sohlen verbrannte. Ich rannte und gelobte, dass, wenn ich ihn je wieder sähe, meine Gedanken vor ihm verschließen würde. Ich wusste nun um den Preis, den es kostete, wenn ich es nicht täte. Die Beine fingen zu schmerzen an, und dass mir ein Stechen durch die Brust ging, war mir willkommen. Ich rannte.
Der Schweiß floss in Strömen und tropfte mir vom Kinn. Ich war bald über und über von Schmutz und Staub bedeckt, Laub klebte an meinen Beinen. Alles, was ich von der Welt um mich herum wahrnahm, waren einzig meine stampfenden Füße und die nächsten staubigen Schritte auf meinem Weg.
Schließlich – nach einer Stunde? Oder waren es zwei? – musste ich anhalten. Keuchend beugte ich mich vornüber. Mir wurde schwarz vor Augen, und das Blut rauschte in den Ohren. Ich war im Wald, die Straße von dichtem Gestrüpp gesäumt, und Peleus’ Palast lag weit hinter mir. Rechts erhoben sich die Othrys-Berge, dahinter die Gipfelgrate des Pelion. Ich versuchte die Entfernung zu schätzen. Zehntausend Schritte? Fünfzehntausend? Im Schritttempo setzte ich meinen Weg fort.
Stunden vergingen. Mir schwanden die Kräfte, die Füße schmerzten, und die Sonne senkte sich herab. In vier oder fünf Stunden würde es dunkel sein. Ich konnte mir ausrechnen, dass der Pelion vor Nachtanbruch nicht zu erreichen war. Ich hatte nichts zu essen, kein Trinkwasser und auch keine Hoffnung, irgendwo Unterschlupf zu finden. Ich hatte nichts als meine Sandalen an den Füßen und die von Schweiß durchnässte Tunika.
Ich würde Achill nicht einholen können, so viel stand
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