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Das Lied des Dunklen Engels

Das Lied des Dunklen Engels

Titel: Das Lied des Dunklen Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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verärgert.
    »Warum?« fragte Corbett.
    »Kennt Ihr nicht Eure Geschichte, Sir Hugh? Der Großvater des Königs, John, zog hier mit einer großen Armee durch. Er floh vor seinen Baronen mit einem Schatz, den er auf Packpferden verladen hatte. Er versuchte eine Abkürzung über die Wash-Bucht zu nehmen, nicht weit vom Fluß Nene, aber die Flut kam zu schnell. Der König und seine hohen Herren kamen noch einmal mit dem Leben davon, aber der Schatz war verloren. Sämtliche Wachen und alle Packpferde ertranken.«
    Corbett lächelte. Nach ihrem Gesichtsausdruck zu schließen, waren die anderen nicht begeistert, daß Selditch ständig Weisheiten zum besten gab.
    Das Mahl näherte sich seinem Ende. Lady Cecily entschuldigte sich, sie müsse in ihr Kloster zurück. Gurney bot ihr Diener zur Begleitung an. Father Augustine nahm die Einladung an, über Nacht zu bleiben. Alice zog sich zurück, den Dank und den lauten Beifall ihrer Gäste noch in den Ohren. Gurney brachte Lady Cecily vor die Tür. Die anderen erhoben sich und nahmen gern das Angebot der Diener an, die Becher nachzufüllen. Corbett flüsterte Ranulf zu, er solle Maltote, der inzwischen eingeschlafen war, auf ihr Zimmer bringen. Als die beiden fort waren, lächelte Monck Corbett säuerlich an.
    »Ein Penny für das, was Ihr gerade denkt, Sir Hugh. Oder soll ich es Euch sagen?«
    Corbett sah über die Tafel hinweg auf Father Augustine, dann zu Selditch, der mit seinem Becher aussah wie ein feister, fröhlicher Gnom.
    »Sagt es mir«, murmelte Corbett.
    »Eine schöne Bescherung«, entgegnete Monck.
    »Warum wurde Euer Diener ermordet?« fragte Corbett ohne Umschweife.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Monck. »Aber ich gebe den Pastoureaux die Schuld. Cerdic war sicher nicht der gesprächigste Mensch, er war jedoch begierig auf jeden Klatsch. Ich weiß mit Sicherheit, daß er die guten Schwestern in ihrem Kloster aufgesucht hat. Lady Cecily sagt, daß es sich nur um einen Anstandsbesuch gehandelt habe und daß Cerdic noch vor der Dämmerung wieder aufgebrochen sei. Wo er anschließend war oder wie sein geköpfter Leichnam an den Strand kam, ist mir ein Rätsel.«
    »Was wurde aus seinem Pferd?« fragte Corbett weiter.
    »Das weiß der Himmel! Wir haben es bisher nicht gefunden. Aber Father Augustine hat schon recht. Diese Gegend ist bevölkert von Dieben, Schmugglern, Pferdehändlern und Betrügern. Vielleicht sollten wir dem König empfehlen, daß er seinen herumreisenden Gerichtshof schickt, damit dieser hier ein paar Steine umdreht und alles Geschmeiß zertritt, das unter ihnen hervorkrabbelt.«
    »Ist das wirklich notwendig?« stieß Selditch hervor. »Sir Simon ist ein loyaler Untertan. Er sorgt dafür, daß auf seinem Besitz der Frieden des Königs herrscht. Man kann ihn nicht dafür verantwortlich machen, was seine Pächter oder in der Tat auch die Pastoureaux anstellen.«
    »Er hat ihnen gestattet, sich hier niederzulassen«, stichelte Monck.
    »Und sie haben sich nichts zuschulden kommen lassen«, entgegnete Selditch kategorisch.
    »Und die Frau des Bäckers?« mischte sich Corbett taktvoll in die Unterhaltung ein, »wie hieß sie eigentlich?«
    »Fourbour, Amelia Fourbour. Die Arme liegt jetzt auf unserem Kirchhof begraben. Ob sie dort allerdings Ruhe findet, ist eine andere Frage.«
    »Habt Ihr den Leichnam untersucht?« wandte sich Corbett an Selditch.
    »Ja, das habe ich. Todesursache war Hängen.«
    »Keine Spuren von Gewaltanwendung?«
    »Zum Beispiel?«
    »Hatte man sie auf den Kopf geschlagen oder ihr die Hände zusammengebunden?«
    »Nein.« Selditch lächelte traurig. »Sie wurde ins Leichenhaus gebracht, und dort habe ich sie untersucht. Einige der Dorfbewohner glauben, daß sie Selbstmord begangen hat. Sie forderten mich auf, ihr einen Pfahl durch das Herz zu treiben und sie unter dem Galgen begraben zu lassen.«
    »Harte Worte für so eine Armselige«, sagte Corbett.
    »Amelia war nicht von hier, sie war hübsch und hatte so ihre Launen und Eigenheiten. Und sagt mir das, Sir Hugh, habt Ihr jemals einen Bäcker getroffen, der sich allgemeiner Wertschätzung erfreute?«
    Corbett lächelte und zuckte mit den Achseln.
    »Fourbour ist da keine Ausnahme«, fuhr Selditch fort. »Was er backt, müssen andere kaufen. Daß er noch dazu eine hübsche Frau hatte, machte ihn kaum zum beliebtesten Mann in Hunstanton.«
    »Hätte es Selbstmord sein können?« fragte Corbett.
    »Vielleicht. Ich habe mir den Leichnam der Frau von Kopf bis Fuß angesehen.

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