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Das Lied des Dunklen Engels

Das Lied des Dunklen Engels

Titel: Das Lied des Dunklen Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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ihm weitere Fragen. Wer hatte sich an den Gräbern auf dem Kirchhof zu schaffen gemacht? Wie war Lady Agnes zu Tode gestürzt? Er stand von seinem Stuhl auf und starrte ins Dunkel am anderen Ende des Zimmers. Eine Frage beschäftigte ihn ganz besonders. Warum hatte man Monck hierhergeschickt? Was konnte so wichtig sein, daß der König der rechten Hand des Earl of Surrey noch einen überaus betrauten Diener beiseite stellte, scheinbar nur um ein paar zugegebenermaßen bizarre Morde aufzuklären?
    Corbett kehrte an seinen Tisch zurück und erinnerte sich an sein letztes Zusammentreffen mit dem König. Edward hatte ihm nicht in die Augen geschaut und war nervös von einem Fuß auf den anderen getreten. Er hatte fasziniert auf einen Jagdfalken auf der Veranda gestarrt, der an seinen Fesseln zerrte. John de Warenne, der Earl of Surrey, war ebenfalls dort gewesen. Er hatte versucht, unbeteiligt auszusehen, und war sich immer wieder mit der Hand über den Mund gefahren, als hätte er sich bemühen müssen, das Grinsen über einen Witz, den nur Eingeweihte verstehen, zu unterdrücken.
    Das war in Swaffham. Jetzt, das wußte Corbett, hielt sich Edward mit seiner jungen französischen Königin vermutlich in Walsingham auf.
    »Ich warte«, murmelte Corbett. »Ich werde noch etwas warten. Wenn Monck nicht mit der Wahrheit herausrückt, dann reite ich eben nach Walsingham und verlange, daß der König sie mir selbst sagt!«
    Corbett legte sich hin, schloß die Augen und schlummerte ein. Draußen wurde es ganz dunkel, und das Lied des Dunklen Engels war über dem Donnern der See immer stärker zu hören.

Kapitel 5

    H err!«
    Corbett öffnete die Augen. Ranulf stand über ihn gebeugt. »Herr, der Verwalter läutet zum Abendessen!«
    Corbett setzte sich auf die Bettkante und schaute Ranulf und Maltote an. Sie waren noch in ihre Mäntel gehüllt, auf denen die Regentropfen im Kerzenschein funkelten.
    »Wir waren in der Eremitage«, berichtete Ranulf. »Master Joseph war unerwartet freundlich. Er erlaubte uns sogar einzutreten. Er meint auch, daß er mich irgendwoher kennt, kann sich aber auch nicht mehr erinnern, wo das gewesen sein könnte.« Corbett rieb sich das Kinn.
    »Hast du mit Mitgliedern der Gemeinschaft gesprochen?«
    »Ja, Nettler und Master Joseph waren aber immer dabei. Alle meinten, Marina sei ein glückliches Mädchen gewesen, waren sich jedoch einig, daß sie die Tage vor ihrem Tod in sich gekehrt war.«
    »Und?«
    »Sie hatte Alpträume. Die Frauen - sie schlafen in dem einen Schlafsaal, die Männer in dem anderen - haben sie im Schlaf den Namen Blanche rufen hören.«
    »Wer ist Blanche?«
    »Eine Freundin Marinas aus Kindertagen. Die Tochter des Vogts und eine der ersten, die der Gemeinschaft beitraten. Sie verließ England schon vor über einem Jahr.«
    Corbett seufzte. Er stand auf, ging ins Lavatium, wusch sich Hände und Gesicht und trocknete sich mit einem Handtuch ab.
    Ranulf und Maltote zogen Mäntel und Stiefel aus und Halbstiefel aus weichem Leder an, wuschen sich ebenfalls und folgten Corbett hinunter in die Haupthalle.
    Das Abendessen war heute eine lieblose Angelegenheit. Gurney war schweigsam und sorgenvoll, da er immer noch an den Tod des Mädchens und an die Ereignisse im Dorf denken mußte. Alice hatte sich von der Stimmung ihres Mannes anstecken lassen und stocherte in ihrem Essen. Monck lächelte etwas sonderbar vor sich hin und aß wortlos. Corbett beobachtete ihn und fragte sich, ob sein Kollege wohl gerade verrückt würde. Sie saßen immer noch zu Tisch, als Catchpole in die Halle kam, naß und schmutzig und ganz offensichtlich äußerst übellaunig. »Gott verfluche sie alle!« brüllte er. »Keine Spur von Gilbert oder von seiner verdammten Mutter! Sie sind getürmt!« Er zog eine Hand unter seinem Umhang hervor. »Ich habe das hier in ihrem Haus gefunden.« Er öffnete die Hand und zeigte den anderen ein paar funkelnde Bernsteinperlen.
    »Das ist Marinas Halskette«, sagte Selditch sofort. Er lächelte verlegen. »Ich habe das Mädchen gut gekannt. Die Dorfbewohner scheinen also doch recht zu haben. Gilbert ist der Mörder.«
    »Ich bin durch das Dorf zurückgeritten«, sagte Catchpole. »Die Hitzköpfe betrinken sich immer noch in der Inglenook Tavern. Es wird einen Tumult geben.«
    Gurney schüttelte den Kopf. »Adam, danke, aber genug ist genug. Zieh dich um und iß mit uns zu Abend. Morgen ist auch noch ein Tag.«
    Corbett nutzte die Gelegenheit, sich zu entschuldigen. Er ließ

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