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Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition)

Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Leinenstoffen, die sie erstanden hatte und zu Hemden verarbeiten wollte, goss ihr einen weiteren Becher Wein ein und verließ dann die Kemenate.
    Alyss ließ den Wein stehen. Er schmeckte ihr nicht, und außerdem machte er sie schläfrig und benommen. Sie hätte um einen Krug Wasser bitten sollen, dachte sie flüchtig, dann lullte sie das Rauschen des Regens wieder ein.
    Es war bereits dunkel, als sie aus dem benommenen Schlaf erwachte. Aber diesmal waren die Träume nicht ganz so lebhaft und bunt gewesen, und irgendwie schienen ihr ihre Gedanken klarer.
    Kleider.
    Daran hatte sie sich erinnern wollen.
    Wieso hatte man ihr ihre Kleider fortgenommen? Es waren einfache Gewänder, alltägliche, die sie bei der Arbeit trug. Wertvoll war die Gürtelschließe, sie bestand aus Silber, und ihr Siegelwappen war darin eingearbeitet. Wertvoll war auch der Siegelring, den sie an einer Kette um den Hals getragen hatte. Beides mochten die Räuber zu Geld gemacht haben. Aber hier hatte man ihr ein Seidenkleid gegeben, das beides aufwog, und der Raum war mit kostbaren Möbeln und Teppichen ausgestattet. Ihre Entführer waren keine Armen, die um die nächste Mahlzeit barmten.
    Der Geschmack in ihrem Mund war grässlich, und schon war sie geneigt, den Becher Wein auszutrinken, doch dann hielt sie sich zurück.
    Er machte sie benommen, weit mehr als gewöhnlicher Wein.
    Wasser!
    Sie kroch aus dem hohen Bett und wankte zu dem Wandschirm, hinter dem das Waschgeschirr stand.
    Der Krug war staubtrocken.
    Alyss angelte nach der Decke und schlang sie um ihre Schultern. Es war kühl in dem Raum. Der April hatte seinen Launen nachgegeben und peitschte mit Regenschauern das Land.
    Wasser.
    Da draußen gab es Wasser in rauen Mengen.
    Der Durst quälte sie.
    Sie setzte sich auf die pelzbelegte Bank in der Fensternische und starrte in die dunkle Nacht.
    Immerhin, ihre Gedanken folgten wieder der Linie, die sie ihnen vorgab.
    Wie lange war sie schon in diesem Turm gefangen?
    Die Erinnerung war schwierig, denn die Zeit war auf seltsame Weise vergangen, Hell und Dunkel hatte gewechselt, aber sie wusste nicht, ob sie Tage oder Stunden geschlummert hatte. Hungrig war sie zweimal gewesen. Sehr hungrig.
    Zwei Tage? Drei?
    Konnte der Wein alleine sie derart trunken gemacht haben, dass sie drei Tage verdöst hatte?
    Man konnte allerlei Tinkturen in den Wein geben, fiel ihr ein. Im vergangenen Jahr hatte man dem Messerschleifer Mats eine Bilsentinktur in sein Bier gemischt, und er hatte vier Tage nicht recht zu sich gefunden. Bilsen schmeckte bitter, in Bier fiel es nicht auf, im Wein und in den Speisen hätte sie es vermutlich bemerkt. Aber es gab andere Mittel, die eine ähnliche Wirkung hatten. Marian hatte ihr oft davon erzählt, als er sich von Trine und Jan in die Geheimnisse der Arzneien hatte einweihen lassen. Mohnsaft nahm Schmerzen und betäubte, die Alraune verursachte wüste Träume und Tanzwut, Wermut verstärkte den Rausch, und so tat es die Tollkirsche in kleinen Mengen ebenfalls. Außerdem gab es einige giftige Pilze, die ähnliche Folgen zeitigten.
    War in den Gerichten, die man ihr gebracht hatte, etwas davon enthalten gewesen?
    Vermutlich. Mehr aber noch in dem Wein, der ihr immer zur Verfügung stand.
    Wasser.
    Reines, frisches Wasser.
    Da draußen.
    Alyss stand auf und zerrte an dem Riegel, der den kleinen Fensterflügel öffnete. Sie hielt die Hand nach draußen und leckte das Nass durstig ab.
    Mehr!
    Sie zerrte den Schemel in die Nische und stellte sich darauf. So kam sie bequemer an die Öffnung. Noch einmal leckte sie sich die Hand ab. Dann fiel ihr der Wasserspeier auf. Aus seinem geöffneten Maul strömte das Wasser in einem ganzen Schwall.
    Sie kletterte wieder nach unten, holte den Becher, goss mit Schwung den Wein aus dem Fenster und beugte sich so vor, dass das Fratzengesicht in den Becher spuckte.
    Mit großen Schlucken stürzte sie das kühle Regenwasser hinunter. Noch einmal füllte sie den Becher und trank. Dann holte sie eine der zinnernen Zierkannen vom Kaminsims und füllte sie Becher für Becher, in der Hoffnung, dass Duretta nicht auf die Idee kam, sie zu kontrollieren.
    Es war ihr kalt geworden, ihr Hemd war durchnässt und klebte ihr am Körper. Zitternd kroch sie wieder unter die Decken, blieb aber wach.
    Man hatte sie also nicht nur entführt, sondern gab sich auch jede Mühe, sie schwach und hilflos zu halten. Sie musste also darauf achten, dass sie fürderhin so wirkte, als litte sie noch an Benommenheit.
    Nun,

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