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Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition)

Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Robert.
    »Auch wieder wahr. Trotzdem …«
    Hilda, in ihrem Sonntagsgewand, kam in die Küche. Ihre Augen waren noch immer verschwollen, ihr Gesicht war blass.
    »Ich gehe zu Lyskirchen.«
    »Wir kommen mit«, sagte Catrin und stand auf. »Peer war ein Teil von Alyss’ Hauswesen. Wir werden ihn alle auf seinem letzten Weg begleiten.«
    Der traurige Zug begab sich zu der Kirche einige Gassen weiter, und auf dem Kirchhof wurde der knorrige alte Handelsknecht mit allen Ehren zur Ruhe gebettet. Die Sonne, die in der Frühe noch heiter geschienen hatte, versteckte ihr Antlitz hinter grauen Wolken, und als die Erde auf das Grab fiel, begann es zu tröpfeln.
    So begab sich die Trauergesellschaft zügig zurück ins Haus, und Hilda schüttelte energisch den Kopf, als Catrin anbot, das Mittagsmahl zuzubereiten.
    »Lasst mich arbeiten, Frau Catrin. Dann vergeht die Zeit schneller.«
    Marian wollte eben aufbrechen und stand schon im Hof, als ihn der empörte Schrei der Haushälterin aufschreckte.
    »Was ist geschehen?«, fragte er durch die offene Tür.
    »Die Kupferpfanne! Jemand hat die große Kupferpfanne gestohlen.«
    Verdutzt ging er zurück in die Küche und folgte Hildas ausgestrecktem Finger. Das Kochgeschirr hing an Haken an der Wand neben dem Kamin, und tatsächlich fehlte eine tiefe Pfanne. Kupfergeschirr war teuer, und Alyss hatte immer darauf geachtet, dass es von bester Qualität war und blank poliert wurde.
    »Seit wann fehlt sie?«
    Verwirrt wiegte Hilda sich vor und zurück.
    »Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht. Ich habe so viel im Kopf. Ich kann mich nicht erinnern …«
    Sie begann wieder leise und herzzerreißend zu weinen.
    »Ist ja gut. Ist gut, Hilda.«
    Marian streichelte ihre Schultern und sah sich nach Catrin um. Die führte die Haushälterin zu der Bank am Tisch und nötigte sie, sich zu setzen.
    »Ich frage Lore, Hilda. Vielleicht weiß sie, wo die Pfanne sich befindet.«
    Da Marian sich bei diesen Haushaltsfragen reichlich überflüssig vorkam, machte er sich davon. Eigentlich hatte er als Erstes Trude de Lipa aufsuchen wollen, aber der weinende Himmel und die weinende Hilda hatten sein Gemüt so bedrückt, dass er beschloss, zuerst das Haus an der alten Stadtmauer aufzusuchen, in der Hoffnung, dort Gislindis anzutreffen.
    Seine Gugel war feucht geworden und seine Stiefel lehmig, als er an die Tür klopfte. Es wurde ihm aufgetan, und ein kleiner Schrei heiterte ihn unversehens auf.
    »Herr Marian!«
    »Jungfer Gislindis! Gewährt Ihr einem nassen Reisenden Obdach?«
    »Tretet ein. Seit wann seid Ihr wieder in der Stadt?«
    »Vorgestern trafen wir ein.«
    Er streifte die Gugel von den Haaren und sah sich um. Das Innere des Häuschens war wie üblich reinlich, der leichte Duft von frischem Brot und Lavendel breitete sich aus, und auf dem langen Werktisch lagen ordentlich aufgereiht die Werkzeuge des Messerschleifers.
    »Ist Mats unterwegs?«, fragte er.
    »Er hat einen Auftrag bei einem Gewandschneider, aber er wird bald zurückkommen. Das Mittagsmahl lässt er nie ausfallen«, meinte sie lächelnd.
    Sie war eine so hübsche junge Frau, dachte Marian, und die schlummernde Sehnsucht in ihm erwachte mit großer Gewalt. Er machte den Beutel an seinem Gürtel auf und zog die Phiole heraus.
    »Meine Reise war lang, und sie endete nicht im Nebel, wie Ihr befürchtet habt. Und als Beweis dafür, dass ich sie mit Erfolg bewältigt habe, hier ein Mitbringsel aus dem fernen Süden.«
    »Geschenke verpflichten.«
    »Natürlich. Ich erwarte auch eine Gegenleistung.«
    »Süße Küsse gibt es nur gegen süße Kuchen. Und Antwort auf Fragen nur gegen Silber.«
    »Was bietet Ihr gegen den Duft von Rosen?«
    »Ein Schmalzbrot?«
    Er lachte, und sie öffnete das Fläschchen.
    »Ohhhh!«
    »Nur ein Schmalzbrot?«
    »Mit einem Küsschen.«
    Er bekam es, ein Häuchlein auf seine Wange. Doch es gefiel ihm, und er hielt ihr die andere ebenfalls hin.
    »Nein, nein, mehr nicht. Aber vielleicht ein zweites Brot.«
    »Ihr seid geizig, Gislindis. Und ich würde gerne weiter mit Euch verhandeln, aber …«, er zog ein Silberstück hervor und legte es auf den Tisch, »ich brauche Euren Rat.«
    »Dann reicht mir die Hand, und ich will sehen.«
    Er gab ihr die Rechte, und sie betrachtete eingehend die Schwielen und Schrunden, die die Reise hinterlassen hatte.
    »Erfolg hat Euch begleitet, Wissen habt Ihr erworben, stolz ist Euer Vater. Worum sorgt Ihr Euch? Angst umschattet Euer Gemüt. Herr Marian?«
    Ihre schillernden Augen

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