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Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition)

Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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eigentlich mit ihr vorhatten. Bis dahin flocht und knotete sie ihr kleines Netzwerk aus Leinenfäden. Schön war die Handarbeit nicht, zu unregelmäßig das entstandene Muster, aber es lenkte sie von der Einsamkeit ab. Ebenso wie die beiden Distelfinken, die dann und wann dem fratzengesichtigen Wasserspeier auf der Nase saßen. Sie kamen häufiger, seit Alyss ihnen Brotkrümelchen auf den Fenstersims streute. Dafür brachten sie ihr Ständchen, denen sie entzückt lauschte. Der Falke zog auch täglich seine Kreise über den Feldern, stürzte gelegentlich nieder, und der ferne Schrei seiner sterbenden Beute klang zu ihr hinauf.
    Alyss schöpfte Mut aus dem Anblick des gewandten Jagdvogels.
    Sie war sich inzwischen einigermaßen sicher, dass man ihr nicht nach dem Leben trachtete, sondern sie für irgendeine Art von Handel gefügig machen wollte. Und je mehr Zeit verging, desto eher würden ihre Freunde eine Spur finden und sie zu befreien versuchen.
    Wieder knirschte der Riegel, drehte sich der Schlüssel im Schloss.
    Alyss versteckte das Flechtwerk und sank, den Rosenkranz in den Fingern auf die Knie.
    »Liebschen, beende dein Gebet. Wir müssen miteinander plaudern«, sagte Duretta und nahm ihr den Rosenkranz aus den Händen. Alyss hob schwermütig ihre Lider und sog zittrig den Atem ein.
    »Ich bereue so vieles, Duretta. So sehr. Wie habe ich geirrt, dem guten Vater Sorgen gemacht. Der Mutter schlaflose Nächte bereitet. Was kann ich tun, um wieder ihr Wohlwollen zu erlangen? Duretta, Ihr müsst es doch wissen. Euch hat man von meinen Verfehlungen berichtet. Helft mir, ein gutes Weib zu werden.«
    Und wenn ich noch dicker auftrage, rutscht sie auf dem klebrigen Seim gleich aus und schlägt sich den hohlen Schädel ein, ergänzte sie wortlos.
    Duretta rutschte jedoch nicht aus, sondern setzte sich ganz nahe neben sie und legte ihr den Arm um die Taille. Alyss wäre am liebsten ein Stück von ihr fortgerutscht, um dem Moschusduft zu entkommen, der der Alabasterkugel um Durettas Hals entströmte.
    »Ja, Kindchen, ich werde dir helfen. Es ist doch ganz einfach – dein Papa ist um den Bestand seiner Familie besorgt. Dein Bruder ist nicht Manns genug, sich ein Weib zu nehmen, ein weichlicher Jüngling, dem es der Kraft der Lenden entbehrt. Papas Hoffnung lag auf dir, aber du bist unfruchtbar geblieben – nicht durch deine Schuld, Herzelein. Ein Kind hast du ja geboren, und weitere sollten folgen. Ein kräftiger Gatte mit dem Feuer der Lenden wird dir weitere Kinder schenken. Und ein solcher Gatte wird auch über deinen Lebenswandel wachen. Es steht einem Weib nicht an, Handel zu führen und die Kinder anderer Frauen zu erziehen. Deinen Herd sollst du hüten und deinen eigenen Nachwuchs umsorgen und deinem Gatten ein gefügiges Weib sein.«
    »Ja, ja, Duretta, das habe ich nun auch eingesehen.« Und ich frage mich, was Papa von deinem dämlichen Sermon halten würde. »Zerbrich ihnen die Zähne im Maul, zerschlage, Herr, das Gebiss der jungen Löwen. Zielen sie mit ihren Pfeilen, so werden sie ihnen zerbrechen. Sie gehen dahin, wie Wachs zerfließt, wie eine Frühgeburt, die die Sonne nicht sieht. Und der Gerechte wird sich freuen, wenn er solche Vergeltung sieht, und wird seine Füße baden in des Gottlosen Blut!«
    Der achtundfünfzigste Psalm entsprach Alyss’ Stimmung, und sie hatte Mühe, eine reuige Miene beizubehalten.
    »Wir werden für dich einen klugen Gemahl auswählen, Liebelein. Es gibt schon einige Anwärter, die ein solch adrettes Weib wie dich gerne heimführen würden. Aber du musst deine Zunge zähmen und dein unbotmäßiges Wesen im Zaum halten.«
    Die Katze war aus dem Sack!
    Irgendjemand wollte sie gegen ihren und den Willen ihrer Eltern heiraten.
    »Ob ich das jemals lernen werde«, seufzte Alyss und stellte sich vor, im Blute ihrer Besucherin zu baden. Die Vorstellung befriedigte sie.
    »Demut, Liebschen, kannst du hier lernen. Ich lasse dich jetzt wieder alleine.«
    Mach dich bloß ab, sonst zerbreche ich dir eigenhändig die Zähne im Maul!
    Duretta entging knapp diesem Schicksal.

26. Kapitel
    J ohn hatte mit namenlosem Grauen Catrins Bericht angehört, Robert und Marian schwiegen neben ihm, Hilda schluchzte, und die jungen Leute saßen wie erstarrt um den Küchentisch.
    »Kindsmörder!«, sagte John leise in die Stille. Es klang wie ein Todesurteil.
    »Wir werden ihn finden, und er wird den Tag verfluchen, wenn wir seiner habhaft werden«, sagte Marian ebenso leise.
    »Und zur Hölle

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