Das Lied des Kolibris
ihm immer mehr entgegendrängte.
Sie krallte ihre Finger in Zés Schultern, während er ihr Becken in einem so wilden Rhythmus führte, dass es sie schwindelte. Ihr wurde heiß, und in der Mitte ihres Leibes glühte sie förmlich vor Lust. Sie bog ihren Rücken durch und warf den Kopf nach hinten. Sie war kurz davor, zu schreien. Sie wollte, dass es niemals aufhörte, und zugleich sehnte sie sich nach dem Augenblick höchster Erfüllung, der sich in ihrem Körper ankündigte wie ein heraufziehendes Tropengewitter – stürmisch, dramatisch und wütend. Zé war geradezu in Raserei verfallen, er keuchte, schwitzte und zuckte, bis plötzlich ein Ruck durch ihn ging und er ein tiefes, grollendes Stöhnen ausstieß, das nicht mehr menschlicher Herkunft zu sein schien. Und dann überfiel es sie gleichzeitig, jenes erlösende Gewitter, mit heftigem Donner und grell zuckenden Blitzen. Es entlud sich mit einer Gewalt, die Lua nicht für möglich gehalten hätte – und ließ sie glücklich und ermattet zurück, ganz so, wie ein Tropensturm nach seinem Toben meist von ruhigem, friedlichem Wetter abgelöst wird.
»Das war … wundervoll«, hauchte sie, noch immer ein wenig außer Atem.
»Sch«, fiel er ihr ins Wort und küsste sie. Sein Gesicht war, genau wie ihres und wie auch ihre Körper, schweißnass.
Lua löste sich aus Zés Umklammerung. Abermals spürte sie eine Flüssigkeit an ihren Beinen hinablaufen und war dankbar, dass sie über diesen Beweis ihrer Begierde den langen Rock fallen lassen konnte. Zé zog seine Hose wieder hoch. Es war ein merkwürdiger Augenblick, geprägt von tiefer Zufriedenheit einerseits und von einem gewissen Schamgefühl andererseits. Zumindest Lua ging es so. Der Geruch ihrer Vereinigung lag noch in der Luft, und ihre banalen Verrichtungen ließen das Geschehene wie etwas Unwirkliches erscheinen, wie einen Traum, der mit dem Tageslicht verblasst.
Dass das Ganze kein Traum, sondern durchaus Wirklichkeit gewesen war, stellte Lua am nächsten Tag fest. Auf den hellen Steinplatten der Veranda entdeckte sie einen Blutfleck, und an dem Fenster, gegen das Zé sich mit hochgerolltem Hemd gelehnt hatte, machte sie die Abdrücke seines Rückens aus. Sie wäre vor Scham fast gestorben. Sie bat also Fernanda, die sie jetzt natürlich in ihr Geheimnis eingeweiht hatte, unauffällig die verräterischen Spuren zu beseitigen, denn wenn sie selbst dort draußen geputzt hätte und von irgendjemandem angesprochen worden wäre, hätte sie sich vor lauter Gewissensbissen wahrscheinlich um Kopf und Kragen geredet.
Dass Zé und Lua es auf der Veranda der Casa Grande gemacht hatten, nötigte sogar Fernanda Respekt ab, die ja mit ihren verschiedenen Liebhabern schon viele für ein Stelldichein geeignete Plätze ausprobiert hatte.
»Alle Achtung – auf die Idee bin ich noch gar nicht gekommen. Gar nicht mal so dumm. Ist schön lauschig hier, andere Sklaven kommen nicht des Wegs, und wenn die Herrschaften schon zu Bett gegangen sind …«
»Willst du es etwa auch mal probieren?«, fragte Lua entsetzt.
»Warum nicht? Der Reiz des Verbotenen kann ja bekanntlich luststeigernd wirken. Oder?«
Lua schüttelte den Kopf. Fernanda war wirklich unverbesserlich. Sie hatte alle Einzelheiten von ihr wissen wollen, aber da es Lua an einschlägigen Erfahrungen mangelte, konnte sie ihr ja schlecht sagen, wie »gut« Zé gewesen war oder ob eben die Veranda als Schauplatz ihres Liebesaktes zu dessen Gelingen beigetragen hatte oder nicht.
»Hat er sich wenigstens aus dir zurückgezogen, bevor er seinen Samen verströmt hat?«, wollte sie außerdem wissen.
»Mein Gott, Fernanda!«
»Hat er oder hat er nicht?«
»Du bist widerwärtig!«
»Nicht so widerwärtig wie eine Schwangerschaft.«
Es war wie ein Schlag in die Magengrube. Damit hatte Lua sich nie befasst. Konnte man denn überhaupt beim ersten Mal schon ein Kind empfangen? Gewiss nicht, beruhigte sie sich.
Dennoch hing der unschöne Gedanke noch wochenlang über ihr wie eine dunkle Wolke.
16
W enige Tage nach Luas Liebesnacht mit Zé war er verschwunden. Seine Flucht wurde erst am frühen Morgen bemerkt, und es war eine so große Aufregung, dass ihrer aller Tagesablauf mächtig durcheinandergeriet. Die Aufseher stellten Suchtrupps aus Männern zusammen, denen bei Erfolg eine hohe Belohnung ausgezahlt werden würde. So wollte man sicherstellen, dass die Feldsklaven Zé auch tatsächlich einfangen und ihn nicht etwa absichtlich entkommen lassen würden. Der
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