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Das Lied des Kolibris

Das Lied des Kolibris

Titel: Das Lied des Kolibris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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sehr weit von unseren alten Fazendas entfernt. Wie habt ihr von hier erfahren?«
    »Bekommen wir zuerst was zu essen?«, bat Bebel. »Dann erzählen wir euch alles in Ruhe.«
    Nachdem Caca und Bebel sich die Bäuche vollgeschlagen und das meiste kurz danach wieder erbrochen hatten, fielen sie jedoch vor Müdigkeit fast von der Bank. Man beschloss, die beiden vorerst in Zés Hütte unterzubringen, der so lange bei Luizinho schlafen würde.
    So erschöpft die beiden Geschwister waren, so aufgeregt waren die anderen. Als die Neuankömmlinge schon tief schliefen und laut schnarchten, schnatterten rund um das Feuer alle vier durcheinander und wussten sich vor Begeisterung gar nicht zu lassen. Es ging voran – Liberdade wuchs! Zwei junge Leute, die bald schon kräftig mit anpacken konnten! Eine Frau, mit der Marilu über Weiberkram reden konnte! Und vor allem: Neuigkeiten aus der Welt da draußen!
    Sie alle hatten ihr altes Leben verabscheut, so sehr, dass sie alles bereitwillig hinter sich gelassen hatten. Doch es fehlte ihnen so vieles! Was gäben sie darum, hätten sie hier Freunde, Verwandte, gesellige Abende und natürlich Neuigkeiten über Gott und die Welt. Die Abgeschiedenheit war schwerer zu ertragen, als sie alle gedacht hatten. Und so erwarteten sie freudig erregt den Morgen, um dann endlich die Geschwister nach jeder Kleinigkeit ausquetschen zu können, die ihnen überhaupt einfiel.
    Der Schwall an Fragen, der bei Sonnenaufgang über sie hereinbrach, verunsicherte Bebel und Caca. Sie fühlten sich noch immer schwach, müde und schmutzig, und das Essen, das es hier gab, bekam ihnen gar nicht gut. Trotzdem waren auch sie nach der ersten erholsamen Nacht seit langem aufgeregt und begierig, alles zu erfahren, was sich in dem neugegründeten Quilombo bisher zugetragen hatte. Die Unterhaltung der sechs Dschungel-Siedler war entsprechend unzusammenhängend, wirr und laut.
    »Was soll das heißen, ihr habt hier kein Tapioka?«, rief Bebel aus.
    »Erst, wenn die Maniokpflanzen wachsen«, gab Marilu zur Antwort. »Aber ist doch egal. Erzähl lieber, wie ihr entkommen seid.«
    »Ja, wie habt ihr’s geschafft?«, wollte auch Luizinho wissen.
    »War gar nicht so schwer. Erzählen wir euch später. Sagt lieber, wie es mit den Wilden so ist. Wollten sie euch auffressen?«
    »Nein, sie sind harmlos. Habt ihr Neuigkeiten von São Fidélio?«
    »Wir haben gehört, dass da eine Sklavin weggelaufen ist. Aber sie haben sie wieder eingefangen. Hat es nicht so schlau angestellt wie wir. Wie verteidigt ihr euch hier?«
    »Mit Pfeil und Bogen hauptsächlich. Und mit Feuer, denn …«, wollte João erklären, doch Zé fiel ihm ins Wort: »Wie hieß sie?«
    »Wer jetzt?«
    »Na, die Sklavin, die sie wieder eingefangen haben, die von São Fidélio?«
    »Du lieber Himmel, woher sollen wir das denn wissen? Oh Gott, mir wird schon wieder schlecht. Wo ist eigentlich euer Abtritt?«
    »Haben wir nicht. Wir machen ins Gebüsch – die Würmer und anderes Getier kümmern sich schnell genug darum.«
    »Davon können wir ein Lied singen, von dem Getier im Wald. Die Mücken sind eine Plage!«
    »Wollte ich euch vorhin ja erklären, aber ihr habt nicht richtig hingehört«, sagte João beleidigt. »Mit Feuer oder, besser gesagt, mit dem Qualm von bestimmten Zweigen kann man sie vertreiben.«
    »Wenn das mal mit den Wilden auch so einfach wäre.«
    »Die tun doch gar nichts.«
    »Weiß man’s? Irgendwann fällt ihnen doch noch ein, dass sie uns appetitlich finden.«
    »Habt ihr Neuigkeiten von Três Marias?«
    »Nö, da kennen wir gar niemanden. Oje, jetzt muss ich aber rennen!« Bebel verschwand im Unterholz, wo sie sich, für alle gut hörbar, erleichterte. Das Gespräch verstummte, denn ihr Bruder, der Stotterer, war einem so schnellen Wort- und Themenwechsel nicht gewachsen.
    »Ist sie wirklich deine Schwester?«, fragte Luizinho.
    Caca nickte.
    »Sieht gar nicht übel aus.«
    Marilu stieß ihn energisch in die Rippen. »Kriegst wohl den Hals nicht voll?«
    »Sei doch nicht so.«
    »Seid ihr verfolgt worden?«, fragte Zé.
    Abermals nickte Caca. »Hhaben sie aaaber schnell abgeschschschüttelt. Dddie Hexe hhhat uns verrrraten, wwie.«
    »Welche Hexe?«
    Inzwischen war Bebel zurückgekehrt und übernahm wieder das Reden für ihren Bruder. »So ’ne alte Afro-Hexe. Die hat uns ja erst von dir und deinem Plan erzählt. Und sie hat uns auch ein paar Tricks gesagt, wie man die Suchtrupps mitsamt ihren Hunden in die Irre leitet. Zum Beispiel,

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