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Das Lied des roten Todes

Das Lied des roten Todes

Titel: Das Lied des roten Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bethany Griffin
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mich nach vorn und spähe in den Keller. Er ist voller niedriger Tische und Leichen. Ich schnappe nach Luft und wäre fast weggekrochen. Aber … da ist kein plötzlich aufsteigender Gestank. Kein süßlicher Geruch nach verrottenden Leichen. Kein Hinweis auf Bewegung. Vielleicht sind die schwarzen Gestalten keine Opfer, sondern einfach nur ein Haufen dunkler Umhänge.
    Ist dies eine Art Versteck oder ein Lager für Malcontents Männer? Wie viele von ihnen sind da unten?
    Ein Krachen irgendwo im Keller lässt mich zusammenzucken, und Will legt seine Arme um mich und zieht mich von der Öffnung weg.
    »Komm mit«, sagt er. »Wenn jemand da unten ist … Wir müssen laufen.«
    Beim ersten Schritt lande ich auf einem Flugblatt und rutsche aus, aber Will fängt mich auf. Dann rennen wir – meine Hand in seiner – durch die Straßen und Gassen zum Wirtshaus zurück, wo Elliotts Männer auf uns aufmerksam werden, als sie uns aufgeregt heranstürmen sehen.
    Wir platzen durch die Vordertür, schnappen nach Luft. Will erklärt rasch, was passiert ist, und Elliott läuft in die Richtung los, aus der wir gekommen sind. Seine Männer folgen ihm, strömen um mich herum, als wäre ich eine Art Hindernis auf ihrem Weg.
    Aber ich will nicht zurückbleiben.
    Will versucht, mich zurückzuhalten, aber ich reiße mich los, und er folgt mir. Als wir zu dem Gebäude zurückkehren, sind Elliott und seine Männer bereits durch die Holztür gebrochen. Andere sind damit beschäftigt, das verrottete Holz an der Basis des Gebäudes wegzuhauen.
    Ein Soldat trägt einen Haufen zerlumpter, selbstgemachter Gewänder nach draußen.
    »Fasst nichts an, wenn ihr keine Maske tragt.« Elliott klingt nicht wirklich ängstlich, nur besorgt. Ich sehe, wie er von der obersten Kellerstufe nach unten springt, ganz und gar Bewegung und Aufregung. Jetzt, da er die Männer befehligt, ist er voll und ganz in seinem Element. »Wir verbrennen alles bis auf die Waffen.« Aber dann verändert sich seine Haltung. »Raus!«, brüllt er. Genau in dem Moment, als ich über die Schwelle trete. Seine Stimme ist schriller als sonst. »Alle raus hier! Der Mann ist am Roten Tod gestorben!«
    Die Soldaten fliehen aus dem Gebäude. Aber Elliott gesellt sich nicht zu ihnen. Er will zwar seine Männer nicht in Gefahr bringen, aber er hat keine Angst, sich selbst in Gefahr zu begeben.
    Und er besitzt keinen Schutz vor dem Roten Tod. Ich habe ihm das kleine Fläschchen angeboten, das Vater mir gegeben hat, aber statt den Inhalt zu trinken, hat er mir das Glas an die Lippen gesetzt und mich dazu gebracht, es an seiner Stelle zu trinken. Wenn jemand vor dem Roten Tod geschützt ist, dann ich.
    Langsam betrete ich den Raum, ignoriere das Stechen in meinem Knöchel.
    Das letzte Sonnenlicht ist inzwischen verblasst, und hier drin ist es nun richtig dunkel. Wohlüberlegt wie immer entzündet Elliot ein Streichholz an der Wand und betrachtet es einen kurzen Moment, lässt es dann auf den Haufen aus Umhängen fallen. »Dadurch haben wir etwas Licht«, sagt er, als sich der Stoff entzündet. »Aber es wird auch qualmen. Wir haben nur ein paar Augenblicke, um herauszufinden, was das hier war.«
    Es scheint, als wäre es eine Art Lager gewesen. Einige Flaschen Alkohol stehen auf einem Tisch, daneben liegen ein Laib Brot und ein paar dunkle Haufen, die nach verrottendem Gemüse aussehen.
    »Such nach einer Tür«, sagt Elliott.
    Ich finde sie noch vor ihm und gehe über den unebenen Boden darauf zu. Die Leiche des Mannes, den Will getötet hat, ist nah genug, dass ich sie berühren könnte, wenn ich wollte. Aber ich versuche, sie nicht anzusehen. Die Tür ist klein, wie diejenige, die wir im Arbeitszimmer des Uhrmachers gesehen haben. Elliott drückt dagegen, aber sie gibt nicht nach.
    »Sir?«, fragt einer der Soldaten von draußen.
    Elliott wirft sich mit seinem ganzen Gewicht gegen die Tür, aber noch immer passiert nichts.
    »Sie ist von der anderen Seite abgeschlossen«, sagt er. Der Keller füllt sich mit Rauch. Uns läuft die Zeit davon – meine Augen tränen, und meine Kehle verschließt sich. Ich mache mich auf den Rückweg, stolpere aber über die Leiche. Selbst in diesem Inferno kann ich es klar und deutlich sehen: Zwei blutige Tränen beflecken die Wangen.
    »Komm.« Elliott führt mich zurück auf die Straße, dann dreht er sich um und hilft den Männern. Will zieht mich um eine Straßenecke, wo niemand von den Soldaten oder Passanten uns sehen kann.
    Sein Gesicht ist

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