Das Lied des roten Todes
halten, was meine Zustimmung betrifft, Elliott zu helfen. Solange er nicht so ein Tyrann wird wie die anderen.«
»Das wird er nicht«, beharre ich. »Elliott ist nicht so wie Prospero oder Malcontent.«
»Noch nicht. Aber er ist jetzt auch noch nicht in einer Machtposition. Ich habe studiert, wie die Regierung vor der Seuche funktioniert hat. Irgendwann werden wir Wahlen brauchen. Richtige Wahlen.«
Eine solche Idee wird Elliott eher nicht gutheißen. Oder sich damit einverstanden erklären.
»Ich kann das hier später fertig machen«, sagt er. »Du willst sicher nicht mit mir hier unten bleiben.«
Doch, das möchte ich. Dieser Raum fühlt sich sicher an, aber ich habe zu viel zu tun und kann nicht länger hierbleiben.
Will greift nach meinem Schal. Wenn ich wollte, könnte ich seine Berührung genießen, als er mir wieder die Augen verbindet, als er meine Hand nimmt und mich nach draußen führt. Aber ich werde nicht zulassen, dass ich so etwas empfinde. Nicht wenn ich mich bereits auf Elliotts Seite geschlagen habe.
Ich sage nicht, dass er den Stoff nicht richtig festgezurrt hat und ich genug sehen kann, um den Weg zurückverfolgen zu können. Es scheint, als würde er ewig brauchen, um mir die Augenbinde wieder abzunehmen. Ich stehe da, das Kinn leicht nach oben gereckt, während er damit beschäftigt ist, den Knoten zu lösen. Wir stehen vor einem Fenster. Will sieht nach draußen.
»Heute Nacht bedecken Wolken den Mond. Komm, sehen wir auf dem Dach nach, um uns zu vergewissern, dass auch alles vorbereitet ist, wenn Kent und die anderen eintreffen.«
Wir steigen etliche Treppen hinauf, bis wir endlich auf dem Dach ankommen. Draußen ist es jetzt vollständig dunkel. In meiner Magenkuhle breitet sich Unruhe aus. April und die Kinder und Kent werden mit dem Luftschiff eintreffen. Wir sind schon einmal abgeschossen worden; so etwas könnte wieder geschehen.
Elliott ist auf dem Dach und raucht eine Zigarette. Er verzieht das Gesicht, sagt aber nichts. Nichts dazu, dass ich mit Will komme. Nichts dazu, dass ich nicht in meinem Zimmer war, als er zurückgekehrt ist.
Am Himmel stehen diesige Wolken, und ich vermute, dass es noch vor der Morgendämmerung regnen wird.
»Ich wollte sichergehen, dass alles bereit ist«, sagt Will.
»Ich hatte die gleiche Idee«, sagt Elliott, drückt die Zigarette aus und beginnt, Will zu helfen.
Sie bereiten lange Seile und die riesige Plane aus Zeltstoff vor, unter der das Schiff verborgen worden war, als es sich auf dem Dach des Morgue befunden hat. Ich stehe ein bisschen abseits und betrachte den Himmel.
Elliott bleibt kurz bei mir stehen.
Auf dem Dach zu sein erinnert mich an das Feuerwerk, an die Feier in der Bucht. »Stell dir nur vor, wie schön das Schiff aussehen würde, wenn es beleuchtet wäre.«
»Kent würde so etwas nie riskieren«, sagt Elliott.
»Aber stell dir eine Welt vor, in der so etwas kein Risiko wäre. Ich würde gern in einer solchen Welt leben.«
»Ich würde sie gern für dich erschaffen.«
Sein Blick ist zu durchdringend. Ich kann ihm nicht standhalten. Ich blicke zur Seite und sehe, dass Will die großen Eisenringe überprüft, die das Schiff unten halten werden, wenn es erst an Ort und Stelle ist. Der Wind treibt die Wolken über den Himmel, und während ich zusehe, glaube ich, dass ich etwas erkennen kann. Den Bug des Schiffes. Ich deute nach oben.
»Sie sollten eigentlich erst in zwei Tagen auftauchen«, sagt Elliott.
»Es sei denn, es ist etwas passiert. Es ist bewölkt. Wenn Kent verzweifelt genug war …«
»Kent verzweifelt nicht«, sagt Elliott.
Aber Will ist sehr reglos geworden. Schließlich sieht er mich an.
»Deshalb wollte ich, dass alles bereit ist. Er hat mir gesagt, es könnte sein, dass er das Schiff früher herbringt, wenn sich die Dinge nicht gut entwickeln sollten …« Er macht eine Pause. »… mit April.«
Zwölf
I ch bekomme keine Luft. Irgendetwas ist mit April passiert, und seit wir in der Stadt sind, bin ich dem Ziel, meinen Vater zu finden, noch kein bisschen näher gekommen. Wir wissen nicht einmal, ob er noch am Leben ist. Ich sehe zu, wie das Schiff herangleitet. Was ist, wenn April tot ist?
»Dann hast du also das Dach überprüft?«, fragt Elliott Will.
»Hin und wieder. Heute Abend dachte ich zum ersten Mal, dass sie möglicherweise kommen könnten.«
Uns bleibt nichts anderes übrig, als zu warten. Eine halbe Stunde vergeht. Wir sprechen nicht. Wir versichern uns nicht gegenseitig, dass alles
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