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Das Lied des roten Todes

Das Lied des roten Todes

Titel: Das Lied des roten Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bethany Griffin
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einzige Geheimnis in den Akkadian Towers.«
    Von Mutters gemütlichem Wohnzimmer aus habe ich jeden Tag in diesen Garten gesehen, aber ich war nur ein einziges Mal hier – und damals war es dunkel gewesen. Verkrüppelte Bäume säumen den künstlichen Bach. Ich erkenne die Knollen der Frühlingsblumen. Schon bald wird es hier blühen.
    An einigen Stellen ist die Erde aber auch aufgewühlt, wie bei einem Erdbeben.
    Elliott macht zögernd einen Schritt nach vorn, als würde er erwarten, dass sich der Boden unter uns bewegt. Einige Bäume sind von Schlingpflanzen umhüllt, die sie in diesem Meer aus Grün ersticken. Nach ein paar Schritten scheint er zu der Überzeugung zu kommen, dass der Garten für uns beide stabil genug ist. Zumindest macht er keine Anstalten, wieder zu gehen.
    Er stellt den Wein und die Decke auf der niedrigen Mauer ab, auf der er vor etlichen Wochen gesessen hat, als er mich gebeten hat, mich seiner Sache anzuschließen.
    »Wir können es uns ruhig gemütlich machen, während wir auf deinen Vater warten.«
    Aber ich bin nervös. Seit dem aufregenden Unternehmen zur Rettung der Mädchen und der Entdeckung, dass Vater vielleicht doch am Leben ist, bin ich gereizt.
    »Geh ein Stück mit mir«, sagt Elliott und nimmt meine Hand. »Dies hier war immer einer meiner Lieblingsplätze. Egal, was für üble Dinge Prospero auch erschaffen hat, er hat auch für Luxus gesorgt.«
    Er führt mich durch den Garten zu einer niedrigen Schaukel, die am Ast einer Trauerweide befestigt ist. »Prospero hat extra eine Wasserleitung hierher verlegen lassen, um diesen alten Baum am Leben zu halten.« Elliott tätschelt den Stamm. »Aber er sieht immer noch gesund aus.«
    »Der Baum bekommt sauberes Wasser, aber die Leute in der Stadt sterben.« Ich fange an zu lachen, dann schnürt sich mir die Kehle zu.
    Elliott dreht den Kopf. Irgendetwas ist hier an ihm, etwas Ruhiges und Nachdenkliches. Als würde ich einen anderen Elliott vor mir haben. Einen Elliott, der anstelle eines Rebellen auch Dichter hätte werden können.
    Er deutet auf die Schaukel, und ich setze mich darauf. Der Holzsitz ist gesprungen und von Pilzen gesäumt. All das hier heraufgepumpte Wasser hängt jetzt in der Luft und macht sie schwül und stickig.
    Elliott packt mich an der Taille und zieht mich zu sich heran. Dann legt er eine Hand an meinen Rücken, während er mich mit der anderen nach wie vor an sich drückt. Als wüsste er, was er tun soll – mich wegstoßen, sodass die Schaukel sich in Bewegung setzt –, aber zugleich nicht will, dass ich mich von ihm wegbewege.
    Schließlich lässt er mich los. Die Bewegung der Schaukel fühlt sich unnatürlich langsam an, als wenn dieser Moment ewig dauert. Die Feuchtigkeit in der Luft legt sich auf meine Haut, aber sie wird nicht feucht, sondern fühlt sich wie feine Seide an.
    Als ich zu ihm zurückschwinge, hält er mich an den Schultern fest. Seine Hand gleitet über die nackte Haut, tastet vorsichtig über meine immer noch verheilende Wunde.
    »Elliott.« Ich rutsche ein Stück nach vorn, und er legt seine Arme um mich und zieht mich von der Schaukel herunter. Wir fallen auf den Boden, lachen. Ich strecke die Hand aus und streiche über die winzigen blauen Blumen im Gras.
    »Sie haben dieselbe Farbe wie deine Haare«, sagt er. »Was hat April sich wohl gedacht?«
    Aber ich will nicht an April denken, nicht jetzt. Ich will an gar nichts von dem denken, was draußen jenseits dieser Glaswände passiert. Egal was sein wird, wenn wir diesen Ort verlassen, werden Menschen sterben. Wir werden Vater finden, oder ich werde zu Malcontent gehen. Elliott wird Prospero stürzen oder nicht. Also führe ich Elliott zurück zu der Mauer, wo wir unsere Sachen gelassen haben.
    Er breitet die Decke unter einer Laube aus Blättern aus und öffnet die Weinflasche.
    »Ich habe keine Gläser.« Es ist keine Entschuldigung. »Wir müssen aus der Flasche trinken.« Er nimmt einen langen Schluck und reicht die Flasche an mich weiter. Der Wein ist besser als das, was wir auf dem Markt bekommen konnten.
    »Dies ist –«, fange ich an.
    »Magisch«, beendet Elliott meinen Satz. Ich bin nicht sicher, ob es das ist, was ich sagen wollte, aber ich berichtige ihn nicht. »Wirst du ihn tragen?« Er streckt seine Hand aus, und ich sehe den Brillantring auf seiner Handfläche. Denjenigen, den ich gestern eingetauscht habe. Nach allem, was er durchgemacht hat, glitzert er immer noch.
    Ich frage ihn nicht, wie er ihn zurückbekommen

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