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Das Lied des roten Todes

Das Lied des roten Todes

Titel: Das Lied des roten Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bethany Griffin
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recht. Wir kehren in den Flur zurück und schieben die Tür hinter uns zu. Wie immer vollkommen lautlos.
    Wir schleichen durch die leeren Zimmer. In der Küche zertreten Elliotts Stiefel die Scherben von dem Porzellan, das aus der Vitrine gefallen ist. Durch den Torbogen, der zum Esszimmer führt, sehe ich, dass Rosen in der Vase sind, die mitten auf dem Tisch steht. Sie sind alle verwelkt.
    Ich lasse Elliott in der Küche zurück und schlüpfe in mein Zimmer. Drei rasche Schritte bringen mich ans andere Ende, und ich stehe vor der Tür zu meinem Schrank und reiße die Tür auf. Die Fülle an Fischbein und Seide hat niemand durchsucht, daher nehme ich mir eines meiner Lieblingskleider in einem hübschen gedämpften Rotton. Das Kleid, das ich bisher getragen habe und das vom Marsch durch die Tunnel schmutzig ist, ziehe ich aus und werfe es beiseite.
    »Viel besser«, sagt Elliott von der Tür her.
    Ich erröte heftig und ziehe mir das rote Kleid über den Kopf. Er tritt ein, als ich das Kleid zurechtrücke, und tut so, als hätte ich mich nicht gerade vor ihm ausgezogen. Mutter wäre entsetzt.
    Als ich einen Blick in den Spiegel werfe, um auch meine Haare ein wenig in Ordnung zu bringen, werde ich daran erinnert, wie schrecklich meine Maske mit den Sprüngen und Schmutzflecken aussieht. Meine anderen Masken liegen – in Watte verpackt – in meiner Frisierkommode. Ich lasse die Maske mit dem Sprung in die Schublade fallen, und es gibt ein hohles, dumpfes Geräusch, als sie aufkommt.
    »Hier.« Bevor ich mir eine neue nehme, reicht Elliott mir einen roten Lippenstift. »Ich glaube, den hast du getragen, als ich dich das erste Mal gesehen habe.«
    »Als du mich das erste Mal gesehen hast, hast du gedacht, ich bin tot.« Aber ich benutze den Lippenstift trotzdem, denn er erinnert mich an die Tage davor, und an April. Dann setze ich eine weiße Maske darüber auf.
    Elliott hebt einen Arm, um mich nach draußen zu geleiten, aber ich hole erst noch eine weitere Maske aus dem Schreibtisch. Die hier deckt das ganze Gesicht ab, und sie glitzert.
    »Sie war für eine der berüchtigten Partys deines Onkels gedacht.«
    Elliott nimmt sie mir aus den Händen und lässt sie wieder in die Kommode fallen. Dann schiebt er die Schublade geräuschvoll zu.
    »Solange ich dabei etwas mitzureden habe, wirst du nie auf eine seiner Partys gehen.«
    Er stapft aus dem Zimmer, aber ich zögere noch. Soll ich die Edelsteine aus der Maske reißen? Elliott kontrolliert sämtliches Gold, das unsere kleine Gruppe besitzt. Und Geld bedeutet häufig Macht.
    Ich reiße ein paar Edelsteine heraus und stecke sie ein, dann nehme ich mir Mutters Lieblingsschal und werfe ihn mir über die Schultern.
    »Dein Vater wird nicht kommen, wenn er glaubt, dass jemand hier ist. Gehen wir ins andere Appartement.«
    Und so betreten wir Penthouse A, Aprils altes Zuhause. Diese Wohnung scheint unberührt zu sein. Mit goldener Seide bezogene Stühle stehen um niedrige Glastische.
    »Wohin ist deine Mutter gegangen?«, frage ich.
    »Als die Stadt so beängstigend wurde, ist sie zu Prospero gerannt, um Schutz zu finden.«
    Die Türen zu den Schlafzimmern stehen weit offen, und Elliott schnappt sich eine Decke vom Bett seiner Mutter. Aus der Küche nimmt er zwei Flaschen Wein mit, bevor er die Tür zum Wandschrank öffnet, hineingeht und mir bedeutet, ihm zu folgen.
    »Ich bin mir nicht sicher, ob ich in einen Wandschrank kriechen möchte«, setze ich an, aber dann schiebt er die rückwärtige Wand beiseite, und Licht strömt herein. Ich folge ihm in den Garten, in dem er mich damals rekrutiert und gebeten hat, bei seiner Rebellion mitzumachen. Genau hier, an diesem feuchtwarmen, üppigen und verlassenen Ort, hat es mit ihm und mir begonnen.
    »Letztes Mal war es für dich sicherlich leichter, in den Garten zu gehen, als für mich«, sage ich und erinnere mich an die Besenkammer einen Stock tiefer und an die Luke, durch die ich hindurchklettern musste.
    »Ich wollte deinen Einfallsreichtum testen. Ich konnte kein Partygirl brauchen, das noch nicht einmal so viel Eigeninitiative entwickeln kann, um eine Leiter zu finden und hochzusteigen. Weißt du, mein Onkel hat die Architekten getötet, die die Akkadian Towers errichtet haben. Er wollte nicht, dass irgendjemand das Gebäude so gut kennt wie er.«
    »Wie gut kennst du es?«
    Elliott zieht die Augenbrauen zusammen. »Nicht so gut wie Prospero. Nicht so gut, wie es mir lieb wäre. Der Garten ist bei Weitem nicht das

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