Das Lied des roten Todes
Hand und reißt sie hoch, über unsere Köpfe, und die Menge jubelt. Ich sehe in ihre Gesichter. Nach der Verwüstung der Stadt ist es einfach schön, die Leute lächeln zu sehen; zu sehen, dass sie etwas haben, worüber sie glücklich sind. Die kleinen Mädchen finden ihre Familien, und alle sind wieder miteinander vereint.
Will steht in einem Hauseingang ein bisschen außerhalb der bewundernden Menge. Elise muss ihn gefunden haben. Er hat seine Hand auf ihrer Schulter, aber sein Blick ist auf mich gerichtet. Henry hält Elises Hand.
Er ist der Einzige, der nicht klatscht. Seine Tätowierungen zeichnen sich deutlich auf der blassen Haut an seinem Hals ab. Ihm muss klar geworden sein, dass ich Henry in Gefahr gebracht habe. Er muss wütend sein. Aber sein Gesicht ist völlig ausdruckslos. Ich gehe ein bisschen auf Abstand zu Elliott.
Aber er lässt mich nicht weit kommen, drückt seine Handfläche gegen die Steinmauer hinter uns und nagelt mich beinahe an das Gebäude. Er beugt sich zu mir, als wollte er mich küssen. Die Menge jubelt wild. Durch die Art und Weise, wie er mich beansprucht, fühle ich mich beengt, und ich lege meine Hand an meine Rippen, schnappe nach Luft.
Elliott sagt etwas darüber, dass ich schüchtern bin. Er ruft es nicht so laut, dass alle es hören können, aber er sagt es laut genug, dass diejenigen es verstehen, die vorn stehen, und sie werden es für die anderen wiederholen. Die Menge ist aufgekratzt.
Ich mag es nicht, wie besitzergreifend er ist, aber wenn er mich nicht halten würde, würde ich vor Erschöpfung und Schmerz zusammenbrechen.
»Komm mit mir mit«, flüstert er, und ich denke, er meint damit etwas Zweideutiges, dass er allein mit mir sein will, und das will ich nicht.
»Du solltest bleiben«, sage ich. »Du liebst es doch, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen.«
»Ich glaube, sie klatschen deinetwegen«, antwortet er. »Aber das spielt keine Rolle. Wir müssen weg von alldem hier. Ich habe deinen Vater gefunden.«
Er muss mich festhalten, damit meine Knie nicht nachgeben. Meinen Vater oder die Leiche meines Vaters?
»Wir müssen zu meiner Dampfkutsche«, sagt er. »Komm.« Er winkt der Menge zu und führt mich weg. In den Ställen reicht er mir eine Schutzbrille. »Wir werden schnell fahren«, sagt er lächelnd.
Wir passieren einen ganzen Häuserblock, der völlig ausgebrannt ist. Verkohlte Bettgestelle stehen innerhalb ordentlicher Quadrate aus Ziegelsteinen. Ein Stuhl. Ein frei stehender Kamin; die Wand, die ihn einmal umgeben hat, ist weg. Wir werden schneller, und der Wind weht durch meine Haare. Er rauscht gegen mein Gesicht, als würde er die Seuche und den Verfall und das alles wegpusten.
Schon bald kommt die Spitze der Akkadian Towers in Sicht, weit über den anderen Gebäuden in diesem Teil der Stadt. Es kommt mir unmöglich vor, dass wir einmal die Möglichkeit gehabt haben, solche Dinge zu bauen. Dass ich jemals dort gelebt habe.
»Der Turm steht noch«, wundere ich mich. »Er hat gebrannt, als wir die Stadt verlassen haben.«
»Der Regen hat das Feuer gelöscht, daher ist er zum größten Teil noch intakt. In den unteren Etagen leben immer noch Menschen. Die meisten der reichsten Bewohner sind natürlich in weniger beschädigte Bereiche gezogen.« Elliott lenkt die Dampfkutsche zu einem Gebäude, in dem einmal eine Schmiede untergebracht war. Das sorgfältig beschriftete Schild preist die Wartung von Dampfkutschen an.
»Dieser Ort eignet sich als Versteck genauso gut wie jeder andere, der mir einfällt«, erklärt er. Er sichert die Kutsche, indem er ein paar kleine Teile aus der Maschine nimmt und einsteckt.
Die ebenerdigen Fenster des Gebäudes sind zum größten Teil zerbrochen. Können wir immer noch Glas machen? Sind noch Glasmacher am Leben?
Keine Schmiede, keine neuen Fenster. Elliotts Plan sollte sein, eine Schule zu gründen, damit die Leute diese Künste wieder lernen können.
Auf einem der Balkone über uns steht eine Topfpflanze. Eine rote Geranie, die irgendwie das ganze Durcheinander aus Tod und Zerstörung überlebt hat.
Wir stehen im Schatten der Akkadian Towers. Ein Jahr lang bin ich mit April in ihrer pompösen Dampfkutsche vor den eindrucksvollen Doppeltüren vorgefahren. Hat der Pförtner das Feuer überlebt? Was ist mit unserem Koch geschehen? Vor dem Roten Tod waren hier Kuriere ein- und ausgegangen, hatten ihre Aufträge ausgeführt, aber jetzt sind die Straßen verlassen.
Wir betreten die Gasse hinter dem
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