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Das Lied des roten Todes

Das Lied des roten Todes

Titel: Das Lied des roten Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bethany Griffin
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unfertigen Tower. Als ich das letzte Mal hierhergegangen bin, war Will bei mir, und wir haben einen toten Jungen mit seinen hervorragend gearbeiteten Lederstiefeln und seiner makellos weißen Maske gesehen. Elliott zieht eine Tür mit zerbrochenen Angeln auf und schiebt mich in einen dunklen Gang.
    »Ist dieses Gebäude mit dem anderen verbunden?«, frage ich.
    »Die beiden Gebäude haben das gleiche Untergeschoss.«
    Wenn wir hierhergezogen wären, als ich noch jünger und Finn noch am Leben war, hätten wir beide das Gebäude vielleicht gemeinsam erkundet. Stattdessen habe ich auf dem Dach gestanden und daran gedacht, in die Tiefe zu springen.
    Elliott führt mich durch den leeren, hallenden Keller, der den unfertigen Tower mit dem halb in Trümmern liegenden verbindet, in dem ich einmal gelebt habe. Er nimmt ein Streichholz aus seiner Tasche und entzündet es, benutzt das flüchtige Licht, um uns den Weg zu leuchten. Als es bis zu seinen Fingerspitzen heruntergebrannt ist, lässt er es auf den Boden fallen.
    »Ich muss anfangen, Kerzen mitzunehmen«, sage ich in erster Linie zu mir selbst. Ich folge Elliott zu einer Treppe, die nach oben führt und die Verbindung zu den Treppenfluchten des Hauptturms herstellt. Ich schätze, der Aufzug wird jetzt nie mehr repariert werden.
    Wir sind vielleicht im vierten Stock, als wir ein Geräusch aus dem Flur hören. Elliott legt mir eine Hand auf den Arm, und dann, langsam, einen Finger an seine Lippen. Wir gehen so leichtfüßig wie möglich, versuchen keine Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen, während wir die nächste Treppe hinaufgehen. Glücklicherweise quietschen Treppen in den Akkadian Towers nicht, nicht einmal nach einem Brand. Als wir stehen bleiben und Luft holen, ziehe ich meine Brauen hoch.
    »Hausbesetzer«, flüstert er.
    Ich runzele die Stirn und schaue nach oben. Ich hasse die Vorstellung, dass jemand in unserer alten Wohnung lebt. »Sie werden die obersten Stockwerke meiden«, versichert mir Elliott. »Das Gebäude ist nicht stabil, deshalb legen sie Wert darauf, schnell fliehen zu können.«
    »Ist es sicher?«
    »Wahrscheinlich nicht.« Elliott lächelt. Ich gehe noch vorsichtiger und meide jede Stelle, die irgendwie beschädigt aussieht.
    Schließlich kommen wir im obersten Stockwerk an. Die Tür zum Appartement meiner Familie steht ein Stück offen. Ich bleibe an der Schwelle stehen. Elliott nimmt meine Hand, und mit der anderen bringt er eine kleine Pistole zum Vorschein, die beinahe genauso aussieht wie diejenige, die er mir gegeben hat.
    Unsere Schritte hallen laut auf dem gefliesten Boden. Wenn jemand hier ist, wird er oder sie uns hören.
    Elliott führt mich den Flur entlang, aber er bleibt nicht bei Vaters Arbeitszimmer stehen; er macht noch nicht einmal einen Schritt darauf zu. Ich löse mich von ihm und schiebe die Tür auf. Das Zimmer ist geplündert worden. Die Vertäfelung ist von den Wänden gerissen, der Tisch in Stücke geschlagen.
    »Hier gibt es nichts zu sehen«, sagt Elliott, allerdings hat er den Raum überhaupt nicht betreten.
    »Du warst das«, sage ich und gehe näher auf die Zerstörung zu, weg von ihm. »Du bist ohne mich hier gewesen.«
    »In seinem Tagebuch waren nicht genug Informationen. Ich dachte, vielleicht finde ich hier noch mehr.«
    Ich drehe mich um. Er lehnt am Türrahmen, sein Gesicht ist unergründlich. Ich habe darauf gewartet, dass er mich hierherbringt, hatte gehofft …
    Meine Augen brennen.
    Im hinteren Bereich des Arbeitszimmers steht nichts mehr außer den Holzbalken. Sie waren früher mit einer hübschen hölzernen Wandvertäfelung bedeckt, hinter der sich unzählige Regalbretter mit Glaskrügen verborgen hatten. In den Krügen sind Ratten, die in einer Flüssigkeit schwimmen. Ein paar Krüge sind auf den Boden gefallen und zerbrochen, haben tote schlaffe Ratten und giftige Flüssigkeiten vergossen, die möglicherweise der Grund dafür sind, dass meine Augen brennen.
    »Hier hat er es getan«, flüstere ich. »Hier hat er den Roten Tod erschaffen.«

Fünfzehn
    K omm da weg, Araby«, sagt Elliott sanft. Und fügt eindringlicher hinzu: »Ich habe die Krüge nicht zerbrochen. Das Gebäude muss sich etwas verschoben haben, oder es war jemand anders hier. Wir sollten diesen Raum verlassen.«
    Ich sehe eine Brosche auf dem Boden zwischen den Scherben liegen. Sie muss meiner Mutter gehört haben, und ich bücke mich nach ihr, aber Elliott packt meine Hand.
    »Ich glaube nicht, dass du sie anfassen solltest.«
    Er hat

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