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Das Lied des roten Todes

Das Lied des roten Todes

Titel: Das Lied des roten Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bethany Griffin
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gesagt.«
    Mutter wendet den Blick von mir ab, und ich schäme mich. Wieso hatte ich Vater nicht etwas mehr bieten können?
    Aber nein, ich werde mich nicht verantwortlich für die Taten meines Vaters fühlen. Prospero ist derjenige, der Vater benutzt hat, um die erste Seuche in Gang zu setzen. Der meinen Bruder getötet hat. Und dann hat mein sanfter, liebevoller Vater, statt ein Heilmittel zu suchen und zu finden, die Menschen abgeschrieben. Die Menschheit. Einfach alles.
    Die Tür zu unseren Räumen steht einen Spalt offen. Die Dienerin hat sie nicht ganz geschlossen, als sie mich von meinem Besuch bei Will zurückgebracht hat.
    Ich könnte jetzt weglaufen, könnte den Flur entlangrennen, das Kleid bis zu den Knien hochgerafft, damit ich nicht stolpere. Ich könnte zu Will zurückkehren. Aber Mutter hält meine Hand, und sie ist die Einzige, die versteht, zumindest ein bisschen. Sie hat mich gefunden, als ich dagesessen und Finns Hand gehalten habe. Und heute hat sie Aprils Hand gehalten, auch wenn sie mit April nichts verbindet. Ich muss heute Nacht Erfolg haben. Ich habe diese kleinen Mädchen gerettet. Ich weigere mich, aufzugeben und den gleichen schrecklichen Fehler zu machen, den mein Vater gemacht hat. Ich werde den Lauf unserer Welt verändern.
    »Vielleicht kannst du fliehen«, flüstere ich. Ich könnte sie zu Will schicken, auch ohne April.
    »Es ist zu spät«, sagt Mutter. Und sie hat recht.
    Ein Schatten fällt auf die Türschwelle. Der Prinz steht da. Er bemerkt die offene Tür und zieht die Augenbrauen hoch.
    »Ich komme mit Geschenken«, sagt er. Als hätte er nie versucht, mich aufhängen zu lassen oder die Hand meiner Mutter zu zermalmen.
    Er hat drei Kästchen bei sich. Aus einem nimmt er einen Halsreif aus glitzernden Steinen. Diamanten für meine Mutter. Ein Vermögen in einem mit Samt ausgelegten Kästchen. Ich kann nicht hinsehen, als er ihn an ihrem Hals befestigt. Ich will nicht sehen, wie er sie berührt.
    »Komm her, Miss Araby Worth«, sagt er zu mir. Die Saphire funkeln, als er sie aus dem Kästchen nimmt. Es sind prunkvolle, übergroße blaue Steine, umgeben von winzigen, scharf geschliffenen Brillanten, in denen sich jedes Licht in diesem Zimmer widerspiegelt. Der Prinz scheint Gefallen daran zu finden, die Halskette direkt über die Wunden an meinen Hals zu legen, die der Strang verursacht hat. Ich gewähre ihm nicht noch ein zusätzliches Vergnügen, indem ich ihn sehen lasse, wie weh es tut.
    Sein Geschenk verbirgt meine Verletzung nicht. Es hebt sie vielmehr noch stärker hervor. Ich möchte die Kette abreißen und wegwerfen, aber natürlich wage ich nicht, das zu tun.
    Der Prinz weiß, was ich empfinde. Er lächelt, und ich hasse ihn.
    Er hält das dritte Kästchen einen Moment hoch. Ich warte darauf, dass er fragt, wo April ist, aber stattdessen sagt er: »Es ist beinahe soweit.« Und klopft die Fingerspitzen in einer Geste gegeneinander, die vielleicht von Schadenfreude künden soll. »Meine aufwendigste Party«, fügt er hinzu. »Seit Jahren habe ich sie geplant. Ich hoffe, ihr amüsiert euch.«
    Er greift nach der Hand meiner Mutter, um sie zu küssen, und sein Mund schwebt über dem verkrüppelten Finger. Als seine Lippen ihre Haut berühren, dreht sich mir schier der Magen um, und er schaut auf und begegnet meinem Blick.
    Dann treten zwei seiner Wachen ein. Jede von ihnen nimmt einen Arm meiner Mutter, und sie führen sie weg. Sie lächelt mir beruhigend zu, als sie sie praktisch rausschleppen.
    »Wenn ihr meine Nichte findet, bringt sie zu mir«, sagt er zu ihnen, als sie weggehen. Und dann richtet er seine Aufmerksamkeit wieder ganz auf mich.
    »Ich möchte, dass du mit mir gehst«, sagt er. »Denn wir beide werden ein bisschen Spaß zusammen haben. Spielst du gern Spiele?«
    »Nein.«
    Aber das ist natürlich nicht von Bedeutung. Er reicht mir einen schwarzen Satinbeutel, der mit Samt ausgelegt ist. Eine schwere Silberschnur, die ich um mein Handgelenk wickeln kann, verschließt ihn.
    »Der Ball wird in sieben miteinander verbundenen Räumen stattfinden«, sagt er zu mir. »In jedem Raum habe ich etwas versteckt, das eine besondere Bedeutung für dich hat. Wenn du findest, was ich versteckt habe, und die Gegenstände in diesen Beutel legst, bevor die Zeit abgelaufen ist, hast du gewonnen.«
    »Was habe ich dann gewonnen?« Meine Stimme hat noch nie so kalt und gefühllos geklungen. Nicht einmal in den Momenten, als ich versucht habe, Mutter für all die Kränkungen zu

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