Das Lied des Todes
Lombardei nannte, um an der Seite des Sachsenkönigs gegen irgendeinen anderen König zu kämpfen.
So lautete der Auftrag, und Vemund war es vollkommen egal, für wen und gegen wen er kämpfte. Nur der Kampf war wichtig, und dass er endlich seine Schwertklinge im Blut baden und mit jedem getöteten Mann seinen Ruhm mehren konnte. Und die Aussicht, von Odins Schlachtjungfrauen auserwählt zu werden.
Deshalb war es von großem Vorteil, in der Haustruppe des Grafen zu dienen, in die nicht jeder Mann aufgenommen wurde. Vemund hatte sich in der Mark einen guten Ruf erarbeitet. Bereits als junger Mann hatte er drei Männer getötet. Sie waren Brüder, die Söhne eines Bauern, dessen Hof eine halbe Tagesreise vom Anwesen seines Vaters entfernt lag. Jahrelang hatte es Streit zwischen den Bauern gegeben. Vemund hatte diesen Streit schließlich mit einem Beil aus dem Weg geräumt. Sein Vater entrichtete voller Stolz das Blutgeld für seinen Sohn, der sich daraufhin in der Leibgarde des Dänenkönigs Harald Gormsson andiente. Damit war die Sache aus der Welt geschafft, und als der Graf den König um Unterstützung für einen Kriegszug gegen den Seeräuber Sigurd bat, fiel die Wahl auch auf Vemund. Das war im vergangenen Herbst gewesen, und es war eine wahre Freude, unter der Führung des Grafen die Stadt in ein Schlachtfeld zu verwandeln und niederzubrennen.
Der Graf war mit Vemund zufrieden und hatte ihm das Angebot gemacht, der Haustruppe beizutreten, in der neben Sachsen auch einige Dänen dienten. Vemund hatte keinen Augenblick gezögert. Er würde niemals das Gefühl vergessen, wie es war, sich das erste Mal den blutroten Mantel umzuhängen. Nun war er einer von ihnen. Einer jener Krieger, bei deren Anblick sich die Menschen in ihren Häusern verkrochen und Väter freiwillig ihre Töchter herausgaben, um das eigene Leben zu retten.
«Hast du das gehört?», fragte Bresti in Vemunds Gedanken hinein.
«Hm? Was soll ich gehört haben?»
Bresti zeigte auf den einzigen Baum in der Nähe des Zeltes, an dem man das Pferd des Grafen angebunden hatte.
«Es hat geschnaubt», sagte Bresti.
«Das tun Pferde manchmal.»
«Es klang irgendwie unruhig. Vielleicht will es fressen.»
Vemund schüttelte den Kopf. Er selbst hatte dem Tier vorhin eine Armladung Heu gebracht. Wie er im Mondschein erkennen konnte, war noch immer reichlich Heu übrig. Allerdings hatte das Pferd den Kopf gehoben. Es fraß nicht mehr und ließ erneut ein Schnauben hören.
Bresti hatte recht. Irgendetwas stimmte nicht.
«Ich werde nachschauen», sagte Vemund.
Er blieb jedoch stehen, als er die Schatten von drei Männern aus Richtung der anderen Zelte herankommen sah. Als sie sich näherten, erkannte er die Heerführer Gunther und Barthold. Den dritten Mann hatte Vemund noch nie gesehen. Es war ein dicker Kerl, mit Doppelkinn und rundem Gesicht, der sich fortwährend Schweiß von der Stirn wischte, was ungewöhnlich war in dieser sternklaren, kühlen Nacht.
Ungewöhnlich war auch, dass die Heerführer ohne Begleitung ihrer Leibwachen waren. Aber es war nicht Vemunds Aufgabe, sich um die Sicherheit von Männern zu sorgen, die ihn nicht dafür bezahlten.
Die drei blieben vor dem Eingang stehen. Barthold hielt eine Fackel, in deren Schein sein hellblauer Mantel leuchtete. Er rief den Namen des Grafen. Der Dicke warf Vemund und Bresti einen Blick zu. Es gefiel Vemund, dass in dem Blick eine gewisse Angst lag. Dann schaute der Dicke über die Schulter in die Richtung zurück, aus der sie gekommen waren.
Das Tuch am Eingang wurde zur Seite geschlagen. Ernust, der erst vor kurzem hineingegangen war, kam heraus, ging zu den Männern und wechselte einige Worte mit ihnen.
Vemund verstand nicht, was sie sagten. Dafür hörte er erneut das Pferd schnauben.
Ernust verschwand wieder im Zelt und kehrte mit Graf Thankmar zurück.
Der Dicke zuckte zusammen, und während der Graf auf ihn einredete, rann ihm der Schweiß in Strömen vom Gesicht. Mondlicht fing sich in den glitzernden Tropfen.
Als ihm der Graf einen Lederbeutel reichte, öffnete er ihn, begutachtete die Münzen, die darin waren, und ließ den Beutel unter seinem Hemd verschwinden. Der Beutel war prall gefüllt. Vemund nahm an, dass es ein Vermögen sein musste.
Der Graf holte etwas anderes aus seinem Mantel hervor, das er dem Dicken zeigte, der es mit weit aufgerissenen Augen anstarrte. Vemund konnte zunächst nicht erkennen, worum es sich handelte, da der Graf ihm den Rücken zukehrte. Als der Graf
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