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Das Lied des Todes

Das Lied des Todes

Titel: Das Lied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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können.»
    «Schwäne?», entgegnete Aki überrascht.
    «Ja, Schwäne.»
    Hatte Aki sich geirrt, und Thankmar und der andere Mann planten doch nichts Böses? Aber warum taten sie dann so geheimnisvoll, wenn es doch nur um Schwäne ging? Aki erinnerte sich daran, dass Brun damals in Sankt Pantaleon gemeint hatte, der König liebe gebratene Schwäne.
    «Hat der Mann in dem blauen Mantel noch etwas anderes gesagt?»
    «Du bist aber neugierig, junger Mann», tadelte ihn der Alte. «Ich glaube nicht, dass eine solche Neugier im Sinne unseres Herrn ist.»
    «Nur noch diese eine Sache.»
    «Also gut. Der Mann wollte vom Koch wissen, welches der Tiere zuerst an die Tafel des Königs gebracht wird.»
    Aki drehte sich zum Koch um, der auf einer großen Holzplatte die fünf Schwäne zu einem anderen, etwas abseits stehenden Tisch brachte. Dort machte er sich daran, die Nähte von vier Schwänen aufzutrennen und das gegarte Obst herauszunehmen, das er in einer Holzschale sammelte. Dann zog er den Gegenstand, den der Blaumantel ihm gegeben hatte, unter seiner Schürze hervor.
    Jetzt sah Aki, dass es eine Flasche war.
    Der Koch entkorkte sie, schüttete einen Teil des Inhalts über das Obst und stopfte es anschließend wieder in die Vögel. Die Nähte verschloss er mit einem Faden, den er mit Hilfe eines kleinen Spießes durch das Fleisch der Tiere schob. Als alle vier Schwäne zugenäht waren, beträufelte er sie mit der Flüssigkeit und rief dann einen Mann zu sich, der auf die Braten aufpassen sollte. Der Koch entfernte sich und stellte die Flasche in einer Nische hinter einem Ofen ab.
    Zwei Mäuse flitzten an seinen Füßen vorbei.
    «Verdammte Viecher!», fluchte der Koch. «Warum hat sie noch niemand getötet? Muss ich mich um alles allein kümmern?»
    Er trat nach den Mäusen und traf eine, die mit voller Wucht gegen die Wand geschleudert wurde. Die Maus war augenblicklich tot.
    «So geht das!», knurrte er, wischte sich Schweiß von der Stirn und rief: «Weitermachen! Schneller, ihr lahmes Gesindel …»
    In dem Moment drang der anhaltende Laut eines Horns aus dem Festsaal in die Küche. Alle hielten inne und schauten von ihren Arbeiten auf.
    Die Könige waren eingetroffen!
    Der Koch hastete zum Tisch mit den Schwänen, rief einige Diener zu sich und redete gestikulierend auf sie ein. Dabei zeigte er auf die Schwäne. Aki verstand wieder kein Wort.
    «Und jetzt würdest du wohl gern wieder wissen, was er sagt», meinte der Alte.
    Aki nickte eifrig.
    Der Alte lachte. «Du gefällst mir, ja, irgendwie gefällst du mir. Er erklärt ihnen, in welcher Reihenfolge sie die Braten auftragen sollen.»
    Aki schaute zum Koch und sah, dass der gerade einen Diener mit dem Schwan losschickte, den er nicht mit dem Inhalt der Flasche übergossen hatte.
    «Das ist der erste Braten, der nun für den Vorkoster aufgetischt wird», erklärte der Alte.
    Aki nickte, wandte sich vom Tisch ab und ging zum Ofen. Ihm war ein schrecklicher Gedanke gekommen, und als er hinter den Ofen schaute, sah er seinen Verdacht bestätigt.
    Die Flasche war umgekippt. Unterhalb des Flaschenhalses hatten sich ein paar Tropfen der Flüssigkeit gesammelt. In der kleinen Pfütze lag nicht nur die eine Maus, die der Koch vorhin erwischt hatte, sondern da lagen insgesamt vier Mäuse. Sie waren tot.
    Aki schnappte nach Luft. Es war Gift!
    Er wirbelte herum. Er musste die Menschen im Festsaal warnen! Doch er kam nicht weit. Direkt vor ihm stand der Koch. Aki prallte gegen den harten, runden Bauch. Der Koch glotzte ihn mit weit aufgerissenen Augen an, und in seinem Blick erkannte Aki Wut, aber auch Angst.
    Ehe er sichs versah, hatte ihn der Koch gepackt und drängte ihn zu einer Kammer im hinteren Bereich der Küche. Aki versuchte sich loszureißen, doch der Koch war viel stärker, riss die Tür der Kammer auf und schubste ihn hinein. Er konnte gerade noch sehen, wie die Diener die Schwäne in den Saal brachten.
    Dann wurde die Tür zugeknallt und von außen ein fester Riegel vorgeschoben.

71.
    Er war ein Jäger auf der Jagd.
    Sein Blick glitt durch den Saal, über die Tische, bis er seine Beute sah.
    Gleich nachdem Hakon die Halle betreten hatte, hatte er sich in eine dunkle Ecke zurückgezogen. Jetzt drehte er sich zur Wand und zog das Messer unter der Kutte hervor. Als er sich wieder dem Saal zuwandte, hatte er die überkreuzten Hände in die weiten Ärmel geschoben. Das Messer hielt er darunter verborgen in der rechten Hand.
    Er setzte sich in Bewegung, ging langsam

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