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Das Lied des Todes

Das Lied des Todes

Titel: Das Lied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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Ochsen erwürgen und verschlingen, und als ich eines Tages … He, Junge! Wo willst du hin?»
    Aki hatte die Teile des zerbrochenen Löffels genommen und sich erhoben.
    «Ich hole einen neuen Löffel.»
    «Das ist nicht nötig. Man wird uns einen neuen bringen …»
    Aber Aki war bereits außer Hörweite.

70.
    Vor der Küche versperrten ihm zwei Soldaten den Weg.
    «Zutritt nur für Küchenbedienstete», knurrte einer. Er sah aus, als würde er gleich die Zähne fletschen.
    «Ich soll einen neuen Löffel holen», erwiderte Aki.
    Der Soldat nahm ihm die Teile aus der Hand und begutachtete sie. «Der zerbricht nicht so einfach.»
    «Ich bin draufgetreten», log Aki.
    Er versuchte am Soldaten vorbei in die Küche zu schauen, aus der ihm ein undefinierbares Stimmengewirr und die Hitze der Öfen und Feuer entgegenschlugen. Dutzende Menschen waren mit der Zubereitung der Speisen beschäftigt, schnitten Zwiebeln, zerteilten Tiere und füllten Kochtöpfe und Öfen. Auf den Tischen türmten sich Berge von Fleisch und Gemüse.
    Eine laute Stimme hallte durch die Küche: «Tötet sie endlich!»
    Aki sah einen dicken Mann mit Schürze, offenbar ein Koch, der mit erhobenen Fäusten durch den Raum tobte. Plötzlich blieb er stehen und ließ die Hände sinken. Vor ihm stand der Blaumantel. Der Gesichtsausdruck des Kochs veränderte sich schlagartig. Schien er eben noch außer sich vor Wut zu sein, so wirkte er nun geradezu ängstlich. Er zog die Schultern ein.
    Aki erkannte ihn wieder. Der Dicke war, ebenso wie der Blaumantel, gestern Nacht im Heerlager gewesen. Irgendetwas ging hier vor, irgendetwas, bei dem der Graf die Fäden zog.
    «Draufgetreten?», fragte der Soldat. «Du Leichtgewicht willst diesen Löffel zerbrochen haben?»
    «Ja», sagte Aki schnell.
    «Für wen ist der Löffel?»
    «Für den Erzbischof Brun von Colonia.»
    Der Soldat schaute an Aki vorbei zur Festtafel und gab Aki die Teile zurück.
    «Dann beeil dich!»
    Aki murmelte einen Dank und schlüpfte an den Soldaten vorbei. In der Küche warf er die Holzstücke in einen mit Gemüseabfällen gefüllten Eimer.
    Der Blaumantel stand mit dem Rücken zu ihm. Aki wagte sich so weit vor, bis er dicht bei ihnen war. Er stellte sich neben einen älteren Mönch an den Tisch, griff nach einer Zwiebel, begann die Schale abzuziehen und lauschte. Aber die Männer redeten zu leise.
    Nach einer Weile zeigte der Koch auf ein großes, bereits gebratenes Geflügeltier, das bei vier anderen Braten auf einem Tisch lag. Daraufhin zog der Blaumantel einen Gegenstand hervor. Wahrscheinlich war es derjenige, den er von Thankmar bekommen hatte. Er gab ihn dem Koch, der ihn unter seiner Schürze verschwinden ließ.
    Aki hatte wieder nicht sehen können, was es war.
    Als der Blaumantel sich umdrehte, wandte sich Aki schnell wieder der Zwiebel zu und zupfte an der Schale herum, während der Mann an ihm vorbei aus der Küche eilte.
    Der Koch starrte ihm hinterher. Dann stieß er einen tiefen Seufzer aus, und sein Blick fiel auf Aki.
    Er rief ihm etwas zu. Aki machte eine entschuldigende Geste. Der Koch wechselte in die Sprache der Sachsen, die Aki inzwischen leidlich verstand.
    «Was machst du da?», schnauzte er Aki an.
    Das teigige Gesicht verwandelte sich wieder in eine wütende Grimasse.
    «Zwiebeln schälen», antwortete Aki.
    Auf der hohen Stirn des Dicken glitzerten Schweißperlen wie Morgentau auf einem Kohlkopf.
    «Mit den Fingern?», rief der Koch. «Wo kommst du überhaupt her? Hier macht wohl jeder, was er will! Bei Tagesanbruch habe ich gesagt. Bei Tagesanbruch – und nicht erst am Mittag!»
    Aki wollte sich gerade eine Ausrede ausdenken, als der Koch ihm zuvorkam.
    «Besorg dir ein Messer und dann schneide die Dinger so, wie es sich gehört!»
    Kopfschüttelnd stapfte er zu dem Tisch mit dem gebratenen Geflügel.
    Der Mönch, der neben Aki stand, und sich ebenfalls mit Zwiebeln abplagte, reichte ihm ein kleines Messer. Dabei verdrehte er die Augen, wohl um Aki sein Mitgefühl auszudrücken.
    «Hast du gehört, worüber der Koch und der andere Mann geredet haben?», fragte Aki auf Latein.
    Der Mönch starrte ihn verwirrt an. «Warum willst du das wissen?»
    «Bitte!»
    Der Mönch zuckte die Schultern. «Der Koch hat erklärt, wie man die Schwäne zubereitet. Die Vögel werden mit Gewürzen eingerieben, ihre Bäuche mit getrockneten Äpfeln und Birnen gefüllt, und dann werden sie zugenäht. Fünf Schwäne sind bereits fertig, sodass sie gleich aufgetragen werden

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