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Das Lied des Todes

Das Lied des Todes

Titel: Das Lied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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mit allen Gerätschaften, die man brauchte, um eine gewaltige Anzahl Menschen zu verköstigen. An den Wänden standen Öfen, in denen Weizenbrote gebacken wurden, über offenen Feuern brodelte es in Kesseln. Tische reihten sich aneinander. Bedienstete kneteten Teig, nahmen Fische aus, schnitten Gemüse und zogen Hasen, Bibern und Ottern die Felle ab. Unter der Decke baumelten tote Tiere. Hakon sah Mönche, die einen gehäuteten Hirsch bearbeiteten und ihm Beine und Kopf abschnitten. Und über all dem Durcheinander aus Lärm, Feuer, Schweiß und Blut schwebte der Geruch von Gewürzen, gebratenem Fleisch und gebackenem Brot.
    Hakons Magen knurrte wie ein wütender Wolf.
    Sie durchquerten die Küche, ohne dass der Koch sie ein weiteres Mal aufhielt, und kamen zu einer breiten Tür.
    «Der Festsaal», flüsterte Malina und zeigte auf den Durchlass.
    Hakon schaute noch einmal in die Küche. Der Koch war auf einen Schemel geklettert und starrte auf irgendetwas zu seinen Füßen.
    Hakon und Malina schoben sich weiter zur Tür. Hinter dem Durchgang, der so breit war, dass man auch größere Dinge hindurchtragen konnte, öffnete sich vor Hakons Augen ein riesiger Saal. Er war vollgestellt mit Dutzenden Tischen, an denen die Gäste saßen. Der Durchgang wurde von Soldaten bewacht, die Hakon und Malina den Rücken zukehrten und ihre Aufmerksamkeit auf den Saal richteten.
    «Siehst du den Mann, den du suchst?», fragte Malina.
    Hakon schüttelte den Kopf. «Wenn er hier ist, werde ich ihn finden, und ich spüre, dass er hier ist.»
    «Pass auf dich auf, mein Krieger. Versprichst du mir das?»
    Er schaute in ihr Gesicht und auf ihre lächelnden Lippen.
    «Versprich es mir», bat sie.
    Er riss seinen Blick los und ging zur Tür.
    «Mäuse!», hörte er hinter sich den Koch brüllen. «Verdammte Mäuse! Tötet diese Viecher!»
    Hakon schlüpfte an den Soldaten vorbei und trat in den Saal.

69.
    Aki beobachtete den Grafen.
    Er saß in der Mitte an einer langen Tafel, die offenbar den wichtigsten Amts- und Würdenträgern vorbehalten war. Der Tisch war vollbesetzt, bis auf jene drei Plätze am hinteren Ende, wo die Stühle für die Herrscherfamilie standen. Der junge König, sein Vater und dessen Gemahlin ließen auf sich warten. Daher herrschte im Saal ein munteres Durcheinander aus Stimmen und den Klängen von Lauten und Flöten.
    Wie schon vor dem Atrium war es Aki und Ketil auch beim Palas gelungen, mit Hilfe der Urkunde in den Festsaal zu gelangen. Sie hatten darauf achtgegeben, dem Erzbischof nicht über den Weg zu laufen, aber ihre Sorge war unbegründet. Als Brun in der Halle erschien, hatten Aki und Ketil längst ihre Plätze eingenommen und saßen nun an einem der kleineren Tische, die man rings um die Tafel aufgestellt hatte.
    Gut ein Dutzend Männer saßen mit ihnen am Tisch. Es waren fast alles Adlige, die die Anwesenheit der Mönche mit einigem Erstaunen zur Kenntnis nahmen. Natürlich hielten sich im Festsaal noch andere Mönche auf. Aber sie standen abseits der anderen Gäste und warteten auf ihre Aufgabe, die darin bestand, den Einzug der Herrscher mit Psalmen und Liedern zu begleiten – und nicht mit den hohen Herrschaften zu speisen und zu trinken.
    Ein finsterer Blick aus Ketils dunklen Augen hatte jedoch jede Diskussion im Keim ersticken lassen. Dem Adel blieb nichts anderes übrig, als zusammen mit Gottes einfachen Dienern den Tisch zu teilen.
    Aki schaute sich in der Halle um. Niemals zuvor hatte er so viele Kostbarkeiten gesehen. Der Saal bot eine faszinierende Zurschaustellung von Reichtum und Macht. Dagegen erschien ihm die Versammlungshalle von Haithabu, in der Harald Gormsson bisweilen einkehrte, wie eine armselige Fischerhütte. Die Wände im Festsaal waren mit seidenen Tüchern und kunstvoll gewebten Teppichen behängt, mit Schilden aus Silber, mit Schwertern und Lanzen. Es gab Geweihe von Hirschen und Elchen und ausgestopfte Köpfe von Wildschweinen, Bären, Wölfen, Füchsen und Tieren, die Aki noch nie zuvor gesehen hatte. Auf den Tischen brannten Bienenwachskerzen, an den Wänden Fackeln. In Kaminen loderten Feuer, deren Flammen die Halle in ein geheimnisvolles Licht tauchten und flackernde Schatten an die Wände warfen, die die Tierschädel wie Dämonen aussehen ließen.
    «Weißt du, was das da ist?», fragte Ketil und zeigte in Richtung der Königstafel.
    Aki schreckte aus seinen Gedanken auf. «Der Graf?»
    «Nein. Ich meine den Tierkopf über dem Stuhl des Königs.»
    Aki verneinte und

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