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Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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mich nun allein « , befahl er, winkte jedoch Bratler und Kärner zu sich heran. » Ihr bleibt. Ich habe noch mit euch zu reden. Heute werdet ihr eure neuen Namen erfahren, die der Herr mir für euch gegeben hat. «
    Während die anderen Männer den Raum verließen, bedeutete der Prophet den beiden, näher zu treten. Seine Lippen hoben sich zu einem dünnen Lächeln.
    » Wegen ihres Feuereifers nannte Christus seine zwei Jünger Jakobus und Johannes Donnersöhne « , begann er, erhob sich und legte Kärner und Bratler je eine Hand auf die Stirn. » Ferdinand, von heute an sollst du Jakobus heißen « , erklärte er. » Und du, Dietrich, trägst von heute an den Namen Johannes. Nun aber wollen wir über den Tuchhändler sprechen. «

KAPITEL 34
    W ie sollte Anna ihrem Onkel entgegentreten, wenn er vor ihrer Tür stand? Diese Frage war ihr tagelang durch den Kopf gegangen und löste zunehmend Unruhe in ihr aus. Daraufhin hatte sie sich auf jede seiner möglichen Fragen die passenden Antworten zurechtgelegt. Aber Gerald Pfanner war nicht erschienen. Mariä Lichtmess war vorüber, als ein Gedanke in ihr zu reifen begann. Je länger sie darüber nachdachte, umso mehr hob sich ihre Stimmung.
    Es war früh am Morgen, und Sebastian fütterte Lenchen mit Getreidebrei. Überhaupt waren er und das Kind gute Freunde geworden. Die Kleine liebte es, mit ihm zu spielen und zu scherzen. Liebevoll betrachtete Anna die beiden, während sie in ihrem Frühstück herumstocherte. Die Morgensonne warf goldene Schimmer auf Lenchens Lockenkopf. Sie lachte vor Vergnügen, als Sebastian für sie Grimassen zog. Anna wurde warm ums Herz. Bald jedoch kehrten ihre Gedanken zum Ausgangspunkt zurück, und sie blickte nachdenklich aus dem Fenster. Die klare, klirrende Kälte lud zu einem Spaziergang ein.
    » Sebastian, könnte ich dir die Kleine für eine Weile überlassen? Ich möchte zur Fleischbrücke und mich bei den Händlern erkundigen, ob sie eine Arbeit zu vergeben haben. Mit etwas Glück kann ich dabei auch ein gutes Stück Suppenfleisch bekommen. « Von dort aus wäre es nicht weit zur Findelgasse, fügte sie in Gedanken hinzu.
    » Geh nur, Schwesterherz « , grinste ihr Bruder. Er zwickte Magdalena zärtlich in die Wange. » Wir wissen uns zu beschäftigen, nicht wahr, kleine Maus? «
    » Das sehe ich « , schmunzelte Anna.
    Er warf ihr einen nachdenklichen Blick zu. » Wieso erkundigst du dich eigentlich nicht bei Onkel Gerald? Vielleicht kann er eine tüchtige Frau wie dich im Geschäft brauchen. «
    » Das fragst ausgerechnet du mich, Sebastian, obwohl du ihm nach wie vor aus dem Weg gehst? «
    » Na ja « , erklärte er matt, » aber dies könnte eine Möglichkeit für eure Versöhnung sein, oder? «
    » Nein, ich werde ihn gewiss nicht um Hilfe bitten! Solange er nicht selbst auf diesen Gedanken kommt, werde ich mich weiterhin anderswo um Arbeit bemühen. «
    » Wahrscheinlich ist jeder Einwand von meiner Seite zwecklos, nicht wahr, Schwesterchen? «
    » Du hast es erfasst « , lächelte sie und warf den beiden eine Kusshand zu.
    Rasch zog sie sich im Flur den Umhang über, setzte ihre Witwenhaube auf und verließ das Haus.
    Beinahe windstill war es an diesem Morgen. Ihr Atem hinterließ feine Dampfwölkchen in der Luft, weshalb sie die Kapuze hochschlug und tief ins Gesicht zog. Das tat sie jedoch nicht nur, um sich vor der Kälte zu schützen, zu aufmerksam, ja lauernd waren die Blicke, die ihr folgten.
    Nachdem Anna den Marktplatz mit seinem geschäftigen Treiben überquert hatte, steuerte sie auf die Fleischbrücke zu, auf der die Marktschreier lautstark ihre Waren feilboten. Um sie hatte sich eine Traube von Menschen gebildet, die das Angebot der Fleischhauer argwöhnisch beäugten. Unter einem der Marktstände bemerkte sie, wie sich zwei Ratten um ein heruntergefallenes Fleischstück stritten. Kurz darauf verschwand eine von ihnen mit der Beute im Maul zwischen den Füßen der Umstehenden. Anna lenkte ihre Aufmerksamkeit einem anderen Stand zu.
    Ein hagerer Mann mit einem fliehenden Kinn hob eine Keule in die Höhe. » Liebe Leute, kommt herbei! « , rief er mit durchdringender Stimme. » Heute Morgen ist die Sau noch im Stall herumgelaufen. Schon diesen Abend könnte ein schönes Stück von ihr auf eurem Teller liegen! Tretet nur näher, junges Weib! «
    Anna lehnte dankend ab. Dem penetranten Geruch des Fleisches nach zu urteilen, war das Tier vor mehr als einer Woche geschlachtet worden. Da würden selbst die kräftigsten

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