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Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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sie zu küssen, lächerlich gemacht. Unwirsch verscheuchte er eine Fliege, die sich auf seine Wange gesetzt hatte. Der Traum, der ihn vor einigen Nächten geplagt hatte, trug auch nicht gerade zu einer Stimmungsaufhellung bei. » Dich soll ich zum Mann nehmen? « , hatte Barbara im Traum auf seinen Heiratsantrag hin ausgerufen und ihn ausgelacht. Er verzog das Gesicht. Es stimmte ja. Er besaß nichts außer seiner Liebe zu ihr. Aber selbst wenn er bald eine anständige Arbeit finden sollte – wie lange würde es dauern, bis er in der Lage war, ihr ein gutes Leben zu bieten? Bis dahin würden sicher mehrere Jahre ins Land ziehen. Ob sie so lange auf ihn wartete? Was passierte, wenn ein anderer Verehrer daherkäme, der mehr zu geben hatte? Würde sie ihn dann freundlich darauf aufmerksam machen, dass sie sich für den Konkurrenten entschieden hatte?
    Anna riss ihn aus seinen düsteren Gedanken, als sie auf den Wagen stieg. » Lass uns weiterfahren « , bat sie leise.
    Gegen Abend erreichten sie die Stadtmauern Ansbachs. Sebastian band das treue Zugpferd auf einer Wiese an einen der dafür vorgesehenen Pflöcke. Seine Schwester machte sich an einem Sack zu schaffen, aus dem sie einen Armvoll Heu hervorholte und vor dem Pferd ablegte, das sich sogleich hungrig darüber hermachte. Die Sonne war im Begriff, hinter den vor ihnen liegenden Stadtmauern unterzugehen, deshalb suchten sie auf dem direkten Weg den Gasthof auf, in dem die Dürerin ihnen zwei Kammern bestellt hatte. Nach einem einfachen, aber reichhaltigen Abendessen fielen sie alsbald in ihre Betten.

KAPITEL 40
    M einst du, das Geschäft ist schon geöffnet? « , fragte Anna ihren Bruder am folgenden Morgen, nachdem sie den Gasthof verlassen hatten.
    » Bestimmt. Frau Dürer hat uns doch angekündigt. Ephraim ben Jakob wird uns also erwarten. «
    Nachdem Rupert zu ihnen gestoßen war, und sein Reittier bestiegen hatte, machten sie sich auf die Suche nach dem Viertel, in dem die jüdischen Händler lebten und ihre Geschäfte betrieben. Ein aus einer Schänke tretender Mann erklärte ihnen den Weg zu einem Tor in einer mannshohen Mauer, die das Wohnviertel der Juden von den übrigen Straßen der Stadt trennte. Dann standen sie vor dem Haus des Händlers. Rasch einigten sich die drei darauf, dass Rupert draußen warten sollte, während die Geschwister das Geschäft abwickelten. Sebastian rieb die feuchten Hände an seiner Hose ab und trat ein. Die Aromen verschiedener exotischer Duftwasser und Gewürze hüllten sie augenblicklich ein. Überall standen Talglichter verteilt und verbreiteten ein angenehmes Licht. Links und rechts des ausladenden Raumes befanden sich eine Vielzahl Regale, die bis zur Decke reichten. Halbedelsteine und Kristalle standen dort ebenso aufgereiht wie versteinerte Muscheln und andere kleine Tiere.
    » Schau mal, Sebastian « , flüsterte seine Schwester und streckte die Hand nach einem sandfarbenen, steinartigen Gebilde aus, das ganz deutlich die Form einer handtellergroßen Schnecke zeigte. Feine, dunklere Maserungen ließen sie ungewöhnlich echt erscheinen. » Hast du so etwas schon mal gesehen? «
    » Das ist ein ungeschliffener Goniatit, eine Schneckenart. « Die Geschwister fuhren beim Klang der tiefen Stimme zusammen und drehten die Köpfe. » Sie wurde im Königreich Marokko gefunden und ist unvorstellbar alt. «
    Lautlos hatte sich ihnen ein schlanker Mann in einem bodenlangen Gewand mit weiten Ärmeln genähert. Seine Haut schimmerte in einem Bronzeton, seine Augen waren rund und schwarz wie die Nacht.
    » Friede sei mit Euch und herzlich willkommen in meinem bescheidenen Reich « , begrüßte er sie mit einer tiefen Verbeugung. » Mein Name ist Ephraim ben Jakob. Mit wem habe ich bitte das Vergnügen? « Trotz seiner einwandfreien Aussprache war ein harter, fremd klingender Akzent unüberhörbar.
    Alles an diesem Mann wirkte ausgesprochen vornehm, und Sebastian senkte die Lider. » Sebastian Stäubling und Anna Dietl. Wir kommen im Auftrag von Meister Dürer. «
    » Ach, des Meisters junge Freunde « , lachte der Händler und breitete die Arme aus.
    Sebastian fuhr sich über die Lippen.
    » Bitte entschuldigt unser frühes Erscheinen « , mischte sich Anna mit einem schüchternen Lächeln ins Gespräch.
    Der Jude machte eine wegwerfende Handbewegung. » Ich bitte Euch! Wenn Ihr näher treten wollt? «
    Der Händler geleitete sie in einen Nebenraum, dessen Boden komplett mit kunstvoll gewebten Teppichen ausgelegt war. Ein niedriger

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