Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)
ihr Patrizier habt es euch schon viel zu lange auf Kosten der Bürger und Bauern gut gehen lassen « , war Dürers scharfe Antwort.
Pirckheimer lachte auf. » Ihr meint, das rechtfertige das Zerschlagen der Altarbilder? Das kann nicht Euer Ernst sein. «
» Natürlich nicht, Willibald. Gebe Gott, diese Zerstörung möge nicht auch in unserer Stadt geschehen « , hörte Anna Albrecht Dürer antworten. » Ich liege so manche Nacht wach, weil mir um unsere schönen Kirchen und die Werke von Veit Stoß angst und bange ist. Wir können nur hoffen, dass der Rat hart durchgreift, sollte auch bei uns zum Bildersturm geblasen werden. «
» Vielleicht sollte ich Melanchthon einen Brief schreiben und ihn bitten, auf diese ungute Entwicklung Einfluss zu nehmen, wenn Luther schon nichts dagegen unternimmt « , erwiderte Pirckheimer. » Wir müssen uns ein andermal weiter darüber unterhalten. «
» Ja, ich habe ebenfalls zu tun. Unser Fuhrmann hat sich das Bein gebrochen, und ich benötige dringend einige Grundstoffe für Farben, die ich bei einem Ansbacher Händler bestellt habe. Da ich nicht selbst fahren kann, werde ich Sebastian hinschicken. «
» Du lauschst doch nicht etwa, Schwester? « Grinsend hob Sebastian den Zeigefinger, und Anna spürte, wie ihr die Wärme ins Gesicht stieg.
» Und du beobachtest mich nicht etwa, Brüderchen? « , gab sie im Flüsterton zurück. » Wie lange siehst du mir schon zu? «
Sein Grinsen wurde breiter. » Lange genug, wie’s aussieht. Was haben die Herren denn so Aufregendes zu besprechen? «
Anna maß ihn mit gespielter Strenge. » Ach, so neugierig? « Sie senkte die Stimme. » Genaues weiß ich auch nicht, leider konnte ich nicht alles verstehen. Aber sie diskutieren über Luther und die Zerstörung von Bildern, die er angeblich angeordnet haben soll. « Sie blickte sich um. » Lass uns rasch hier verschwinden, bevor sie uns erwischen. «
Sie zog ihren Bruder mit sich bis in die Küche und ignorierte Mariannes verwirrte Miene.
» Was suchst du eigentlich hier, Sebastian? Hast du nichts zu tun? «
Er verzog das Gesicht. » Hans hat mich weggeschickt. Er meinte, ich soll mich im Haus nützlich machen. «
Ihre Unterhaltung wurde jäh unterbrochen, da Susanne mit Lenchen die Küche betrat. Das Kind lief auf seine Mutter zu, und Anna schloss es in die Arme. Sogleich spitzte Lenchen die Lippen und gab ihr einen feuchten, klebrigen Kuss.
Auch Agnes Dürer kam herein. » Grüß Gott, alle miteinander. Ich gestehe, Magdalena erlaubt zu haben, von dem übrig gebliebenen Honigkuchen zu naschen « , lächelte sie entschuldigend, während Anna nach einem Tuch in ihrer Schürze nestelte, um der Kleinen den Mund abzuwischen. » Mein Mann und ich haben eine Bitte « , begann die Dürerin. » Albrecht hat bei einem Händler in Ansbach Lapislazuli-Pulver und Purpur bestellt. Der Mann heißt Ephraim ben Jakob und betreibt sein Geschäft im Judenviertel. « Frau Dürer seufzte. » Gestern Abend hat man uns durch einen Boten mitgeteilt, dass die bestellten Waren abgeholt werden können. « Sie hielt einen Moment inne und blickte Sebastian offen ins Gesicht. » Dringliche Angelegenheiten zwingen meinen Mann jedoch noch heute zu einem neuen, überaus wichtigen Auftrag. Deshalb möchten wir dich bitten, dass du mit deiner Schwester gleich morgen früh gemeinsam nach Ansbach fährst, um die Sachen abzuholen. «
Lapislazuli, Purpur. Anna kannte diese fremdartig klingenden Namen nur vom Hörensagen. Der Gedanke, derartige Kostbarkeiten in den Händen zu halten, löste einen Schauder in ihr aus. Was, wenn ihnen die Fracht verloren ging oder Wegelagerer … Sie wechselte einen schnellen Blick mit ihrem Bruder, der nun das Wort ergriff.
» Entschuldigung, Frau Dürer, mir ist nicht wohl dabei, meine Schwester mitzunehmen. Darf ich vielleicht allein fahren? «
» Nein, nein, Sebastian. Das ist zu gefährlich. Ich kann dich beruhigen: Wenn du mit Anna reist, wird niemand auf den Gedanken kommen, ihr zwei könntet etwas Wertvolles transportieren. Außerdem wird euch Rupert, einer meiner Knechte, in sicherem Abstand folgen. Das halten wir immer so. « Die Hausherrin strich Anna über den Arm. » Obendrein gibt es Euch die willkommene Gelegenheit, das Grab Eures lieben Mannes zu besuchen. Nun, was meint Ihr? «
» Natürlich, ich begleite meinen Bruder gern. «
Frau Dürer klatschte in die Hände. » Marianne, sorge bitte dafür, dass die beiden ausreichend Proviant mitbekommen, ja? Ein gutes Stück
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