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Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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Tisch aus dunklem Holz, auf dem ein silberner Kerzenleuchter und ein Glöckchen standen, sowie einige Sitzkissen vervollständigten das Inventar.
    » Bitte nehmt Platz. «
    Der Orienthändler trat an eine reich verzierte Truhe, entnahm ihr mehrere in Stoff gehüllte Päckchen und griff nach einer kleinen Glocke. Ein heller Ton erklang, und wenig später erschien eine schlicht gekleidete Frau mit streng nach hinten gekämmten Haaren. Ben Jakob sprach kurz mit ihr, und sie entfernte sich wieder.
    » Meine Frau Hanna « , erklärte er freundlich. » Sie wird uns Erfrischungen reichen. «
    Während sich Sebastian und Anna mit einem Becher kühlen Weines stärkten, erkundigte sich der Händler nach dem Wohlbefinden der Dürers, und Anna gab bereitwillig Auskunft.
    Schließlich beugte sich ben Jakob auf seinem Sitzkissen vor. » Ich nehme an, Ihr wart dort zur Herberge, wo auch Meister Dürer nächtigt, wenn er mich besucht. Wenn es Euch Christen nicht bei Strafe verboten wäre, über Nacht in unserem Viertel zu bleiben, hätte ich Hanna selbstverständlich gebeten, zwei Betten für Euch herzurichten. «
    » Das ist sehr aufmerksam, aber wir hatten eine angenehme Nacht « , erwiderte Anna. » Ich nahm an, in Ansbach würden die Juden … «
    » … besser behandelt, meint Ihr? « Ein bitterer Zug legte sich um die Lippen des Mannes. » Besser als in Städten wie Nürnberg gewiss, aber glaubt mir, ein Jude wird nirgends auf der Welt so behandelt, wie es sich für einen Menschen gehört. Auch in dieser Stadt sind wir nur geduldet. Die Vertreter der Stände drängen den Markgrafen Casimir und seinen Bruder Georg schon lange, das Judenviertel räumen zu lassen und uns aus der Stadt zu werfen. Schließlich sind wir die großen Konkurrenten der christlichen Händler. « Ben Jakob begann unruhig im Raum auf und ab zu gehen. » Dass Georg dieser Forderung des Landtages noch nicht nachgegeben hat, haben wir wahrscheinlich seiner Frömmigkeit zu verdanken. Es heißt, er stehe der lutherischen Lehre nahe. Außerdem bringen wir ihm Geld ein. Georgs Kassen sind angeblich leer. Bisher ist er den Wünschen der Ständevertreter nicht nachgekommen, aber die Leiter der jüdischen Gemeinde machen sich nichts vor – das Blatt kann sich jederzeit wenden, und dann gnade uns Adonai. «
    Bald darauf verabschiedeten sie sich von dem Orienthändler und machten sich auf den Weg zum Judentor. Zwei Büttel warfen Sebastian, Anna und Rupert argwöhnische Blicke zu, als sie, unter den Armen die sorgfältig verpackten Waren, das Tor passierten.
    Auf der Rückfahrt schielte Anna immer wieder zu den Päckchen hinüber, die sie unter einer Decke zu ihren Füßen verborgen hatte. Zu gern hätte sie einen Blick auf die kostbaren Pulver geworfen, die Meister Dürer zum Malen benötigte. Die Summe, die ben Jakob dafür erhalten hatte, war geradezu schwindelerregend hoch gewesen. Sie legte sich die Päckchen auf den Schoß, schlug die Decke darüber und lehnte sich zurück. Die Wolken hatten sich bald verzogen, und die Luft war von Vogelgezwitscher und dem gleichmäßigen Hufschlag ihres Pferdes erfüllt. Anna band die unbequeme Witwenhaube ab. Von den eintönigen Geräuschen und der zunehmenden Wärme träge geworden, schloss sie die Augen und nickte kurz darauf ein. Bis sie ungeduldig in die Seite gestoßen wurde. Anna blinzelte und sah geradewegs in das Gesicht ihres Bruders.
    » Sieh nur! « Sebastian wies mit dem Kopf geradeaus.
    Sie kniff die Augen zusammen und entdeckte unweit von ihnen einige Personen, die am Wegesrand unter einem Baum lagerten. Es waren jene Männer, denen sie schon auf der Hinfahrt begegnet waren.
    Sebastian hielt die Zügel straffer, und als sie noch etwa fünf Wagenlängen von der Gruppe trennten, blieben sie stehen.
    » Ich mach das schon. Du bleibst hier « , zischte er und sprang vom Wagen. » Grüß Gott. Kann ich helfen? « , rief Sebastian den Männern zu, die sich ächzend aufrappelten und den Staub von den Kleidern klopften.
    Anna konnte Sebastians Verhalten nachempfinden, immerhin hatte er selbst einige Zeit unter Bettlern und Dieben gelebt und fühlte sich den Ausgestoßenen der Gesellschaft noch immer verbunden.
    Ein hagerer, kahlhäuptiger Alter hob die Hand zum Gruß. » Vielen Dank, Jungspund « , erwiderte er nuschelnd. » Aber wir wollen nur ein Weilchen ruhen. Unsere Leiber sind alt und verbraucht. «
    Mehrere Fuhrwerke, hoch beladen mit Holzstämmen, ratterten an ihnen vorüber und wirbelten Staub auf. Anna

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