Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)
Mauer. » Wer seid Ihr? «
» Tilmann, Tilmann Schimpf « , kam es aus schwacher Kehle.
» Tilmann! « Seine Knie wurden vor Erleichterung weich.
Der Kupferschmied hob mühsam den Kopf. » Stäubling! Haben die Schweine dich also auch … « Krampfartiges Würgen unterbrach den einstigen Glaubensbruder, und im nächsten Moment schoss ein Schwall Galle aus seinem Mund.
Sebastian wandte sich um und wartete, bis Tilmann sich beruhigt hatte. » Was haben sie mit dir angestellt? «
» Ich sollte diesen Wahnsinnigen um Vergebung bitten, weil ich vor Gericht gegen ihn als Zeuge aufgetreten bin. Als ich mich weigerte, haben Kärner und Bratler mich zusammengeschlagen. «
» Diese Dreckskerle. Wie lange bist du schon hier? «
Der Kupferschmied hustete. » Eine Woche. Die Handlanger von Pankratius haben mich außerhalb der Stadt überfallen. Als sie mich herbrachten, sprachen sie von einem weiteren Verräter, den sie in den nächsten Tagen hier abzuliefern hätten. «
» Das dürfte ich gewesen sein « , erwiderte Sebastian und befeuchtete den trockenen Mund. Der Gestank war bestialisch. Wenn er nicht bald hier herauskäme, würde er verrückt. Hastig schaute er sich um. Es musste doch einen Weg hinaus … Er deutete zur Decke empor. » Das Loch dort oben ist groß genug, um hinauszuklettern, da vorn liegen jede Menge Strohballen. Komm, versuchen wir es! «
» Mit zusammengebundenen Füßen? Selbst wenn es uns gelänge – wir kämen nicht weit, ehe sie uns einholen. «
Da huschte etwas über den Boden, und Sebastian sprang zur Seite.
» Wie viele sind es? «
» Die beiden, die mich und wohl auch dich entführt haben, Ferdinand Kärner und Dietrich Bratler. Und der Hund. «
» Was für ein Hund? «
» So ein großer, kräftiger. Er gehört Kärner. Liegt an einer langen Kette vor der Haustür. An dem kommen wir niemals vorbei. « Wie zur Bestätigung erklang draußen lang gezogenes Geheul. Sebastian schluckte. » Pankratius sagt, er habe mit ›dem Herrn‹ über mich gesprochen. «
» Über dich auch? « Tilmann zog die Beine an und versuchte sich aufzusetzen.
Sebastian reichte ihm die Hand, und der andere lehnte sich gegen die Rückwand.
» Danke. Ich glaube, der Verrückte will uns umbringen. Kärner und Bratler sind ihm blind ergeben und haben schon mit der Brandstiftung in Erhardt Grubers Haus bewiesen, dass sie auch vor Mord nicht zurückschrecken. Vergiss nicht, durch unseren Verrat, wie sie es nennen, haben wir der Bruderschaft einen empfindlichen Schlag versetzt. Es wird lange dauern, bis Pankratius anderswo im Reich neue Anhänger um sich scharen kann. «
» Du glaubst, er wird weitermachen? «
» So einer gibt nicht auf, Sebastian. Ich habe mit angehört, wie Kärner und Bratler auf dem Hof darüber sprachen, dass sie nach Süden ziehen wollen, wenn ihr Elia erst mit uns fertig ist. «
Sebastian fühlte, wie ihm das Blut aus dem Gesicht wich.
KAPITEL 53
K onntest du ein wenig schlafen? « , erkundigte sich Korbinian, als er am Morgen die Küche betrat, und sah Anna besorgt an.
Sie schüttelte den Kopf. Nachdem sie sich stundenlang hin und her gewälzt hatte, war sie um Mitternacht leise aufgestanden und aus der Schlafkammer geschlichen. Wie sollte sie mit dem Wissen schlafen, dass ihr Bruder da draußen war und möglicherweise Hilfe brauchte? Sebastian musste irgendwo zwischen der Waaggasse und dem Haus der Freislers etwas zugestoßen sein. Geradezu rasend machte sie dieser Gedanke. Anna wanderte im Raum auf und ab. Korbinian schloss sie in die Arme. » Lass uns zum Rathaus gehen, Liebling. «
Statt einer Antwort machte sie sich von ihm frei, lief in Lenchens Kammer, hob das schlafende Kind aus dem Bett und trug es in den Flur. Ihr Mann hatte sich inzwischen Schuhe und Umhang angezogen.
» Wir bringen sie zu den Freislers, Anna. Sie werden uns bestimmt helfen. «
Schweigend zog sie der Kleinen einen leichten Mantel über, und sie verließen das Haus, um keine halbe Stunde später an die Tür des Steinmetzes zu klopfen.
» Noch immer keine Nachricht von Eurem Bruder? « , fragte Freisler, als die beiden mit dem Kind in der Küche Platz genommen hatten.
» Nein, leider nicht. «
Barbara und ihre Mutter kamen herein. Das Mädchen hörte noch Annas letzte Worte, schluchzte auf und warf sich seinem Vater an die Brust. Etwas unbeholfen strich er ihr über das offene Blondhaar und suchte Korbinians Blick.
» Wenn Ihr nichts dagegen habt, werde ich mich an der Suche beteiligen « , bot der
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