Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)
wann es so weit sei. « Pankratius lächelte dünn. » Ich denke, der Zeitpunkt ist gekommen, liebe Brüder. «
KAPITEL 51
W ir wollen nachher die Abendmesse besuchen. Hast du Lust, uns zu begleiten? « , wollte Korbinian von Sebastian wissen, als die drei eines späten Sonntagnachmittags in der Stube beieinandersaßen.
» Heute nicht. Ich habe etwas anderes vor, etwas sehr Wichtiges. «
Anna beugte sich über den Tisch. » Erzähl, Bruderherz. Was ist es? «
» Sei nicht so neugierig « , gab Sebastian grinsend zurück.
» Ich möchte nur wissen, was so wichtig ist, dass du dir Pfarrer Osianders Predigt entgehen lässt. «
» So gern ich ihn die neue Lehre verkünden höre « , er machte eine kurze Pause, um dann mit gehobener Stimme weiterzusprechen, » heute werde ich Michael und Katharina Freisler um die Hand ihrer Tochter bitten. «
» Du meinst, du kannst es wagen, obwohl du erst seit Kurzem in der Lehre stehst? « , schmunzelte Anna.
» Jetzt, da ich einer Arbeit nachgehe, gibt es für Barbaras Vater keinen Grund mehr, sie mir nicht in drei Jahren, wenn ich ein richtiger Buchdrucker bin, zur Frau zu geben. «
» Ich bin ganz deiner Meinung, Junge « , nickte Korbinian und schlug Sebastian wohlwollend auf die Schulter. » Weiß Barbara, dass du heute kommst? «
Er bejahte.
» Richte ihr und ihren Eltern bitte unsere Grüße aus. Wir sehen uns dann heute Abend, wenn wir von St. Lorenz zurück sind. «
Sebastian lächelte den beiden zu und verließ die Stube. Im Flur schlüpfte er in seinen leichten Umhang und die frisch geputzten Stiefel und verließ das Haus. Von der Waaggasse bis zum Wollnertor auf der anderen Seite der Pegnitz war es kaum eine halbe Stunde Fußwegs. Es nieselte, und auf dem Pflaster hatten sich Pfützen gebildet, in denen Vögel mit gespreizten Flügeln ein Bad nahmen. Er überquerte den Grünen Markt und lief Richtung Süden auf die Fleischbrücke zu. Während er den Fluss überquerte, legte er sich zum wiederholten Male die Sätze zurecht, die er an Barbaras Eltern richten wollte.
» Liebe Frau Freisler, verehrter Herr Freisler « , murmelte er, als er an einer Horde kleiner Kinder vorüberschritt. » Ich kenne Eure Tochter nun schon einige Zeit und liebe sie mehr als mein eigenes Leben. « Hörte sich das übertrieben an? Und wenn schon, das war es, was er empfand. » Als Geselle werde ich imstande sein, eine Familie zu ernähren. «
Da war die Gasse, an deren Ende das Wollnertor die Stadtmauer durchbrach. Das Haus und die Werkstatt des Steinmetzes lagen etwa in der Mitte der Häuserzeile.
Sebastians Schritte wurden zögernder. » Deshalb bitte ich Euch: Gebt mir in drei Jahren Eure Barbara zur Frau. Bis dahin will ich gern auf sie warten. «
Als er hinter sich Schritte vernahm, drehte er den Kopf. Zwei Gestalten näherten sich, Männer in langen Mänteln, die Gesichter im Schatten ihrer breitkrempigen Hüte. Sie flüsterten. Sebastian trat zur Seite, um die beiden passieren zu lassen. » Dank Euch « , drang es heiser zu ihm herüber, als der Erste an ihm vorbeiging. Im nächsten Augenblick umklammerten ihn kräftige Arme, die ihm hinterrücks die Luft aus dem Oberkörper pressten.
» He, was soll das? «
» Mach schon! « , zischte jemand.
Sebastian keuchte. » Lasst mich sofort los! «
Stattdessen zogen sie ihn in eine schmale Gasse.
» Das Tuch, schnell! «
Einer von beiden presste einen feuchten, widerlich riechenden Lappen auf seinen geöffneten Mund. Er würgte, trat um sich – vergeblich. Verzweifelt wand er sich, aber der Fremde war um einiges kräftiger als er und verstärkte zudem seinen Griff. Da streifte ihn ein fischiger Atem. Ein hastiges Schnaufen neben ihm.
» Bitte « , wimmerte Sebastian, » lasst mich los … «
Sie zogen ihm derben Stoff über Kopf und Schultern, dann folgte ein Schlag in die Magengrube, der ihn aufstöhnen ließ. Seine Beine gaben unter ihm nach, und er schlug mit den Knien schmerzhaft auf dem Pflaster auf. Sein Rachen wurde trocken, und das Letzte, was er wahrnahm, war sein eigenes, ersticktes Röcheln.
Der Pfarrer hatte den Abschlusssegen erteilt und eilte durch den Mittelgang an den Gläubigen vorüber zum Kirchenportal, wo er sich von den Gottesdienstbesuchern verabschiedete. Als Andreas Osiander Anna und Korbinian erkannte, legte sich ein Lächeln auf sein Gesicht. Anna ergriff die ausgestreckte Rechte des Mannes, dem sie so viel verdankte.
» Vielen Dank für Eure Predigt, Herr Pfarrer « , sagte sie. » Die Art, wie
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