Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)
mehr weit. «
Korbinian wies die anderen an, abzusitzen. Der Weg führte unmittelbar am Rand eines Wäldchens vorbei. » Bindet die Reittiere an die jungen Bäume dort « , ordnete er an, » Rupert, Ihr bleibt hier und passt auf die Tiere auf. «
Korbinian und Tilmann gingen voraus, gefolgt von Anna, Freisler, Georg Schlenk und Hans.
Anna spähte zwischen die Bäume und das Unterholz zu ihrer Rechten, wo sie eine Bewegung wahrgenommen hatte.
Sie blieb stehen und kniff die Augen zusammen. » Wartet « , brachte sie heiser hervor, » dort, zwischen den Bäumen … «
Korbinian trat neben sie, reckte den Hals. » Du hast recht, Anna, da ist jemand. «
In diesem Moment durchschnitt ein Schrei die Stille.
Anna spürte, wie sich ihre Nackenhaare aufstellten. » Das muss Sebastian sein. «
» Anna, warte! «
» Ich muss zu ihm! «
Korbinian und ihre Begleiter folgten ihr durch das nasse Gestrüpp, das den vom Regen vollgesogenen Waldboden bedeckte. Ein Zweig schlug ihr ins Gesicht, es war ihr gleich.
» Sebastian! «
Da war eine Bewegung, ganz nahe bei ihr. Ein Mann mit abstehenden blonden Haaren trat hinter einem mächtigen Buchenstamm hervor. In einer Hand hielt er ein Messer.
» Keinen Schritt weiter, wenn Stäubling nichts geschehen soll. «
Ein zweiter Mann tauchte hinter einem Gebüsch auf. Mit der linken Hand hielt er Sebastian umklammert, der Anna mit schreckgeweiteten Augen anblickte. An seinem Hals lag die Klinge eines Dolches.
Anna stieß einen gellenden Schrei aus und wollte vorwärtsstürzen, aber Korbinian hielt sie am Arm fest. » Dietrich Bratler, nicht wahr? « , rief er dem Mann zu.
» Ihr erinnert Euch an mich? «
» Natürlich, Ihr wart schließlich in meiner Werkstatt. Ihr seid zu zweit, wir zu fünft. Gebt auf und lasst Sebastian frei. Meine Frau und ich werden vor dem Richter ein gutes Wort für Euch einlegen. «
» Glaub ihm kein Wort, Johannes! « Der zweite Mann lachte boshaft auf. » Sobald sie uns haben, werden sie uns töten! «
Korbinian ließ Anna los. » Wir sind keine Mörder. «
» Mag sein, doch uns erwartet ohnehin der Scheiterhaufen. Wir haben nichts zu verlieren. Also verschwindet, sonst bekommt der Verräter die Klinge zu spüren. «
» Nein. « Anna ging langsam auf Sebastians Peiniger zu.
» Bleib stehen! « Korbinian wollte sie aufhalten, aber sie schritt einfach weiter und zwang sich, Bratler direkt in die Augen zu sehen. » Ich bitte Euch, lasst meinen Bruder los. «
» Bleibt stehen, sonst … «
Sie gehorchte. Nur wenige Schritte trennten sie noch von Bratler und ihrem Bruder. Sebastians Augäpfel traten hervor, als die Klinge tiefer in sein Fleisch schnitt. Ein Tropfen Blut quoll aus der Wunde. Anna konnte den Anblick kaum noch ertragen. Verzweifelt suchte sie nach einer Möglichkeit, den Mann vom Irrsinn seines Vorhabens zu überzeugen. Sie streckte den Rücken durch.
» Ihr nennt Euch inzwischen Johannes, oder? « Obwohl sie versuchte, die Unsicherheit in ihrer Stimme zu unterdrücken, gelang es ihr nicht.
» Ja, unser Prophet hat mir diesen Namen gegeben. «
Anna hob eine Hand. » Johannes war der Lieblingsjünger des Herrn, heißt es. Aber das wisst Ihr sicher. « Kurz begegneten sich Sebastians und ihre Blicke. Erneut richtete sie den ihren auf Bratler. » Johannes, ich bin sicher, Ihr habt das alles nicht gewollt. Als Ihr Euch der Bruderschaft angeschlossen habt, glaubtet Ihr, das Richtige zu tun. Ist es nicht so? Elia, wie Ihr ihn nennt, schien Euch der von Gott gesandte Prophet zu sein, der nur Gutes für unsere Stadt wollte. «
» Ja, so war es « , entfuhr es dem Mann.
Sein Glaubensbruder stieß ihm in die Seite. » Merkst du nicht, dass das Weib dich einwickeln will? «
Anna sprach unbeirrt weiter. » Ihr mögt schwere Schuld auf Euch geladen haben, im Grunde Eures Herzens jedoch seid Ihr kein Mörder, Johannes. Erst Elia hat Euch dazu gemacht. «
» Euer Bruder hat die Bruderschaft verraten « , widersprach Bratler und trat dabei von einem Fuß auf den anderen.
» Sebastian hat nur getan, was er für richtig hielt. Genau wie Ihr « , erklärte Anna so sanft sie es vermochte.
Aus dem Augenwinkel erkannte sie, wie sich Korbinian dem Mann unmerklich Schritt um Schritt näherte, während Hans, Tilmann und Georg Schlenk weiterhin in einiger Entfernung verharrten. Ein feines Rinnsal Schweiß rann ihr die Schulterblätter hinunter, als sie ebenfalls einen Fuß vor den anderen setzte.
» Ihr wart einst Glaubensgenossen, hattet dasselbe
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