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Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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«
    » Mich abzuholen? Wieso denn? «
    » Wir bringen Euch zum Lochgefängnis. «
    Zum Lochgefängnis? Unwillkürlich wich sie einen Schritt zurück, da streckte der kleinere der beiden Männer auch schon die Hand aus und umfasste schmerzhaft ihren Arm.
    » Aber … was wird mir denn vorgeworfen? « , brachte sie heiser hervor. » Ihr tut mir weh! «
    Sebastian war hinter sie getreten. » Was ist hier los? Lasst gefälligst meine Schwester los! «
    » Wer seid denn Ihr? « , fragte der zweite Büttel mit hochgezogenen Brauen.
    » Frau Dietls Bruder, wenn’s recht ist. Was wollt Ihr von ihr? «
    » Eure Schwester steht im Verdacht, ein wertvolles Gemälde von Meister Dürer gestohlen zu haben. «
    Sebastian baute sich vor den Männern auf. » Ach ja? Wer behauptet denn so etwas? «
    » Das würde ich auch gern wissen « , gab Anna zurück.
    » Der Ratssekretär. «
    » Ein Bild von Meister Dürer? Ihr müsst verrückt sein! Lasst mich los! «
    » Werdet nicht unverschämt, Frau Dietl. Wir haben unsere Befehle. « Zumindest lockerte der Mann seinen Griff ein wenig.
    Sebastians Stimme wurde schneidend. » Was soll der Unsinn, verdammt? Das Ganze muss ein Irrtum sein! Meine Schwester würde niemals stehlen, schon gar nicht bei jemandem, den sie verehrt! «
    » Das wird sich gewiss herausstellen « , erwiderte einer der Männer ungerührt. » Holt Euren Mantel und setzt Eure Haube auf. Und dann kommt mit uns. «
    » Meine Schwester geht nirgendwo hin! « Sebastian trat näher an einen der Büttel heran und senkte seinen Blick in den seines Gegenübers.
    » Wollt Ihr es drauf ankommen lassen? « , erwiderte der Mann mit der Narbe. » Vergesst nicht, wir sind im Auftrag des Rates hier. «
    Sie schüttelte den Kopf. » Aber ich habe ein kleines Kind, das mich braucht. Ich kann meine Tochter doch nicht einfach hier zurücklassen. « Anna wandte sich um und begegnete Sebastians entsetztem Blick. Die Geschwister fielen sich wortlos in die Arme.
    » Mach dir um Lenchen keine Sorgen. Ich bleibe bei ihr. Kann ich sonst noch etwas für dich tun, Liebes? « , wollte Sebastian mit brüchiger Stimme wissen.
    » Nein. Ich bin … ich bin so schnell wie möglich zurück. « Sie machte sich ruckartig von ihm los und lief ins Haus. Die Kleine saß auf dem Stubenboden und spielte mit einem Holzpferdchen. » Lenchen, sag auf Wiedersehen. Mama kommt so schnell sie kann zurück « , stieß Anna hervor, bemüht, ihrer Stimme einen normalen Klang zu geben.
    Sie küsste das Kind, das die Ärmchen um ihren Hals schlang, und vergrub einen Moment das Gesicht in der samtweichen Haut von Lenchens Halsbeuge. Mit der Kleinen auf dem Arm kehrte sie in den Flur zurück und reichte wortlos dem Bruder das Kind. Mit fliegenden Händen griff sie nach ihrem Mantel sowie der schwarzen Haube, die ihre Witwenschaft bezeugte, legte beides an und folgte den Männern.
    Anna stieg zwischen den Bütteln die enge, steile Treppe hinab. Sie fröstelte in der feuchten Kälte, und der Gestank von Kot und Urin, der ihr entgegenschlug, ließ sie die Luft anhalten. Unten angekommen, erwartete sie der Lochwirt Jakob Tobler, der eine unruhig flackernde Öllampe in der Hand hielt. » Ihr könnt gehen, ich kümmere mich um alles Weitere « , erklärte er den Männern.
    » Wie du meinst « , gab der Büttel mit der Narbe zurück und drehte sich um.
    Während die beiden die Treppe hinaufstiegen, trat Anna mit weichen Knien auf den Lochwirt zu.
    » Kommt jetzt. «
    In den zahlreichen Nischen des Ganges brannten Öllampen. Anna und der Lochwirt passierten eine Reihe Zellentüren, hinter denen Geheul und Gejammer zu hören waren. Ihr lief es eiskalt den Rücken hinunter. Vor einer der Zellen machte der Lochwirt halt und stieß die Tür auf. Das Kreischen der Angeln schmerzte in den Ohren. Wie der Schlund eines Ungeheuers tat sich undurchdringliche Schwärze vor ihr auf.
    Er leuchtete ihr. » Hinein mit Euch. «
    Anna schluckte und folgte ihm. Im Schein der Funzel erkannte sie eine Holzpritsche. In der Mitte der Zelle, die kaum mehr als einen Klafter in Länge und Breite maß, lag ein flacher, ausgehöhlter Stein, in dem sich eine tönerne Schale mit Holzkohlen befand. Der Mann hockte sich nieder und hielt die Lampe an die Kohlen, bis diese zu brennen begannen. Dann richtete er sich auf.
    » Tretet näher zur Schlafstatt, ich muss Euch anketten. «
    » Anketten? Habt Ihr etwa Angst, ich könnte fliehen? «
    » Vorschriften, Frau Dietl. Es tut mir leid. «
    Kaltes Eisen schloss sich

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