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Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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«
    » Hier, Anna. Er wollte dich sprechen. «
    Der Onkel hatte ihn offenbar nicht sofort erkannt und mit einem freundlichen Nicken begrüßt. Er habe gehört, dass der Buchmaler Korbinian Dietl gestorben sei, und da er vor einigen Jahren des Öfteren mit ihm geschäftlich zu tun gehabt habe, wolle er der Witwe nun sein Beileid aussprechen. » Ich dachte, mich trifft der Schlag, als Onkel Gerald plötzlich vor mir stand. «
    » Hast du ihn hereingebeten? « , wollte Anna mit Erregung in der Stimme wissen.
    » Nein, natürlich nicht. Als er mich erkannte, wollte er sowieso nicht mehr eintreten. Onkel Gerald hatte es auf einmal recht eilig « , fügte Sebastian mit einem boshaften Grinsen hinzu.
    » Er weiß also, wo ich bin? « , stieß sie atemlos hervor.
    » Den Rest wird er sich wohl denken können. Immerhin war unschwer zu erkennen, dass ich kein Hausangestellter bin, oder? «
    Anna versank in Schweigen, und als sie schließlich den Kopf umwandte, klang ihre Stimme wieder fest. » Sei’s drum, oder? Sollen er und sein geliebter Ziehsohn meinetwegen wissen, wo ich lebe. Eines Tages wäre es ohnehin herausgekommen. «
    » Richtig, Schwesterchen. Obendrein bist du eine ehrbare Frau und hast dir nichts vorzuwerfen. «
    Anna erhob sich mit der Kleinen und begann, in der Küche auf und ab zu gehen. » Wenn wir davon absehen, dass ich mich seinem Willen widersetzt habe und aus einem Kloster geflohen bin, gewiss nicht. Hast du etwas von mir erwähnt? «
    » Nein, wo denkst du hin? « , entgegnete er entrüstet. » Allerdings müssen wir nach dieser Begegnung mit einem weiteren Besuch von Onkel Gerald rechnen. Zwangsläufig werden sich ihm Fragen aufdrängen. Du kennst ihn, er wird nicht lockerlassen, bevor er sie nicht alle beantworten kann. «
    Anna blieb stehen. » Soll er ruhig kommen. « Sie nestelte mit einer Hand an ihrer Geldkatze herum, und nachdem es ihr endlich gelungen war, sie vom Gürtel zu lösen, warf sie sie Sebastian zu.
    Geschickt fing er sie auf und wog ihr Gewicht in der Hand. Seine Augen wurden groß und fragend.
    » Zähl nach, Brüderchen! «
    Er schüttelte sich die Münzen in die Hand und starrte Anna an. » Wo hast du … wo hast du das her? Sag nicht … «
    Sie warf den Kopf zurück und lachte. » Oh doch. Die Dürers haben es mir gegeben. Ich kann es ihnen zurückzahlen, wann immer ich möchte. Ist das nicht wunderbar? «
    Sebastian stand ruckartig auf und umarmte die beiden stürmisch. » Ich bin ja so glücklich, Anna. «

KAPITEL 30
    A nna warf ein Holzscheit in die Flammen des Stubenkamins, den Sebastian entzündet hatte. Sie trat zurück und setzte sich in einen der beiden Lehnstühle. Ihr Bruder hatte sich in die Küche zurückgezogen. Versonnen starrte sie in das lodernde Feuer. Nächsten Monat war schon Weihnachten. Eigentlich stand ihr nach allem, was in den letzten Wochen geschehen war, nicht der Sinn danach, das Christfest zu feiern. Wo warst du, Gott, als mein Mann in das Unwetter geriet und Schutz vor Blitz und Donner suchte? Hattest du anderes zu tun? Sogleich schalt sie sich für diese Gedanken. Wer war sie, mit dem Herrn zu streiten? Schließlich gab es auch genügend Grund zur Freude. So würde sie am Christtag wie jedes Jahr die Messe in der Sebaldkirche aufsuchen. Sollte sie dort Martin oder Gerald Pfanner begegnen, ging sie ihnen eben aus dem Weg. Sebastian hatte bereits bekundet, zu Hause bleiben zu wollen, war ihm doch die Gefahr zu groß, von Mitgliedern der Bruderschaft erkannt zu werden.
    Der Türmer von St. Lorenz läutete zur ersten Mittagsstunde. Anna erhob sich, um eine Mahlzeit zu bereiten. Etwas Schinken und Käse, eine Scheibe Brot und ein Becher Bier würden ihnen jetzt guttun.
    Sie verharrte mitten in der Bewegung. Hatte es geklopft? Oder war es ein im Feuer berstendes Holzscheit gewesen? Anna legte den Kopf schief und horchte. Nein, wieder pochte es an der Tür. Schnell erhob sie sich, lief den kurzen Flur hinab und öffnete. Im Sonnenlicht standen zwei Männer, der eine hochgewachsen und schlank, der andere etwas kleiner, aber von kräftiger Statur. Eine schlecht verheilte Narbe lief quer über seine rechte Wange. Sie trugen beide flache Filzkappen und einfache Wämser. An ihren Gürteln baumelten spitze Dolche. Stadtbüttel. Die Blicke, mit denen die Fremden sie bedachten, ließen Annas Hände feucht werden.
    Der größere der beiden nickte ihr zu. » Seid Ihr Anna Dietl? «
    » Ja. Was wollt Ihr von mir? «
    » Wir haben den Auftrag, Euch abzuholen.

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