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Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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um ihren Knöchel. Dann wurde die Tür zugezogen und verriegelt.
    Im flackernden Licht des Kohlenfeuers fiel ihr Blick auf einen Eimer, der neben der Pritsche stand. Über ihm sollte sie wohl ihre Notdurft verrichten. Der Gedanke daran ließ sie schaudern. Ob Sebastian mit der Kleinen zurechtkam? Zugegeben, die beiden verstanden sich blendend. Dennoch wusste sie nicht einzuschätzen, wie er reagierte, wenn Lenchen nach ihrer Mutter weinte und nicht zu beruhigen war. Annas Augen füllten sich mit Tränen.
    Am Abend brachte ihr der Lochwirt eine Scheibe dunkles Brot, etwas Käse und einen Becher dünnes Bier in die Zelle und stellte das Tablett auf dem Eimer ab. Bisher hatte Anna ihn nicht benutzt.
    » Die Büttel, die mich hergebracht haben, behaupten, ich hätte ein Bild von Albrecht Dürer gestohlen. Warum sollte ich so etwas tun? «
    Er musterte sie und zog die Zellentür hinter sich zu. » Ich denke, in den nächsten Tagen wird man Euch den Prozess machen, danach wisst Ihr mehr « , hörte sie noch, dann drehte sich ein Schlüssel im Schloss und seine Schritte entfernten sich. Wieder war das Feuer in dem Steinbecken die einzige Lichtquelle. Anna ließ sich auf die harte Pritsche zurückfallen und starrte auf die Eisenkette um ihre Fessel. Kälte breitete sich in ihrem Inneren aus.
    » He, du da in der Nachbarzelle! «
    Anna zuckte zusammen, schwieg aber.
    » Sprichst wohl nich mit jedem, wa? Sollteste aber. Viel Abwechslung wirste hier unten nämlich nich haben, hörste! Hab mich noch gar nich vorgestellt. Walburga heiß ich. « Die Frau kicherte. » Einen Liebestrank soll ich gebraut haben und mit’m Leibhaftigen gebuhlt, ich altes Weib! «
    Die Frau war eine Hexe?
    » Du hast geklaut, sagt der Lochwirt « , fuhr die Alte fort. » Haste Glück, brechen se dir nur die Finger. Haste aber Pech … «
    » Ich bin unschuldig. «
    » Das hat der Bäcker auch behauptet, der seinen Kunden zu leichtes Brot vakauft hat. Zwei Wochen lang saßa im Loch. « Die Frau stieß ein schrilles Lachen aus. » Gestern ham se ihn in den Bäckerring gesteckt und dreimal in der Pegnitz untagetaucht. «
    Anna hielt sich die Ohren zu. » Halt endlich den Mund und lass mich in Ruhe! «
    Eine Weile war es still, und sie hoffte schon, die Frau sei eingeschlafen.
    » Wenn se dich erst mal in die Kapelle schaffen, wirste reden, Liebchen! «
    In die Kapelle? Was mochte die Frau wohl meinen? Sie drehte sich mit angezogenen Beinen zur Wand. Nachdem die Alte endlich verstummte und Anna eingeschlafen war, erscholl plötzlich ohrenbetäubender Lärm und sie fuhr von ihrer Liegestatt auf. In einem der Gänge brüllte ein Mann wie ein Tier. Das Geschrei brach jäh ab.
    » Mach nicht solchen Krach, Kerl! « , gellte jemand. » Du weckst ja Toblers andere Gäste! «
    » Lasst mich gehen, ihr verdammten Schergen! Ich war’s nicht! «
    » Das sagen sie alle « , vernahm Anna die lakonische Antwort eines anderen. Auf dem Gang waren Stiefeltritte zu hören. Kurz darauf schwang eine Tür auf, die Zelle musste sich ganz in der Nähe befinden. » Rein mit dir « , bellte einer der Männer.
    » Das wird Euch noch leidtun! «
    » Bekämen wir jedes Mal, wenn uns das jemand prophezeit, einen Pfennig, wären wir längst reiche Männer « , gab der andere zurück.
    Die Tür schlug zu, und der Schlüssel drehte sich quietschend im Schloss.

KAPITEL 31
    G uten Morgen. «
    Anna schlug die müden Augen auf. Der Lochwirt stand in der Tür, in der rechten Hand einen Eimer, in der anderen eine flackernde Talgfunzel. Sie erwiderte den Gruß. Viel Ruhe hatte sie in der vergangenen Nacht nicht bekommen. Die Alte nebenan hatte immer wieder im Schlaf aufgeschrien. Ihren hervorgestoßenen Worten nach war Walburga in einem Albtraum gefangen gewesen, in dem man sie zum Rabenstein geschleppt und dort den Flammen eines Scheiterhaufens übergeben hatte.
    » Ihr habt Besuch. « Er trat in die Zelle und stellte den mit Kohlen gefüllten Eimer neben der Feuerstelle ab, die in der Nacht erloschen war.
    » Besuch? «
    Der Lochwirt hob das Talglicht an und beleuchtete das rundliche Gesicht einer Frau von etwa fünfzig Lenzen, die hinter ihm die Zelle betrat.
    Anna setzte sich auf. » Ihr? «
    Agnes Dürer nahm das Talglicht von Tobler entgegen und kam näher. » Wie geht es Euch, Anna? «
    Diese warf die stinkende Wolldecke beiseite und schwang die Beine von der Liegestatt. Frau Dürers Blick ruhte auf der Kette, die Anna mit der Pritsche verband.
    » Ich habe das Bild nicht gestohlen.

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