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Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell

Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell

Titel: Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R R Martin
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zitternd. Geist war wieder da. Der Schattenwolf grub seine Zähne in den Bauch der Kreatur und begann daran zu reißen und zu zerren. Er beobachtete ihn, nur halbwegs noch bei Bewusstsein, einen langen Augenblick, bis ihm schließlich einfiel, nach seinem Schwert zu suchen …
    … und erblickte Lord Mormont, nackt und benommen vom Schlaf, wie er mit einer Öllampe in der Tür stand.
    Zerbissen und fingerlos warf sich der Arm am Boden hin und her, schlängelte sich ihm entgegen.
    Jon wollte schreien, doch seine Stimme versagte. Taumelnd kam er auf die Beine, trat den Arm fort und riss dem Alten Bären die Lampe aus den Händen. Die Flamme
flackerte und wollte fast ersterben. »Brenne!« , krächzte der Rabe. »Brenne, brenne, brenne!«
    Er fuhr herum und sah die Vorhänge, die er vom Fenster gerissen hatte. Mit beiden Händen warf er die Lampe in den Haufen aus Stoff. Metall knirschte, Glas zerschlug, Öl spritzte, und die Vorhänge gingen mit einem mächtigen Zischen in Flammen auf. Die Hitze in seinem Gesicht war süßer als alle Küsse, die Jon je bekommen hatte. »Geist!«, rief er.
    Der Schattenwolf riss sich los und kam zu ihm, als die Kreatur sich eben erheben wollte, dunkle Schlangen quollen aus der großen Wunde in ihrem Bauch. Jon griff mit einer Hand ins Feuer, packte eine Faustvoll brennender Vorhänge, schlug damit peitschend nach dem toten Mann. Lasst ihn brennen, betete er, als das Tuch die Leiche sengte, Ihr Götter, bitte, lasst ihn brennen.

BRAN
    Die Karstarks kamen an einem kalten, windigen Morgen, brachten dreihundert Reiter und fast zweitausend Mann Fußvolk von ihrer Burg auf Karholt mit. Die stählernen Spitzen ihrer Spieße blitzten im fahlen Sonnenlicht, als die Armee sich näherte. Ein Mann ging ihnen voraus, schlug einen tiefen, langsamen Rhythmus auf einer Trommel, die größer als er selbst war, bumm, bumm, bumm.
    Bran sah sie von einem Wachtturm oben auf der äußeren Mauer heranmarschieren, spähte durch Maester Luwins bronzenes Linsenrohr, während er auf Hodors Schultern saß. Lord Rickard persönlich führte sie an, seine Söhne Harrion und Eddard und Torrhen ritten neben ihm unter nachtschwarzen Bannern, verziert mit der weißen Sonne ihres Hauses. Die Alte Nan sagte, in ihren Adern flösse das Blut der Starks, seit Hunderten von Jahren schon, doch für Bran sahen sie nicht wie Starks aus. Sie waren große Männer und wild, die Gesichter mit dichten Bärten überzogen, das Haar fiel ihnen offen auf die Schultern. Ihre Umhänge waren aus Leder gefertigt, aus Fellen von Bär und Wolf und Robbe.
    Sie waren die Letzten, wie er wusste. Die anderen Lords hatten sich schon mit ihren Armeen versammelt. Bran sehnte sich danach, mit ihnen auszureiten, die zum Bersten vollen Winterhäuser zu sehen, die drängende Menge auf dem Marktplatz jeden Morgen, die Straßen zerfurcht und aufgerissen von Rad und Hufen. Aber Robb hatte ihm verboten,
die Burg zu verlassen. »Wir können keine Männer erübrigen, die dich bewachen«, hatte sein Bruder erklärt.
    »Ich nehme Sommer mit«, stritt Bran dagegen an.
    »Red mit mir nicht wie mit einem kleinen Jungen«, erwiderte Robb. »Du solltest es besser wissen. Vor zwei Tagen erst hat einer von Lord Boltons Männern einen von Lord Cerwyns im ›Rauchenden Scheit‹ erdolcht. Unsere Hohe Mutter würde mir das Fell über die Ohren ziehen, wenn ich dich in Gefahr geraten ließe.« Er sprach mit der Stimme von Robb, dem Lord, als er das sagte. Bran wusste, das hieß, er duldete keine Widerrede.
    Es war wegen dieser Sache, die im Wolfswald passiert war, das wusste er ebenfalls. Die Erinnerung daran bescherte ihm noch immer böse Träume. Hilflos wie ein Säugling war er gewesen, nicht besser als Rickon in der Lage, sich zu wehren. Vielleicht noch weniger … Rickon hätte wenigstens nach ihnen getreten. Das beschämte ihn. Er war nur wenige Jahre jünger als Robb. Wenn sein Bruder fast ein erwachsener Mann war, dann war auch er es. Er hätte in der Lage sein sollen, sich zu verteidigen.
    Vor einem Jahr, davor, hätte er dem Dorf trotzdem einen Besuch abgestattet, wäre dafür allein über die Mauern geklettert. In jenen Tagen konnte er Treppen hinunterlaufen, selbst auf sein Pony steigen und ein Holzschwert immerhin so gut schwingen, dass er Prinz Tommen in den Staub geworfen hatte. Jetzt konnte er nur noch zusehen, indem er durch Maester Luwins Linsenrohr spähte. Der Maester hatte ihn sämtliche Banner gelehrt: die gepanzerte Faust der Glauers, Silber auf Rot;

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