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Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell

Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell

Titel: Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R R Martin
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nennen.
    »Mylord, was soll mit ihm geschehen? Wird man ihn hinrichten? «
    »Was das angeht, so kann ich es nicht sagen, Junge. Ich will einen Brief schreiben. In meiner Jugend kannte ich einige Ratsherren des Königs. Den alten Pycelle, Lord Stannis, Ser Barristan … was immer dein Vater getan hat oder nicht getan hat, er ist ein großer Lord. Man muss ihm gestatten, das Schwarz anzulegen und sich uns anzuschließen. Die Götter wissen, dass wir Männer von Lord Eddards Fähigkeiten brauchen.«
    Jon wusste, dass andere Männer, die des Hochverrats beschuldigt wurden, in der Vergangenheit ihre Ehre auf der Mauer wiederherstellen durften. Wieso nicht auch Lord Eddard? Sein Vater hier. Das war ein bedrückender Gedanke. Es wäre eine monströse Ungerechtigkeit, ihm Winterfell zu nehmen und ihn zu zwingen, das Schwarz anzulegen, und doch … wenn es um sein Leben ging …
    Und würde Joffrey es zulassen? Er erinnerte sich von Winterfell her noch an den Prinzen, wie er Robb und Ser Rodrik auf dem Hof verhöhnt hatte. Jon selbst hatte er kaum je Aufmerksamkeit geschenkt. Bastarde waren nicht einmal seine Verachtung wert. »Mylord, wird der König auf Euch hören?«
    Der Alte Bär zuckte mit den Schultern. »Ein Kindkönig … ich denke, er wird auf seine Mutter hören. Eine Schande, dass der Zwerg nicht bei ihnen ist. Er ist der Onkel des Kleinen, und der hat unsere Not gesehen, als er hier war. Es war schlimm, dass deine Hohe Mutter ihn zum Gefangenen gemacht hat …«

    »Lady Stark ist nicht meine Mutter«, erinnerte ihn Jon scharf. Tyrion war ihm ein Freund gewesen. Falls Lord Eddard den Tod fand, würde man es ihr ebenso vorwerfen müssen wie der Königin. »Mylord, was ist mit meinen Schwestern? Arya und Sansa, sie waren bei meinem Vater, wisst Ihr …«
    »Pycelle erwähnt sie nicht, aber zweifellos wird man sie gut behandeln. Ich will mich in meinem Brief nach ihnen erkundigen.« Mormont schüttelte den Kopf. »Das alles hätte zu keinem schlimmeren Zeitpunkt geschehen können. Wenn das Reich je einen starken König brauchte … dunkle Tage und kalte Nächte liegen vor uns, ich spüre es in meinen Knochen …« Er warf Jon einen langen, scharfen Blick zu. »Ich hoffe, du hast keine Dummheit im Sinn, Junge.«
    Er ist mein Vater, lag es Jon auf der Zunge, aber er wusste, dass Mormont das nicht hören wollte. Seine Kehle war trocken. Er zwang sich dazu, noch einen Schluck Wein zu trinken.
    »Deine Pflichten sind hier«, erinnerte ihn der Lord Kommandant. »Dein altes Leben ist zu Ende. Jetzt trägst du das Schwarz.« Sein Vogel brachte ein heiseres Echo hervor: »Schwarz.« Mormont beachtete ihn nicht. »Was auch immer dort in Königsmund vor sich gehen mag, ist nicht deine Sache.« Jon gab keine Antwort, und der alte Mann trank seinen Wein aus und sagte: »Du kannst jetzt gehen. Ich habe heute weiter keine Verwendung für dich. Morgen Früh kannst du mir helfen, diesen Brief zu schreiben.«
    Jon erinnerte sich nicht, aufgestanden zu sein oder das Solar verlassen zu haben. Er kam zu sich, als er die Turmtreppe hinunterging, und dachte: Es geht um meinen Vater und um meine Schwestern, wie kann es denn nicht meine Sache sein?
    Draußen sah einer der Wächter ihn an und sagte: »Sei stark, Junge. Die Götter sind grausam.«

    Sie wissen es, dachte Jon. »Mein Vater ist kein Verräter«, sagte er heiser. Selbst die Worte blieben ihm im Halse stecken, schienen ihn ersticken zu wollen. Wind kam auf, und im Hof kam es ihm plötzlich kälter als vorhin vor. Der Geistersommer ging zu Ende.
    Der Rest des Nachmittags verstrich wie in einem Traum. Jon hätte nicht sagen können, wohin er ging, was er tat, mit wem er sprach. Geist war bei ihm, so viel wusste er. Die stille Gesellschaft des Schattenwolfes tröstete ihn. Die Mädchen haben nicht mal das, so dachte er. Ihre Wölfe hätten sie beschützen können, aber Lady ist tot und Nymeria vermisst, sie sind ganz allein.
    Bei Sonnenuntergang war Nordwind aufgekommen. Jon konnte hören, wie er über die Mauer und über die eisigen Wehranlagen pfiff, während er zum Abendessen hinüber zum Gemeinschaftssaal ging. Hobb hatte Wildeintopf gekocht, angedickt mit Gerste, Zwiebeln und Karotten. Er schöpfte eine Extrakelle auf Jons Teller, reichte ihm einen knusprigen Brotknust. Jon wusste, was das bedeutete. Er weiß Bescheid. Er blickte sich in der Halle um, sah Köpfe, die sich eilig abwendeten, die Augen höflich gesenkt. Alle wissen Bescheid.
    Seine Freunde versammelten sich um

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