Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell
Lady Mormonts schwarzen Bären; den grässlichen, gehäuteten Mann, der vor Roos Bolton vom Grauenstein ging; den Elchbullen für die Hornwalds; die Streitaxt für die Cerwyns; drei Wachbäume für die Tallharts und das schreckliche Siegel des Hauses Umber, den brüllenden Riesen in zerschmetterten Ketten.
Und bald schon lernte er auch die Gesichter kennen, als die Lords und ihre Söhne und Ritter zum Festmahl nach Winterfell kamen. Selbst in der Großen Halle war nicht Platz für alle auf einmal, sodass Robb die wichtigen Verbündeten abwechselnd einlud. Bran bekam stets den Ehrenplatz zur Rechten seines Bruders. Einige der Lords warfen ihm seltsam harte Blicke zu, wenn er dort saß, und schienen sich zu fragen, welches Recht ein grüner Junge hatte, dass man ihn über sie stellte, dazu noch einen Krüppel.
»Wie viele sind es jetzt?«, fragte Bran Maester Luwin, als Lord Karstark und seine Söhne durch die Tore in der äußeren Mauer ritten.
»Zwölftausend Mann oder zumindest fast so viele.«
»Wie viele Ritter?«
»Wenige genug«, sagte der Maester mit einem Anflug von Ungeduld. »Um ein Ritter zu sein, muss man seine Vigilien in einer Septe ablegen und mit den sieben Ölen gesalbt sein, um den Eid zu weihen. Im Norden huldigen nur wenige der großen Häuser den Sieben. Der Rest betet zu den alten Göttern und benennt keine Ritter … aber jene Lords und ihre Söhne und Vasallen sind nicht minder wild oder treu oder ehrenhaft. Der Wert eines Mannes ist nicht an dem ›Ser‹ vor seinem Namen abzulesen. Wie ich es dir schon hundertmal erklärt habe.«
»Trotzdem«, sagte Bran, »wie viele Ritter?«
Maester Luwin seufzte. »Dreihundert, vielleicht vier … unter dreitausend gepanzerten Lanzenreitern, die keine Ritter sind.«
»Lord Karstark ist der Letzte«, sagte Bran nachdenklich. »Robb wird ihn heute Abend empfangen.«
»Das wird er zweifelsohne.«
»Wie lange wird es dauern … bis sie ausziehen?«
»Er muss bald schon marschieren oder gar nicht mehr«, sagte Maester Luwin. »Das Winterdorf platzt aus allen
Nähten, und diese Armee wird noch das ganze Land kahl fressen, wenn sie noch viel länger hier lagert. Andere warten entlang des Königswegs, um sich ihm anzuschließen, kleine Ritter und Pfahlbaumänner und die Lords Manderly und Flint. Die Kämpfe haben in den Flusslanden schon begonnen, und dein Bruder hat noch manche Wegstunde zu bewältigen.«
»Ich weiß.« Bran fühlte sich so elend, wie er klang. Er gab dem Maester das bronzene Rohr zurück und bemerkte, wie licht Luwins Haar oben auf dem Kopf geworden war. Er konnte das Rosa der Haut durchscheinen sehen. Es war ein seltsames Gefühl, so auf ihn herabzusehen, nachdem er sein Leben lang zu ihm aufgeblickt hatte, doch wenn man auf Hodors Rücken saß, blickte man auf jedermann herab. »Ich möchte nicht mehr Ausschau halten. Hodor, bring mich in den Turm zurück.«
»Hodor«, gab Hodor zurück.
Maester Luwin schob das Rohr in seinen Ärmel. »Bran, dein Hoher Bruder wird jetzt keine Zeit für dich haben. Er muss Lord Karstark und seine Söhne willkommen heißen. «
»Ich werde Robb nicht behelligen. Ich möchte dem Götterhain einen Besuch abstatten.« Er legte seine Hand auf Hodors Schulter. »Hodor.«
Eine Reihe gemeißelter Griffe bildete eine Leiter im Granit der Innenmauer des Turmes. Hodor summte ohne Melodie, während er langsam hinunterstieg, wobei Bran im Korbsitz, den Maester Luwin für ihn entworfen hatte, mit dem Rücken hinten anstieß. Maester Luwin hatte die Idee bei den Körben abgeguckt, mit denen die Frauen Feuerholz auf dem Rücken trugen. Danach war es leicht gewesen, Beinlöcher hineinzuschneiden und ein paar Riemen anzubringen, um Brans Gewicht gleichmäßiger zu verteilen. Es war nicht so gut, wie Tänzerin zu reiten, doch es
gab Orte, an die Tänzerin nicht gelangen konnte, und Bran beschämte es nicht so sehr, als würde Hodor ihn wie einen Säugling in seinen Armen tragen. Auch Hodor schien es zu gefallen, obwohl so etwas bei Hodor schwer zu sagen war. Schwierig war es nur, wenn sie durch eine Tür gingen. Manchmal vergaß Hodor, dass er Bran auf dem Rücken hatte, und dann konnte es schmerzhaft enden.
Fast vierzehn Tage lang hatte ein solches Kommen und Gehen geherrscht, dass Robb befahl, beide Falltore oben zu lassen und die Zugbrücke dazwischen unten, selbst in der Nacht. Eine lange Reihe gepanzerter Lanzenreiter überquerte den Burggraben zwischen den Mauern, als Bran aus dem Turm kam. Männer von
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