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Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell

Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell

Titel: Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R R Martin
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Karstark folgten ihren Lords in die Burg. Sie trugen schwarze, eiserne Halbhelme und ebenfalls schwarze Wollumhänge, die mit der weißen Sonne gemustert waren. Hodor trottete neben ihnen her, lächelte vor sich hin, während seine Stiefel über das Holz der Zugbrücke polterten. Die Reiter warfen ihnen schräge Blicke zu, wenn sie vorüberritten, und einmal hörte Bran, wie jemand lachte. Er nahm es sich nicht zu Herzen. »Die Menschen werden dich anstarren«, hatte Maester Luwin ihn beim ersten Mal gewarnt, als sie den Strohkorb um Hodors Brustkorb banden. »Sie werden gaffen, und sie werden reden, und einige werden dich verspotten.« Lass sie spotten, dachte Bran. In seiner Schlafkammer würde ihn niemand verhöhnen, aber er wollte sein Leben nicht im Bett verbringen.
    Als sie unter den Falltoren hindurchkamen, schob Bran zwei Finger in seinen Mund und pfiff. Sommer kam über den Hof gelaufen. Plötzlich mühten sich die Lanzenreiter ab, ihre Pferde im Zaum zu halten, die mit den Augen rollten und vor Entsetzen wieherten. Ein Hengst scheute, schrie, während der Reiter fluchte und verzweifelt Halt suchte. Der Geruch des Schattenwolfes versetzte die Pferde
in panische Angst, wenn sie nicht daran gewöhnt waren, doch würden sie sich bald beruhigen, wenn Sommer wieder fort wäre. »Zum Götterhain«, erinnerte Bran Hodor.
    Selbst auf Winterfell drängten sich die Menschen. Auf dem Hof hörte man Schwert und Axt, das Rumpeln von Wagen und das Gebell von Hunden. Die Tür zur Waffenkammer stand offen, und Bran sah Mikken an seinem Ofen, und der Hammer klang, während Schweiß von seiner nackten Brust tropfte. Nie zuvor in all den Jahren hatte Bran so viele Fremde gesehen, nicht einmal als König Robert seinem Vater einen Besuch abgestattet hatte.
    Er riss sich zusammen, um nicht zurückzuschrecken, als Hodor sich unter einem niedrigen Türrahmen duckte. Sie gingen einen langen, dunklen Korridor entlang, und Sommer trottete leichtfüßig neben ihnen. Von Zeit zu Zeit sah der Wolf zu ihm auf, die Augen glühend wie flüssiges Gold. Bran hätte ihn gern berührt, aber er ritt allzu hoch, als dass er ihn mit der Hand hätte erreichen können.
    Der Götterhain war eine Insel des Friedens in dem Meer des Chaos, zu dem Winterfell dieser Tage geworden war. Hodor hatte sich einen Weg durch den dichten Hain von Eichen, Eisen- und Wachbäumen gebahnt, hinüber zum stillen Teich neben dem Herzbaum. Er blieb unter den knorrigen Ästen des Wehrbaums stehen, noch immer summend. Bran langte nach oben über seinen Kopf und hob sich aus dem Sitz, zog die tote Last seiner Beine durch die Löcher im Weidenkorb. Einen Moment lang hing er da, baumelte, die dunkelroten Blätter strichen über sein Gesicht, bis Hodor ihn anhob und auf den glatten Stein neben dem Wasser setzte. »Ich möchte eine Weile allein sein«, sagte er. »Du kannst baden. Geh zu den Teichen.«
    »Hodor.« Hodor verschwand zwischen den Bäumen. Hinter dem Götterhain, unter den Fenstern des Gästehauses, speiste eine heiße Quelle drei kleine Tümpel. Bei Tag und
Nacht stieg Dampf vom Wasser auf, und die Mauer, die darüber aufragte, war dick von Moos bewachsen. Hodor hasste kaltes Wasser und wehrte sich wie eine Wildkatze, wenn man ihm mit Seife drohte, doch stieg er selig in den heißesten Tümpel, saß stundenlang darin und gab ein lautes Rülpsen von sich als Antwort auf das Wasser, wann immer eine Blase aus den schlammig grünen Tiefen an die Oberfläche trat.
    Sommer trank gierig von dem Wasser und ließ sich neben Bran nieder. Der Junge kraulte den Wolf unter dem Kinn, und für einen Augenblick fanden Mensch und Tier Frieden. Bran hatte den Götterhain schon immer gemocht, selbst vorher, doch merkte er, wie er sich in letzter Zeit mehr und mehr dort hingezogen fühlte. Auch der Herzbaum machte ihm nicht mehr solche Angst wie früher. Die tiefroten Augen, die in den fahlen Stamm geschnitzt waren, beobachteten ihn nach wie vor, inzwischen empfand er diesen Blick jedoch eher als tröstlich. Die Götter wachten über ihn, so sagte er sich. Die alten Götter, Götter der Starks und der Ersten Menschen und der Kinder des Waldes, die Götter seines Vaters. Er fühlte sich in ihrer Nähe sicher, und die tiefe Stille der Bäume half ihm beim Denken. Und seit seinem Sturz hatte Bran viel nachgedacht. Gegrübelt und geträumt und mit den Göttern gesprochen.
    »Bitte macht, dass Robb nicht fortgeht«, betete er leise. Er fuhr mit der Hand durchs kalte Wasser, sandte kleine

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