Das Lied von Eis und Feuer 04 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 04 - A Clash of Kings (Pages 332-728)
Ochsenfurt, in der Schlacht der Lager, im Wisperwald …
Aber wenn wir siegen, warum habe ich dann solche Angst?
BRAN
Das Geräusch war nur ein leises Klirren, als wenn Stahl über Stein scharrt. Er hob den Kopf von den Pfoten, lauschte und sog schnuppernd die Nachtluft ein.
Der Abendregen hatte hundert schlafende Gerüche geweckt und sie reifen und erstarken lassen. Gras und Dornen, Brombeeren, die auf dem Boden zerplatzt waren, Schlamm, Würmer, verrottendes Laub, eine Ratte, die durch das Gebüsch schlich. Er roch den zotteligen schwarzen Pelz seines Bruders und den scharfen kupferartigen Geruch vom Blut des Eichhörnchens, das er getötet hatte. Oben in den Ästen tummelten sich noch mehr Eichhörnchen, die nach nassem Fell und Angst rochen und mit den kleinen Füßen über die Rinde scharrten. So ähnlich hatte das Geräusch geklungen.
Und er hörte es wieder, ein Klirren und Scharren. Er erhob sich, stellte die Ohren auf und reckte den Schwanz in die Höhe. Dann heulte er, stieß einen langen, fröstelnden Schrei aus, ein Heulen, um Schlafende zu wecken, doch die Haufen des Menschensteins waren dunkel und tot. Die Nacht war noch immer nass, eine Nacht, in der die Menschen in ihrem Bau blieben. Der Regen hatte nachgelassen, dennoch verbargen sich die Menschen vor der Feuchtigkeit und saßen an Feuern in ihren Höhlen aus aufgestapelten Steinen.
Sein Bruder schlich zwischen den Bäumen hindurch und bewegte sich fast so leise wie ein anderer Bruder, an den er sich nur noch schwach erinnerte, so lange war es schon her, der Weiße mit den blutroten Augen. Die Augen dieses
Bruders waren tiefe Schatten, doch sein Nackenfell war gesträubt. Auch er hatte die Geräusche gehört und wusste, dass sie Gefahr bedeuteten.
Diesmal folgte auf das Klirren und Scharren ein Rutschen und das leise Tappen von Hautfüßen auf Stein. Der Wind wehte einen schwachen Menschengeruch heran, den er nicht kannte. Fremde. Gefahr. Tod.
Er lief auf das Geräusch zu, und sein Bruder rannte neben ihm her. Die Steinhöhlen ragten vor ihnen auf, feuchte, glatte Mauern. Er fletschte die Zähne, doch der Menschenstein achtete nicht darauf. Ein Tor ragte vor ihm auf, eine schwarze eiserne Schlange wand sich um Stäbe und Pfosten. Als er sich dagegenwarf, erzitterte das Tor, und die Schlange klirrte und quietschte und hielt. Durch die Stäbe konnte er hinunter in den langen Steingraben schauen, der zwischen den Mauern zu dem steinigen Feld unten führte, doch er konnte nicht hindurch. Die Schnauze konnte er zwischen die Stäbe zwängen, mehr jedoch nicht. Oft hatte sein Bruder versucht, die schwarzen Knochen des Tores mit den Zähnen zu zermalmen, doch sie wollten nicht brechen. Sie hatten versucht, einen Gang darunter hindurchzugraben, aber darunter lagen große flache Steine, die halb von Erde und verwehtem Laub bedeckt waren.
Knurrend schritt er vor dem Tor auf und ab, dann warf er sich erneut dagegen. Es bewegte sich ein wenig und stieß ihn zurück. Verschlossen, flüsterte etwas. Mit Ketten . Die Stimme, die er nicht hören konnte, der Geruch, den er nicht riechen konnte. Die anderen Wege waren ebenfalls versperrt. Wo sich Türen in den Mauern aus Menschenstein befanden, waren sie aus dickem, starkem Holz. Es gab keinen Ausweg.
Doch, flüsterte es, und ihm war, er könne den Schatten eines großen Nadelbaumes sehen, der aus der schwarzen Erde aufragte, zehn Mal so groß wie ein Mann. Doch als er hinschaute, war er nicht da. Auf der anderen Seite des Götterhains, der Wachbaum, schnell, schnell …
Durch die Dunkelheit der Nacht hallte ein erstickter Schrei, der jäh abbrach.
Rasch, rasch fuhr er herum und sprang wieder zwischen die Bäume, das nasse Laub raschelte unter seinen Pfoten, die Zweige schlugen nach ihm, als er vorbeilief. Er konnte seinen Bruder hören, der ihm folgte. Sie kamen unter dem Herzbaum heraus und umrundeten den kalten Tümpel, rannten durch die Brombeerbüsche und unter den Eichen und Eschen und dem Weißdorn hindurch zur anderen Seite des Hains … und dort war er, der Schatten, den er entdeckt hatte, ohne hingesehen zu haben, der schiefe Baum, der zu den Dächern zeigte. Wachbaum , ging ihm ein Gedanke durch den Sinn.
Er erinnerte sich, wie es war, wenn man kletterte. Überall Nadeln, die ihm das nackte Gesicht zerkratzten und ihm in den Nacken fielen, der klebrige Saft an seinen Händen, der scharfe Kieferngeruch. Für einen Jungen war der Baum leicht zu erklimmen, krumm, wie er war, und die Äste waren
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