Das Lied von Eis und Feuer 04 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 04 - A Clash of Kings (Pages 332-728)
die Tür zu ihrer Rechten zu.
»Nein«, schrie Pyat. »Nein, zu mir, kommt zu mir, zu miiiiir. « Sein Gesicht fiel in sich zusammen und verwandelte sich in etwas Bleiches und Wurmartiges.
Dany ließ ihn hinter sich zurück, betrat ein Treppenhaus, und stieg die Stufen hinauf. Schon bald schmerzten ihre Beine. Sie erinnerte sich daran, dass das Haus der Unsterblichen von außen keine Türme gehabt zu haben schien.
Endlich erreichte sie die letzte Stufe. Rechts von ihr stand eine breite, zweiflügelige Holztür offen. Sie war aus Ebenholz und Wehrholz, und die schwarze und weiße Maserung war zu eigenartigen, verwobenen Mustern verschlungen. Sehr hübsch, und doch irgendwie beängstigend. Das Blut des Drachen fürchtet sich nicht. Dany sprach ein kurzes Gebet und bat den Krieger um Mut und den Pferdegott der Dothraki um Kraft. Dann schritt sie voran.
Hinter der Tür befand sich eine große Halle voller prachtvoller Zauberer. Manche trugen Roben aus Hermelin, rubinfarbenem Samt oder Goldtuch. Andere hatten erlesene, mit Edelsteinen verzierte Rüstungen angelegt oder hohe spitze, mit Sternen besetzte Hüte aufgesetzt. Auch Frauen befanden sich unter ihnen, die Kleider von unglaublichem Liebreiz
trugen. Sonnenstrahlen fielen durch Buntglasfenster herein, und der ganze Raum hallte von der wunderschönsten Musik wider, die sie je gehört hatte.
Ein königlicher Mann in edlen Gewändern erhob sich, als er sie bemerkte, und lächelte. »Daenerys aus dem Hause Targaryen, seid willkommen. Kommt und teilt mit uns die Speise der Ewigkeit. Wir sind die Unsterblichen von Qarth.«
»Lange haben wir Euch schon erwartet«, sagte die Frau neben ihm, die in Rosa und Silber gewandet war. Die eine Brust, die sie nach Art der Qartheen entblößt hatte, war so vollkommen, wie man es sich nur vorzustellen vermochte.
»Wir wussten, dass Ihr zu uns kommen würdet«, fuhr der Zaubererkönig fort. »Schon vor tausend Jahren wussten wir es, und seitdem warten wir auf Euch. Wir haben einen Kometen geschickt, der Euch den Weg weisen sollte.«
»Wir möchten unser Wissen mit Euch teilen«, sagte ein Krieger in glänzender smaragdfarbener Rüstung, »und Euch mit magischen Waffen ausrüsten. Ihr habt alle Prüfungen bestanden. Jetzt setzt Euch zu uns, und jede Eurer Fragen soll beantwortet werden.«
Sie trat einen Schritt vor. Doch dann sprang Drogon von ihrer Schulter, flog auf die Tür aus Ebenholz und Wehrholz, hockte sich dort nieder und begann in das geschnitzte Holz zu beißen.
»Ein eigenwilliges Tier«, sagte ein stattlicher junger Mann lachend. »Sollen wir Euch die geheime Sprache der Drachen lehren? Kommt, kommt.«
Zweifel erfüllte sie. Die große Tür war so schwer, dass Dany ihre ganze Kraft aufbringen musste, um sie zu bewegen, doch schließlich schwang sie langsam zurück. Dahinter befand sich eine weitere verborgene Tür. Sie war aus grauem altem Holz, gesprungen und von einfacher Machart … doch sie befand sich rechts von der Tür, durch die sie eingetreten war. Die Zauberer lockten sie mit Stimmen, die süßer waren
als jedes Lied. Sie rannte von ihnen fort, und Drogon flog zu ihr zurück. Durch die kleine Tür betrat sie eine Kammer, die von Dunkelheit erfüllt war.
Ein langer Steintisch füllte den Raum aus. Darüber schwebte ein menschliches Herz, aufgedunsen und schwarz vor Verwesung, und trotzdem noch immer am Leben. Es schlug in schwerem Rhythmus und mit donnerndem Klang, und bei jedem Pulsen leuchtete es indigofarben auf. Die Gestalten um den Tisch herum nahm sie nur als blaue Schemen wahr. Als Dany zu dem leeren Stuhl an der vorderen Stirnseite des Tisches trat, rührten sie sich nicht, sprachen nicht und wandten sich ihr nicht zu. Außer dem tiefen, langsamen Schlag des verrottenden Herzens war kein Laut zu hören.
… Mutter der Drachen … sagte eine Stimme, halb Flüstern, halb Stöhnen … Drachen … Drachen … Drachen … wiederholten andere Stimmen in der Dunkelheit. Einige gehörten Männern, andere Frauen. Eine sprach im Tonfall eines Kindes. Das schwebende Herz pulsierte von Dämmerlicht zu Dunkelheit. Es war schwer, den Mut zum Sprechen aufzubringen, sich an die Worte zu erinnern, die sie sich so gewissenhaft eingeprägt hatte. »Ich bin Daenerys Sturmtochter aus dem Haus Targaryen, Königin der Sieben Königslande von Westeros.« Hören sie mich? Warum rühren sie sich nicht? Sie saß da und faltete die Hände im Schoß. »Gewährt mir Euren Rat und sprecht zu mir mit der Weisheit jener, die den
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