Das Lied von Eis und Feuer 04 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 04 - A Clash of Kings (Pages 332-728)
Hammerschläge, während Zimmerleute vom Schlammtor ausgehend Bretterwände
errichteten. Dort ging es gut voran. Weniger gut gefielen ihm die Hütten, die hinter den Kais aus dem Boden geschossen waren und sich wie Seepocken am Rumpf eines Schiffes an der Stadtmauer festgesetzt hatten; Läden für Angelköder und sonstige Waren, Suppenküchen, Lagerhäuser, Bierschenken und Bordelle, in denen die billigere Sorte Huren die Beine breit machte. Das muss alles verschwinden, bis zum letzten Brett. So wie es jetzt aussah, würde Stannis keine Leitern benötigen, um die Mauern zu stürmen.
Er rief Bronn zu sich. »Hol dir hundert Mann und brenn alles nieder, was du hier zwischen dem Flussufer und der Mauer siehst.« Mit einer Geste umfasste er das gesamte Elend am Ufer. »Dort bleibt nichts stehen, verstanden?«
Der schwarzhaarige Söldner wandte den Kopf und dachte über die Aufgabe nach. »Die, denen es gehört, werden das bestimmt nicht gutheißen.«
»Das habe ich auch nicht erwartet. Mag es sein, wie es will, auf jeden Fall haben sie dann einen Grund mehr, den bösen Affendämon zu verfluchen.«
»Ein paar könnten sich wehren.«
»Sorge dafür, dass ihnen das nichts nützt.«
»Was machen wir mit denen, die hier wohnen?«
»Sie bekommen genug Zeit, um ihr Eigentum fortzuschaffen, dann werden sie vertrieben. Versucht sie nicht gleich umzubringen, sie sind schließlich nicht der Feind. Und keine Vergewaltigungen mehr! Halt deine Männer verflucht noch mal im Zaum.«
»Sie sind Söldner, keine Septone«, erwiderte Bronn. »Als Nächstes verlangt Ihr noch, dass sie nüchtern bleiben.«
»Schaden könnte es nicht.«
Tyrion wünschte sich, er könnte die Stadtmauern ebenso leicht aufs Doppelte erhöhen und aufs Dreifache verstärken. Obwohl das vielleicht gar keine Rolle spielte. Dicke Mauern und hohe Türme hatten weder Sturmkap noch Harrenhal gerettet, nicht einmal Winterfell.
Er erinnerte sich an seinen letzten Besuch auf Winterfell. Die Burg war nicht so grotesk riesig wie Harrenhal, nicht so fest und unbezwingbar wie Sturmkap, und dennoch ruhte große Kraft in diesen Steinen, und im Inneren der Mauern fühlte man sich sicher. Die Nachricht vom Fall der Burg hatte ihn erschüttert. »Die Götter geben mit der einen und nehmen mit der anderen Hand«, murmelte er, nachdem Varys ihm berichtet hatte. Sie hatten Harrenhal den Starks gegeben und ihnen Winterfell genommen, ein schlechter Tausch.
Zweifellos sollte er darüber frohlocken. Robb Stark würde sich jetzt nach Norden wenden müssen. Wenn er Heim und Herd nicht verteidigen konnte, was für ein König war er dann? Das bedeutete eine Gnadenfrist für den Westen, für das Haus Lennister und doch …
Tyrion konnte sich kaum an Theon Graufreud erinnern. Ein unreifer Jüngling, der stets lächelte und gut mit Pfeil und Bogen umzugehen wusste; es war schwierig, ihn sich als Lord von Winterfell vorzustellen. Der Lord von Winterfell würde immer ein Stark sein.
Er erinnerte sich an den dortigen Götterhain; an die hohen Wachbäume, die in ihre graugrünen Nadeln gerüstet waren, an die großen Eichen, an den Weißdorn und die Eschen und Soldatenkiefern, an den Herzbaum in der Mitte, der einem bleichen, erstarrten Riesen gleich aufragte. Er meinte fast, diesen Ort zu riechen, erdig und brütend, diesen Geruch von Jahrhunderten, und er erinnerte sich daran, wie dunkel es selbst bei Tag in dem Hain gewesen war. Dieser Wald war Winterfell. Er war der Norden. Nie zuvor habe ich mich an einem Ort so fehl am Platze gefühlt, so unwillkommen, so als Eindringling . Er fragte sich, ob die Graufreuds das wohl ebenfalls spürten. Die Burg gehörte ihnen vielleicht, der Götterhain jedoch würde nie der Ihre sein. Nicht in einem Jahr, nicht in zehn oder fünfzig.
Tyrion Lennister lenkte sein Pferd langsam zum Schlammtor. Winterfell ist unwichtig für dich, erinnerte er sich. Sei froh,
dass die Burg gefallen ist, und kümmere dich lieber um deine eigenen Mauern. Das Tor war offen. Dahinter standen auf dem Marktplatz drei große Katapulte, die wie drei riesige Vögel über die Wehrgänge spähten. Ihre Wurfarme waren aus den Stämmen alter Eichen gefertigt und mit Eisenbändern verstärkt worden, damit sie nicht splitterten. Die Goldröcke hatten sie die Drei Huren genannt, weil sie Lord Stannis einen herzlichen Empfang bereiten würden. Jedenfalls hoffen wir das.
Tyrion gab seinem Pferd die Sporen und trabte durch das Schlammtor gegen eine Flut von Menschen an. Nachdem er
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