Das Lied von Eis und Feuer 04 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 04 - A Clash of Kings (Pages 332-728)
Sogar bei seiner Geburt … Ich habe anderthalb Tage in den Wehen gelegen, um ihn zur Welt zu bringen. Du kannst dir den Schmerz nicht vorstellen, Sansa. Ich habe so laut geschrien, dass ich dachte, selbst Robert im Königswald müsse mich hören.«
»Seine Gnaden war nicht bei Euch?«
»Robert? Robert war auf der Jagd. So hat er es immer gehalten. Wann immer meine Zeit nahte, ist mein königlicher Gemahl mit seinen Jägern und Hunden zu den Bäumen geflohen. Wenn er zurückkehrte, präsentierte er mir ein paar Pelze oder den Kopf eines Hirsches, und ich präsentierte ihm einen Säugling.
Nicht, dass ich ihn gern dabei gehabt hätte . Schließlich hatte ich Großmaester Pycelle und eine Armee von Hebammen und außerdem meinen Bruder. Als sie Jaime sagten, ihm sei die Anwesenheit im Entbindungsgemach nicht gestattet, hat er nur gelächelt und gefragt, wer von ihnen vorhabe, ihn davon abzuhalten.
Joffrey wird solche Hingabe wohl kaum zeigen, fürchte ich. Du könntest deiner Schwester dafür danken, wenn sie
nicht tot wäre. Den Tag am Trident, als du mit angesehen hast, wie sie ihn beschämt hat, wird er wohl nie vergessen, also beschämt er im Gegenzug dich. Aber du bist viel stärker, als du aussiehst. Ein wenig Demütigung wirst du schon ertragen. Das habe ich auch getan. Vielleicht wirst du den König niemals lieben, aber bestimmt seine Kinder.«
»Ich liebe Seine Gnaden von ganzem Herzen«, beteuerte Sansa.
Die Königin seufzte. »Du solltest dir ein paar neue Lügen ausdenken, und zwar schnell. Diese wird Lord Stannis nicht besonders gut gefallen, das verspreche ich dir.«
»Der neue Hohe Septon sagte, die Götter würden Lord Stannis niemals den Sieg schenken, weil Joffrey der rechtmäßige König ist.«
Ein schwaches Lächeln huschte über das Gesicht der Königin. »Roberts Sohn und Erbe. Obwohl Joff immer schrie, wenn Robert ihn auf den Arm nahm. Seiner Gnaden gefiel das nicht. Seine Bastarde haben stets fröhlich gelallt, und an seinem Finger gesaugt, wenn er ihn ihnen in die niederen kleinen Mäuler gesteckt hat. Robert war immer scharf auf Lächeln und Jubelrufe gewesen. Deshalb ging er für gewöhnlich dorthin, wo er sie fand, zu seinen Freunden und seinen Huren. Robert wollte geliebt werden. Mein Bruder Tyrion hat die gleiche Krankheit. Willst du auch geliebt werden, Sansa?«
»Jeder will doch geliebt werden.«
»Nun, durch dein Erblühen bist du auch nicht weiser geworden«, erwiderte Cersei. »Sansa, erlaube mir, an diesem für dich so besonderen Tag eine weibliche Weisheit mit dir zu teilen. Liebe ist Gift. Ein süßes Gift, gewiss, aber umbringen wird es dich trotzdem.«
JON
Im Klagenden Pass war es düster. Die hohen Steinflanken der Berge verbargen die Sonne den größten Teil des Tages über, und so ritten sie im Schatten dahin, während der Atem von Mensch und Tier in der kalten Luft dampfte. Eisige Wasserfinger rannen vom Schnee über ihnen herab und sammelten sich in kleinen gefrorenen Lachen, die unter den Hufen der kleinen Pferde krachten und brachen. Manchmal ragten ein paar Unkräuter aus einer Felsspalte oder bleiche Flechten überzogen einen Stein, ansonsten gab es kein Gras, und die Baumgrenze hatten sie schon lange hinter sich gelassen.
Der Weg war inzwischen ebenso steil wie schmal und wand sich immerfort aufwärts. Wenn der Pass so eng wurde, dass sie nur noch einzeln hintereinander vorwärtskamen, übernahm Knappe Dalbrück die Führung, suchte die Höhen vor ihnen ab und hatte seinen Langbogen stets zur Hand. Es hieß, er habe die schärfsten Augen der ganzen Nachtwache.
Geist trabte rastlos an Jons Seite dahin. Von Zeit zu Zeit blieb er stehen, drehte sich um und stellte die Ohren auf, als würde er hinter ihnen etwas hören. Jon glaubte zwar nicht, dass die Schattenkatzen lebende Menschen angreifen würden, solange sie nicht dem Hungertod nahe waren, doch er trug Langklaue dennoch stets locker in der Scheide.
Ein windzerklüfteter Bogen aus grauem Stein zeigte den höchsten Punkt des Passes an. Hier wurde der Weg wieder breiter und begann den langen Abstieg hinunter ins Tal des Milchwasser. Qhorin beschloss, dass sie ein wenig ausruhen
sollten, bis die Schatten wieder länger würden. »Schatten sind die Freunde der Männer in Schwarz«, sagte er.
Jon erkannte den Sinn, der dahintersteckte. Zwar wäre es angenehm, eine Zeit lang im Licht zu reiten, die helle Sonne der Berge durch die Mäntel zu spüren und sich die Knochen etwas aufzuwärmen, doch sie durften das
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