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Das Lied von Eis und Feuer 04 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 04 - A Clash of Kings (Pages 332-728)

Das Lied von Eis und Feuer 04 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 04 - A Clash of Kings (Pages 332-728)

Titel: Das Lied von Eis und Feuer 04 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 04 - A Clash of Kings (Pages 332-728) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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sprossen einfache Erdhütten und Zelte aus Fell in die Höhe wie Pockennarben auf dem Antlitz der Erde. Er entdeckte unordentliche
Heuhaufen, roch Ziegen und Schafe, Pferde und Schweine und Hunde in großer Zahl. Rauchsäulen stiegen von tausend Feuern auf.
    Das ist weder eine Armee noch eine Stadt. Hier hat sich ein ganzes Volk versammelt.
    Auf der anderen Seite des Sees bewegte sich einer der Heuhaufen. Er sah genau hin; es war gar kein Heuhaufen, sondern es lebte, ein zotteliges schwerfälliges Tier mit einer Schlange als Nase und Stoßzähnen, welche die des riesigsten Keilers übertrafen, der je gelebt hatte. Und das Ding, das darauf ritt, war ebenso riesig, und seine Beine und die Hüften waren viel zu dick, als dass es ein Mensch hätte sein können.
    Dann sträubte sich sein Fell in einem plötzlichen kalten Hauch, und er hörte Flügelschlag. Als er den Blick zu den eisweißen Bergen über ihm hob, stürzte ein Schatten aus dem Himmel. Ein schriller Schrei gellte durch die Luft. Blaugraue Schwingen breiteten sich weit aus und verdeckten die Sonne …
    »Geist!«, rief Jon und setzte sich auf. Er spürte noch immer die Krallen, den Schmerz. »Geist, zu mir!«
    Ebben trat zu ihm, packte ihn, schüttelte ihn. »Still! Willst du die Wildlinge anlocken? Was ist denn los mit dir, mein Junge?«
    »Ich habe nur geträumt«, erwiderte Jon schwach. »Ich war Geist, und ich stand am Rand eines Abgrunds und habe auf einen gefrorenen Fluss hinuntergeschaut, und dann hat mich etwas angegriffen. Ein Vogel … ein Adler, glaube ich …«
    Knappe Dalbrück lächelte. »In meinen Träumen sehe ich immer hübsche Frauen. Wenn ich nur öfter träumen würde.«
    Qhorin kam heran. »Ein gefrorener Fluss, sagst du?«
    »Der Milchwasser entspringt einem großen See am Fuße eines Gletschers«, warf Steinschlange ein.
    »Außerdem war da ein Baum mit dem Gesicht meines Bruders. Die Wildlinge … es waren Tausende, ich hätte nie
gedacht, dass es so viele gibt. Und Riesen, die auf Mammuts ritten.« Dem Licht nach schätzte Jon, dass er etwa vier oder fünf Stunden geschlafen haben musste. Sein Kopf schmerzte, und im Nacken brannte ihm noch die Stelle, wo ihn die Krallen gepackt hatten. Aber das gehörte zu dem Traum.
    »Erzähl mir alles, woran du dich erinnerst, von Anfang bis Ende«, sagte Qhorin Halbhand.
    Jon war verwirrt. »Es war doch nur ein Traum.«
    »Ein Wolfstraum«, erklärte Halbhand. »Craster hat dem Lord Kommandanten erzählt, dass sich die Wildlinge an der Quelle des Milchwasser versammeln. Vielleicht hast du deshalb davon geträumt. Vielleicht hast du aber auch gesehen, was uns ein paar Marschstunden voraus erwartet. Erzähl schon.«
    Er kam sich vor wie ein Dummkopf, während er Qhorin und den anderen von diesem Traum berichtete, doch er befolgte den Befehl. Immerhin lachte ihn keiner der schwarzen Brüder aus. Nachdem er geendet hatte, lächelte selbst Knappe Dalbrück nicht mehr.
    »Leibwechsler?«, fragte Ebben grimmig und blickte Halbhand an. Meint er den Adler?, fragte sich Jon. Oder mich? Leibwechsler und Warge kamen in den Geschichten von der Alten Nan vor, nicht in der Welt, in der er sein bisheriges Leben verbracht hatte. Dennoch war es in dieser eigenartigen kargen Wildnis aus Fels und Eis nicht schwer, an solche Wesen zu glauben.
    »Die kalten Winde erheben sich. Mormont hat das bereits gefürchtet. Benjen Stark hat es ebenfalls gespürt. Tote wandeln umher, und die Bäume haben wieder Augen. Warum sollten wir uns gegen Warge und Riesen sträuben?«
    »Heißt das, dass sich meine Träume auch erfüllen?«, fragte Knappe Dalbrück. »Dann kann Lord Schnee seine Mammuts behalten, und ich will meine Frauen.«
    »Ich diene schon von Kindheit an in der Wache, und ich bin so weit gekommen wie wenige andere«, erwiderte Ebben.
»Die Knochen von Riesen habe ich schon gesehen und viele seltsame Geschichten über sie gehört, aber mehr nicht. Ich möchte sie endlich mit eigenen Augen sehen.«
    »Pass nur auf, dass sie dich nicht erwischen«, warnte Steinschlange.
    Geist war noch nicht zurück, als sie wieder aufbrachen. Die Schatten bedeckten inzwischen den Boden des Passes, und die Sonne sank rasch auf den zerklüfteten Doppelgipfel zu, den die Grenzer Gabelspitze genannt hatten. Wenn der Traum wahr wäre … Allein der Gedanke erschreckte ihn. Hatte der Adler Geist verletzt oder ihn in den Abgrund gestoßen? Und was war mit dem Wehrholzbaum, der das Gesicht seines Bruders trug und der nach Tod und Düsternis

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