Das Lied von Eis und Feuer 04 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 04 - A Clash of Kings (Pages 332-728)
Wahnsinn übermannte sie. Sie zog sich am Bettpfosten hoch, ging zum Becken, wusch sich zwischen den Beinen und scheuerte die rote Feuchtigkeit fort. Als sie damit fertig war, war das Wasser rosa gefärbt. Wenn die Dienstmädchen das sahen, würden sie Bescheid wissen . Dann erinnerte sie sich an die Bettwäsche. Sie lief zum Bett und starrte entsetzt auf den dunkelroten Fleck, der die ganze Geschichte verriet. In ihrem Kopf kreiste nur ein einziger Gedanke: Sie musste den Fleck verschwinden lassen, sonst würden sie ihn sehen. Und das durften sie nicht, sonst würde man sie mit Joffrey verheiraten, und dann müsste sie das Bett mit ihm teilen.
Also holte sie ihr Messer hervor und schnitt den Flecken aus dem Laken. Und was sage ich, wenn sie mich nach dem Loch fragen? Tränen rannen ihr über das Gesicht. Sie riss das beschädigte Laken und auch die beschmutzte Decke vom Bett. Ich muss sie verbrennen. Sie ballte die Beweisstücke zusammen, stopfte sie in den Kamin, goss Öl aus der Lampe neben dem Bett darüber und zündete sie an. Dann entdeckte sie, dass das Blut durch das Laken in die Federmatratze gesickert war, und so knüllte sie diese ebenfalls zusammen, doch sie war groß und sperrig und schwer zu bewegen. Sansa bekam nur die Hälfte ins Feuer. Sie hockte sich auf die Knie und schob die Matratze weiter in die Flammen. Dicker grauer Rauch hüllte sie ein und füllte das Zimmer, als die Tür aufging und sie hörte, wie ihre Zofe vor Schreck nach Luft schnappte.
Am Ende waren drei Dienstmädchen notwendig, um sie vom Kamin fortzuzerren. Und alles war vergeblich. Zwar waren die Bettsachen verbrannt, doch als man sie wegzog, waren ihre Schenkel bereits wieder blutig. Ihr eigener Körper hatte sie an Joffrey verraten, hatte ein Banner im Scharlachrot der Lennisters, gehisst vor aller Augen.
Nachdem das Feuer gelöscht war, trug man die versengte Federmatratze fort, lüftete, bis der ärgste Rauch abgezogen war, und holte eine Wanne. Frauen kamen und gingen, murmelten etwas und schauten sie seltsam an. Sie füllten die Wanne mit brühheißem Wasser, badeten sie, wuschen ihr das Haar und gaben ihr ein Tuch, das sie zwischen den Beinen tragen sollte. Inzwischen hatte sich Sansa wieder beruhigt und schämte sich für ihre Einfalt. Der Rauch hatte die meisten ihrer Kleider verdorben. Eine der Frauen ging hinaus und kehrte mit einem grünen Wollkleid zurück, das ungefähr ihre Größe hatte. »Es ist nicht so schön wie Eure eigenen, aber es wird genügen«, sagte sie, während sie es Sansa über den Kopf streifte. »Eure Schuhe sind nicht verbrannt, daher braucht Ihr der Königin wenigstens nicht barfuß gegenüberzutreten. «
Cersei Lennister saß beim Frühstück, als Sansa in ihr Solar geführt wurde. »Du darfst dich setzen«, sagte die Königin huldvoll. »Bist du hungrig?« Sie wies mit einer Geste auf den Tisch. Es gab Haferbrei, Honig, Milch, gekochte Eier und knusprig gebratenen Fisch.
Beim Anblick der Speisen wurde Sansa übel. Ihr Bauch hatte sich zu einem schmerzhaften Knoten verkrampft. »Nein danke, Euer Gnaden.«
»Ich kann dir keinen Vorwurf machen. Bei dem, was Tyrion und Lord Stannis treiben, schmeckt alles, was ich esse, nach Asche. Und jetzt legst du auch noch Feuer. Was wolltest du denn damit erreichen?«
Sansa senkte den Kopf. »Das Blut hat mich erschreckt.«
»Das Blut ist das Siegel unserer Weiblichkeit. Lady Catelyn hätte dich darauf vorbereiten sollen. Du erblühst zum ersten Mal, mehr nicht.«
Selten hatte sich Sansa weniger blühend gefühlt. »Meine Hohe Mutter hat es mir erklärt, aber ich … ich hatte es mir ganz anders vorgestellt.«
»Anders? Inwiefern?«
»Ich weiß nicht. Weniger … weniger schmutzig und eher magisch.«
Königin Cersei lachte. »Warte, bis du dein erstes Kind zur Welt bringst, Sansa. Das Leben einer Frau besteht zu neun Teilen aus Schmutz und zu einem Teil aus Magie, das wirst du noch früh genug lernen … und die Dinge, die wie Magie aussehen, enden oft im größten Schmutz.« Sie trank einen Schluck Milch. »Also bist du jetzt eine Frau. Hast du eine Vorstellung davon, was das bedeutet?«
»Es bedeutet, dass ich nun reif bin, die Ehe zu schließen und zu vollziehen«, erwiderte Sansa, »und dem König Kinder zu gebären.«
Die Königin lächelte sie schief an. »Diese Aussicht scheint dir lange nicht mehr so gut zu gefallen wie noch vor einiger Zeit, das sehe ich wohl. Aber ich will dir das nicht übel nehmen. Joffrey war schon immer schwierig.
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