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Das Lied von Eis und Feuer 04 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 04 - A Clash of Kings (Pages 332-728)

Das Lied von Eis und Feuer 04 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 04 - A Clash of Kings (Pages 332-728)

Titel: Das Lied von Eis und Feuer 04 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 04 - A Clash of Kings (Pages 332-728) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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feine Leinengewand eines Rittersohns trug. Die Hand der alten Frau war knochig und voller Schwielen, die des Knaben klein und weich, doch es war schön, sich an jemandem festhalten zu können. Die Luft war heiß und stickig und roch nach Weihrauch und Schweiß, sie leuchtete vom Licht der Kristalle und den Flammen der Kerzen; ihr wurde schwindlig davon.
    Sie kannte die Hymne; ihre Mutter hatte sie ihr vor langer Zeit in Winterfell beigebracht. Sie stimmte ein.
    Edle Mutter, Quell der Gnade
Rett’ unsre Söhne vor dem Krieg.
Senk ihre Schwerter, ihre Pfeile,
Zeig’ ihnen einen besseren Weg.
Edle Mutter, Stärkste der Frauen,
Hilf unsren Töchtern durch diesen Streit.
Lindere Zorn, bezähm die Wut,
Zeig uns den Weg in die bessere Zeit.
    Auf der anderen Seite der Stadt waren Tausende in die Große Septe von Baelor auf Visenyas Hügel geströmt und sangen
dort ebenfalls. Die Stimmen würden über die Stadt schweben, über den Fluss und in den Himmel hinaufsteigen. Gewiss werden die Götter uns hören, dachte sie.
    Sansa kannte die meisten Lieder und versuchte bei den anderen mitzukommen so gut es ging. Sie sang mit grauhaarigen alten Dienstboten und bangen jungen Ehefrauen, mit Mägden und Soldaten, Köchen und Falknern, Rittern und Schurken, Knappen und Knaben und stillenden Müttern. Sie sang mit jenen innerhalb der Burgmauern und jenen davor, sang mit der ganzen Stadt. Sie sang um Gnade für die Lebenden und die Toten, für Bran und Rickon und Robb, für ihre Schwester Arya und ihren Bastardbruder Jon Schnee auf der Mauer. Sie sang für ihre Mutter und ihren Vater, für ihren Großvater Lord Hoster und ihren Onkel Edmure Tully, für ihre Freundin Jeyne Pool, für den alten betrunkenen König Robert, für Septa Mordane und Ser Dontos und Jory Cassel und Maester Luwin, für all die tapferen Ritter und Soldaten, die heute sterben würden, und für die Kinder und Frauen, die um sie trauern würden, und schließlich sang sie am Ende sogar für Tyrion den Gnom und den Bluthund. Er ist kein wahrer Ritter, trotzdem hat er mich gerettet, erzählte sie der Mutter. Beschütze ihn, wenn du kannst, und bezähme den Zorn, den er in sich trägt.
    Doch als der Septon aufstand und die Götter anrief, ihren wahren und edlen König zu beschützen, erhob sich Sansa. Die Gänge waren voller Menschen. Sie musste sich hindurchschieben, während der Septon den Schmied anrief, damit er Joffreys Schwertarm Kraft verleihe, den Krieger, damit er ihm Mut gebe, den Vater, um ihn bei seinem Tun zu beschützen. Soll sein Schwert brechen und sein Schild zerbersten, dachte Sansa kalt und schob sich durch die Türen nach draußen, soll ihn der Mut verlassen und ihm jeder Soldat davonlaufen.
    Auf dem Wehrgang des Torhauses patrouillierten einige Wachen, ansonsten schien die Burg verlassen zu sein. Sansa
blieb stehen und lauschte. Aus der Ferne hörte sie die Schlacht. Der Gesang übertönte den Lärm beinah, doch er war nicht zu überhören, wenn man nur die Ohren spitzte: das tiefe Klagen der Schlachthörner, das Krachen der Katapulte, die Steine schleuderten, das Platschen und Splittern, das Knistern brennenden Pechs und das Dröhnen der Skorpione, die ihre meterlangen mit Eisenspitzen versehenen Pfeile abschossen … und dazwischen die Schreie sterbender Männer.
    Das war ein ganz anderes Lied, ein schreckliches Lied. Sansa zog sich die Kapuze ihres Mantels über die Ohren und eilte zu Maegors Feste, der Burg innerhalb der Burg, wo alle, so hatte die Königin versprochen, sich in Sicherheit befinden würden. Am Fuß der Zugbrücke traf sie Lady Tanda und ihre beiden Töchter. Falyse war gestern mit einem kleinen Trupp Soldaten aus Burg Schurwerth eingetroffen. Sie versuchte gerade ihre Schwester dazu zu überreden, auf die Brücke zu kommen, doch Lollys klammerte sich an ihre Zofe und schluchzte: »Ich will nicht, ich will nicht, ich will nicht!«
    »Die Schlacht hat begonnen« , sagte Lady Tanda mit brüchiger Stimme.
    »Ich will nicht, ich will nicht.«
    Für Sansa gab es keine Möglichkeit, ihnen auszuweichen. Sie grüßte höflich. »Kann ich irgendwie helfen?«
    Lady Tanda errötete vor Scham. »Nein, Mylady, aber wir danken ergebenst. Ihr müsst meiner Tochter vergeben, es geht ihr nicht gut.«
    »Ich will nicht.« Lollys klammerte sich immer noch an ihre Zofe, ein hübsches schlankes Mädchen mit kurzem dunklem Haar, das aussah, als würde es seine Herrin am liebsten in den Burggraben stoßen, direkt auf die eisernen Stacheln.

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