Das Lied von Eis und Feuer 04 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 04 - A Clash of Kings (Pages 332-728)
mit Winterfell gemeint hatte, doch sie getraute sich nicht. Ich werde Elmar fragen, tröstete sie sich. Elmar wird es mir erzählen. Die Egel, die sie vorsichtig vom Körper des Lords pflückte, zappelten träge in ihren Fingern und waren feucht und aufgebläht vom Blut. Es sind doch nur Egel, rief sie sich in Erinnerung. Wenn ich meine Hand zur Faust balle, würde ich sie zwischen den Fingern zerquetschen.
»Von Eurer Hohen Gemahlin ist ein Brief eingetroffen.« Qyburn zog eine Pergamentrolle aus dem Ärmel. Obwohl er die Robe eines Maesters trug, hing keine Kette um seinen Hals; es wurde getuschelt, er habe sie verloren, weil er sich mit Nekromantie beschäftigt habe.
»Lest ihn bitte vor«, sagte Bolton.
Lady Walda schrieb jeden Tag von den Zwillingen, doch ihre Briefe lauteten alle gleich. »Ich bete morgens, mittags, und abends für Euch, mein geliebter Lord«, schrieb sie, »und zähle die Tage, bis Ihr mein Bett wieder teilt. Kehrt bald zu mir zurück, und ich werde Euch viele Söhne schenken, die an die Stelle Eures teuren Domeric treten können und Grauenstein nach Euch regieren werden.« Arya stellte sich einen dicken rosafarbenen Säugling in einer Wiege vor, der mit dicken rosafarbenen Blutegeln bedeckt war.
Sie brachte Lord Bolton ein feuchtes Tuch, damit er seinen weichen, haarlosen Körper abwischen konnte. »Ich werde selbst einen Brief schreiben«, teilte er dem einstigen Maester mit.
»An Lady Walda?«
»An Ser Helman Tallhart.«
Vor zwei Tagen war ein Reiter von Ser Helman eingetroffen. Tallharts Männer hatten nach kurzer Belagerung die Burg der Darrys eingenommen und die Kapitulation der Lennister-Soldaten entgegengenommen.
»Schreibt ihm, er solle die Gefangenen töten und die Burg niederbrennen, und zwar auf Befehl des Königs. Dann soll er sich zu Robett Glauer gesellen und nach Osten gegen Dämmertal ziehen. Das Land dort ist reich und von den Kämpfen kaum berührt worden. Es ist Zeit, dass die Menschen dort den Krieg kennenlernen. Glauer hat eine Burg verloren und Tallhart einen Sohn. Mögen sie ihre Rache an Dämmertal nehmen.«
»Ich werde den Brief für Euer Siegel vorbereiten, Mylord. «
Arya freute sich, dass die Burg der Darrys abgebrannt werden sollte. Dorthin hatte man sie gebracht, als man sie nach ihrem Kampf mit Joffrey eingefangen hatte, und dort hatte die Königin ihren Vater gezwungen, Sansas Wolf zu töten. Die Burg hat es verdient niederzubrennen . Sie wünschte nur, Robett Glauer und Ser Helman würden trotzdem nach Harrenhal zurückkehren; sie waren zu früh aufgebrochen, noch ehe sie entschieden hatte, ob sie ihnen ihr Geheimnis anvertrauen konnte oder nicht.
»Heute werde ich jagen«, verkündete Roose Bolton, dem Qyburn in ein gestepptes Wams half.
»Ist das nicht gefährlich, Mylord?«, fragte Qyburn. »Erst vor drei Tagen wurden Septon Utts Männer von Wölfen angegriffen. Die Bestien sind bis in sein Lager gekommen, fast bis ans Feuer, und haben zwei Pferde getötet.«
»Gerade Wölfe will ich jagen. Wegen des Geheuls in der Nacht kann ich kaum noch schlafen.« Bolton schnallte sich das Gehänge um und rückte Schwert und Dolch zurecht. »Es heißt, die Schattenwölfe wären früher in großen Rudeln zu
hundert Tieren oder mehr durch den Norden gestreift und hätten weder Mensch noch Mammut gefürchtet, aber das war vor langer Zeit in einem anderen Land. Trotzdem ist es seltsam, wenn die gewöhnlichen Wölfe im Süden so dreist werden.«
»Schreckliche Zeiten bringen schreckliche Dinge hervor, Mylord.«
Bolton fletschte die Zähne zu einer Miene, die man durchaus als Lächeln betrachten konnte. »Sind diese Zeiten wirklich so schrecklich, Maester?«
»Der Sommer ist vorbei, und das Reich hat vier Könige.«
»Ein König kann vielleicht schrecklich sein, aber vier?« Er zuckte die Achseln. »Nan, meinen Pelzumhang.« Sie reichte ihn ihm. »Bei meiner Rückkehr ist meine Kammer sauber und aufgeräumt«, sagte er zu ihr, während sie den Umhang vorn verschloss. »Und kümmere dich um Lady Waldas Brief.«
»Wie Ihr wünscht, Mylord.«
Der Lord und der Maester eilten hinaus und würdigten sie keines zweiten Blickes. Nachdem sie gegangen waren, nahm Arya den Brief, trug ihn zum Kamin, stocherte in der Glut und warf das Pergament hinein. Sie sah zu, wie es sich wellte, schwarz wurde und Feuer fing. Wenn die Lennisters Bran und Rickon ein Leid zugefügt haben, wird Robb sie einen nach dem anderen töten. Er wird niemals, nie, nie, niemals das Knie beugen.
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