Das Lied von Eis und Feuer 04 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 04 - A Clash of Kings (Pages 332-728)
Geschmack.« Stannis knirschte mit den Zähnen. »Falls jemand behaupten würde, ich hätte mich in den Eber verwandelt, der Robert getötet hat, würden die Leute das vermutlich auch glauben.«
»Man kann ihrem Geschwätz nicht Einhalt gebieten, mein Lehnsherr«, sagte Davos, »doch wenn Ihr Rache an den wahren Mördern Eurer Brüder nehmt, wird das Reich die Wahrheit von den Lügen unterscheiden können.«
Stannis schien ihn nur halb zu hören. »Ohne Zweifel hatte Cersei bei Roberts Tod die Hand im Spiel. Ich werde Gerechtigkeit für ihn fordern. Und natürlich auch für Ned Stark und Jon Arryn.«
»Und für Renly?« Davos hatte die Frage ausgesprochen, ehe er sie sich recht überlegt hatte.
Lange Zeit erwiderte der König nichts. Dann sagte er sehr leise: »Davon träume ich manchmal. Von Renlys Tod. Ein grünes Zelt, Kerzen, eine schreiende Frau. Überall Blut.« Stannis sah auf seine Hände hinab. »Ich habe noch geschlafen, als er starb. Euer Devan kann das bezeugen. Er wollte mich wecken. Der Morgen hat bereits gedämmert, und
meine Lords warteten voller Sorge. Ich hätte längst gerüstet im Sattel sitzen sollen. Renly würde bei Tagesanbruch angreifen. Devan sagt, ich habe um mich geschlagen und geschrien, aber was hat das schon zu bedeuten? Es war nur ein Traum. Ich war in meinem Zelt, als Renly starb, und als ich aufwachte, waren meine Hände rein.«
Ser Davos Seewert konnte die Phantom-Fingerspitzen spüren, die ihn juckten. Irgendetwas stimmt da nicht , ging es dem einstigen Schmuggler durch den Kopf. Dennoch nickte er. »Ich verstehe.«
»Renly hat mir einen Pfirsich angeboten. Bei unserer Unterredung. Er hat mich verspottet, sich mir widersetzt, mich bedroht und mir einen Pfirsich angeboten. Ich dachte, er würde eine Waffe ziehen, als er ihn hervorgeholt hat, und habe nach meiner gegriffen. War das Absicht, damit ich meine Furcht offenbare? Oder war es nur einer seiner belanglosen Scherze? Er sagte, der Pfirsich sei sehr süß. Hatten seine Worte eine verborgene Bedeutung?« Der König schüttelte den Kopf wie ein Hund, der einem Kaninchen das Genick brechen will. »Nur Renly konnte mich mit einem Stück Obst so rasend machen. Er hat sein Schicksal durch seinen Verrat selbst entschieden, und trotzdem habe ich ihn geliebt, Davos. Das weiß ich jetzt. Ich schwöre, ich werde bis an mein Lebensende über den Pfirsich meines Bruders nachdenken.«
Inzwischen hatten sie das Lager erreicht und ritten an den ordentlichen Reihen von Zelten, den wehenden Fahnen und den Stapeln von Schilden und Speeren vorbei. Der Gestank von Pferdemist hing in der Luft und vermischte sich mit Rauch und Kochgerüchen. Stannis zügelte sein Pferd kurz, entließ schroff Lord Florent und die anderen und befahl ihnen, sich in einer Stunde zum Kriegsrat in seinem Pavillon einzufinden. Sie neigten die Köpfe und verteilten sich, während Davos und Melisandre mit Stannis zum Pavillon des Königs ritten.
Die Größe des Zeltes war notwendig, denn hier versammelten
sich die Vasallen zum Rat. Prächtig konnte man es allerdings nicht nennen. Es handelte sich um ein einfaches Soldatenzelt aus schwerer Leinwand, die in einem dunklen Gelb gefärbt war, welches man in bestimmtem Licht für Gold halten mochte. Allein das königliche Banner auf dem Pfosten in der Mitte zeichnete es als Stannis’ Sitz aus. Das und die Wachen davor; Männer der Königin, die auf langen Speeren lehnten und das Wappen des flammenden Herzens über dem eigenen auf der Brust trugen.
Stallburschen liefen herbei und halfen ihnen beim Absteigen. Eine der Wachen nahm Melisandre das Banner ab und stieß es tief in den weichen Boden. Devan stand auf der einen Seite der Tür, bereit, die Zeltklappe für den König zu öffnen. Ein älterer Knappe stand an seiner Seite. Stannis nahm die Krone ab und reichte sie Devan. »Kaltes Wasser, zwei Becher. Davos, gesellt Euch zu mir. Mylady, ich lasse Euch rufen, sollte ich Euch brauchen.«
»Wie der König befiehlt.« Melisandre verneigte sich.
Nach dem hellen Morgenlicht draußen war es im Innern des Pavillons kühl und dämmerig. Stannis setzte sich auf einen einfachen Feldstuhl und bot Davos mit einer Geste einen zweiten an. »Eines Tages werde ich Euch zum Lord machen, Schmuggler. Und sei es nur, um Celtigar oder Florent zu ärgern. Ihr werdet mir dafür allerdings nicht dankbar sein, denn dann müsst Ihr alle Ratsversammlungen über Euch ergehen lassen und so tun, als würde Euch das Geschrei dieser Maultiere
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