Das Lied von Eis und Feuer 05 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 05 - A Storm of Swords. Book Three of A Song of Ice and Fire (1)
tränen.
Geblendet und müde rollte sich Davos auf das Stroh und überließ sich dem Schlaf.
Drei Tage später – nun, Haferbrei war dreimal und Neunauge zweimal gekommen – hörte Davos vor seiner Zelle Stimmen. Augenblicklich richtete er sich auf, lehnte sich an die Steinwand und lauschte einem Streit. Das war neu für ihn, eine Abwechslung in dieser ewig gleichen Welt. Der Lärm kam von links, wo die Treppe zum Tageslicht hinaufführte. Er konnte die Stimme eines Mannes vernehmen, der laut flehte und zeterte.
»... verrückt!«, sagte der Mann, als er in Sicht kam und von zwei Wachen mit flammenden Herzen auf der Brust vor die Zelle gezerrt wurde. Haferbrei ging vor ihnen her und klimperte mit einem Schlüsselring, und Ser Axell Florent ging hinter ihnen. »Axell«, sagte der Gefangene verzweifelt, »bei aller Liebe, die du für mich hegst, lass mich frei! Das kannst du doch nicht tun, ich bin kein Hochverräter.« Es handelte sich um einen älteren Mann, groß und schlank, mit silbergrauem Haar, Spitzbart und langem, elegantem, jetzt jedoch vor Furcht verzerrtem Gesicht. »Wo ist Selyse, wo ist die Königin? Ich verlange, sie zu sprechen. Die Anderen sollen euch alle holen! Lasst mich frei!«
Die Wachen hörten nicht auf sein Geschrei. »Hier?«, fragte Haferbrei vor der Zelle. Davos erhob sich. Einen Augenblick lang erwog er, sich auf sie zu stürzen, wenn die Tür sich öffnete, doch das war aussichtslos. Sie waren zu viele, die Wachen trugen Schwerter, und Haferbrei war stark wie ein Bulle.
Ser Axell antwortete dem Kerkermeister mit einem knappen Nicken. »Sollen die Verräter doch gegenseitig ihre Gesellschaft genießen.«
»Ich bin kein Verräter!«, kreischte der Gefangene, während Haferbrei die Tür aufsperrte. Obwohl er einfach gekleidet war, in ein graues Wollwams und schwarze Hosen, verriet seine Sprache die edle Herkunft. Seine Herkunft wird ihm hier nichts nützen, dachte Davos.
Haferbrei schob schwungvoll die Gittertür auf, Ser Axell nickte, und die Wachen stießen ihren Gefangenen mit Wucht
hinein. Der Mann stolperte und wäre gestürzt, hätte Davos ihn nicht aufgefangen. Sofort wandte er sich um und taumelte zurück zur Tür, die ihm in das bleiche, verhätschelte Gesicht geworfen wurde. »Nein!« , schrie er. »Neiiin.« Plötzlich gaben die Beine unter ihm nach, er glitt langsam zu Boden und umklammerte dabei immer noch die Gitterstäbe. Ser Axell, Haferbrei und die Wachen hatten sich bereits umgedreht und gingen davon. »Das könnt ihr nicht tun«, schrie der Gefangene ihnen hinterher. » Ich bin die Hand des Königs!«
In diesem Moment erkannte ihn Davos. »Ihr seid Alester Florent.«
Der Mann wandte den Kopf um. »Wer ...?«
»Ser Davos Seewert.«
Lord Alester blinzelte. »Seewert ... der Zwiebelritter. Ihr habt versucht, Melisandre zu ermorden.«
Davos leugnete das nicht. »Bei Sturmkap habt Ihr eine rotgoldene Rüstung getragen, mit Einlegearbeiten aus Lapislazuli auf der Brust.« Er streckte dem Mann die Hand entgegen und half ihm auf die Beine.
Lord Alester klopfte sich das schmutzige Stroh von der Kleidung. »Ich ... ich muss mich für meine Erscheinung entschuldigen, Ser. Meine Truhen sind verloren gegangen, als die Lennisters unser Lager überrannten. Ich musste fliehen und konnte nur das Kettenhemd auf dem Leib und die Ringe an den Fingern mitnehmen.«
Diese Ringe trägt er noch immer, fiel Davos auf, der nicht einmal mehr alle Finger zur Gänze hatte.
»Ohne Zweifel stolziert jetzt irgendein Küchenjunge oder Stallbursche in Königsmund herum und trägt mein geschlitztes Samtwams und meinen edelsteinbesetzten Mantel«, fuhr Lord Alester gedankenverloren fort. »Der Krieg hat seine Schrecken, das weiß ein jeder. Ohne Zweifel habt Ihr auch Verluste hinnehmen müssen.«
»Mein Schiff«, sagte Davos. »Alle meine Männer. Vier meiner Söhne.«
»Möge der ... möge der Herr des Lichts sie durch die Finsternis in eine bessere Welt führen«, sagte der andere Mann.
Möge der Vater sie gerecht beurteilen und die Mutter ihnen Gnade gewähren, dachte Davos, behielt das Gebet jedoch für sich. Die Sieben hatten auf Drachenstein keinen Platz mehr.
»Mein eigener Sohn ist in Klarwasser, in Sicherheit«, fügte der Lord hinzu, »aber auf der Zorn habe ich einen Neffen verloren. Ser Imry, den Sohn meines Bruders Ryam.«
Es war Ser Imry Florent gewesen, der sie blindlings den Schwarzwasser hinaufgeführt hatte, ohne die kleinen Steintürme an der Mündung des Flusses zu
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