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Das Lied von Eis und Feuer 05 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 05 - A Storm of Swords. Book Three of A Song of Ice and Fire (1)

Das Lied von Eis und Feuer 05 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 05 - A Storm of Swords. Book Three of A Song of Ice and Fire (1)

Titel: Das Lied von Eis und Feuer 05 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 05 - A Storm of Swords. Book Three of A Song of Ice and Fire (1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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wie er sich den Leib eines Wolfes überstreifen konnte, so wie es Orell mit seinem Adler getan hatte, ehe er gestorben war. Einmal hatte Jon geträumt, er sei Geist, und er hatte auf das Tal herabgeschaut, in dem Manke Rayder sein Volk versammelte, und dieser Traum hatte sich als wahr herausgestellt. Jetzt träumte er nicht mehr, und so blieben ihm nur Worte.

    »Du kannst nicht mitkommen«, sagte Jon, nahm den Kopf des Wolfes in beide Hände und blickte ihm tief in die Augen. »Du musst zur Schwarzen Festung gehen. Verstehst du? Zur Schwarzen Festung. Kannst du ihn finden? Den Weg nach Hause? Folge nur dem Eis, nach Osten, immer nach Osten, in die Sonne hinein, und du wirst sie finden. In der Schwarzen Festung kennen sie dich, und vielleicht wird dein Kommen sie warnen.« Er hatte daran gedacht, eine Warnung zu schreiben, die Geist bei sich tragen könnte, doch er hatte weder Tinte noch Pergament oder gar einen Federkiel, und das Risiko der Entdeckung war zu groß. »Ich werde dich in der Schwarzen Festung wiedersehen, aber du musst allein dorthin gelangen. Eine Zeit lang müssen wir jeder für sich allein jagen. Allein.«
    Der Schattenwolf befreite sich aus Jons Griff und stellte die Ohren auf. Und plötzlich trabte er davon. Er lief durch ein Gebüsch, sprang über einen umgefallenen Baum, rannte den Hügel hinunter und war nur noch ein heller Streifen zwischen den Bäumen. Läuft er zur Schwarzen Festung? , fragte sich Jon. Oder jagt er einem Hasen nach? Wenn er es nur wüsste. Er fürchtete, ein genauso schlechter Warg zu sein, wie er ein schlechter Bruder der Nachtwache und ein schlechter Spion war.
    Seufzend strich eine Windbö durch die Bäume, trug den kräftigen Geruch von Kiefernnadeln heran und zerrte an seiner ausgeblichenen schwarzen Kleidung. Im Süden sah Jon die Mauer hoch und dunkel aufragen, ein grauer Schatten, der die Sicht auf die Sterne verstellte. Auf Grund des rauen hügeligen Geländes glaubte er, dass sie sich irgendwo zwischen dem Schattenturm und der Schwarzen Festung befanden, vermutlich näher an Ersterem. Seit Tagen waren sie an tiefen Seen entlanggewandert, die sich wie lange dünne Finger durch schmale Täler wanden, während sich von beiden Seiten Granitkämme und mit Kiefern bewachsene Hügel herandrängten. In solchem Gelände konnte man nur langsam
reiten, dafür verbarg es jeden, der von der Mauer aus nicht gesehen werden wollte.
    Zum Beispiel räuberische Wildlinge, dachte er. Wie wir. Wie ich.
    Jenseits dieser Mauer lagen die Sieben Königslande, alles, was zu verteidigen er geschworen hatte. Er hatte den Eid gesprochen, hatte bei seinem Leben und seiner Ehre gelobt, und von Rechts wegen sollte er jetzt hier oben Wache halten. Er sollte ein Horn an die Lippen setzen, um die Nachtwache zu den Waffen zu rufen. Allerdings hatte er kein Horn. Es wäre nicht so schwierig, den Wildlingen eines zu stehlen, vermutete er, doch was würde das helfen? Sogar, wenn er hineinstieße, würde es niemand hören. Die Mauer war dreihundert Meilen lang, und die Wache schwand traurigerweise mehr und mehr dahin. Außer drei Festungen waren alle anderen aufgegeben worden; abgesehen von Jon fand man vielleicht im Umkreis von vierzig Meilen keinen Bruder. Wenn er überhaupt noch ein Bruder war ...
    Auf der Faust hätte ich versuchen sollen, Manke Rayder zu töten, selbst wenn es mich das Leben gekostet hätte. So wäre jedenfalls Qhorin Halbhand vorgegangen. Jon dagegen hatte gezögert und die Gelegenheit ungenutzt verstreichen lassen. Am nächsten Tag war er mit Styr dem Magnar, Jarl und hundert ausgewählten Thenns und Räubern losgeritten. Jon redete sich ein, dass er nur den richtigen Zeitpunkt abwarten und sich dann fortschleichen und zur Schwarzen Festung reiten würde. Doch der Moment kam nie. Nachts lagerten sie meist in verlassenen Wildlingsdörfern, und Styr stellte stets ein Dutzend seiner Thenns auf, um die Pferde zu bewachen. Jarl beäugte Jon misstrauisch. Und Ygritte war nie weit entfernt von ihm, ob nun tagsüber oder nachts.
    Zwei Herzen, die wie eins schlagen . Manke Rayders Worte hallten höhnisch in seinem Kopf wider. Selten hatte sich Jon so verwirrt gefühlt. Ich habe keine Wahl, sagte er sich beim ersten Mal, als sie zu ihm unter seine Schlaffelle kroch. Wenn ich
sie zurückweise, weiß sie, dass ich ein Abtrünniger bin. Ich spiele nur meine Rolle, wie es mir Halbhand befohlen hat.
    Sein Körper hatte diese Rolle durchaus willig gespielt. Seine Lippen lagen auf ihren, seine

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