Das Lied von Eis und Feuer 05 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 05 - A Storm of Swords. Book Three of A Song of Ice and Fire (1)
könnten. Wäre es daher möglich, den Weg in die Stadt fortzusetzen?«
»Auf der Stelle, Mylady.« Tyrion lenkte sein Pferd herum und rief nach Ser Addam Marbrand. Die berittenen Goldröcke, der größte Teil der Eskorte, wendeten auf Ser Addams Befehl hin zackig die Pferde, und die Kolonne brach in Richtung Fluss und nach Königsmund auf dem anderen Ufer auf.
Oberyn Nymeros Martell, murmelte Tyrion vor sich hin, während er neben dem Mann aufschloss. Die Rote Viper von Dorne. Und was bei den Sieben Höllen soll ich mit ihm nur anstellen?
Er kannte ihn natürlich nur seinem Rufe nach ... Aber dieser Ruf war beängstigend. Als Prinz Oberyn gerade sechzehn Jahre alt gewesen war, hatte man ihn mit der Geliebten des alten Lord Isenwald im Bett entdeckt, eines riesigen Mannes, dem man Grausamkeit und ein aufbrausendes Temperament nachsagte. Ein Duell folgte, das allerdings in Anbetracht der Jugend und der hohen Geburt des Prinzen nur bis zum ersten Blutstropfen dauern sollte. Beide Männer wurden verwundet, und die Ehre war wiederhergestellt. Prinz Oberyn erholte sich rasch wieder, derweil Lord Isenwalds Wunden schwärten und ihn am Ende töteten. Hinterher hieß es hinter vorgehaltener Hand, Oberyn habe mit einem vergifteten Schwert gekämpft, und seitdem nannten ihn Freund und Feind gleichermaßen die Rote Viper.
Das lag freilich viele Jahre zurück. Der sechzehnjährige Knabe hatte längst die vierzig überschritten, und seine Legende war noch düsterer geworden. Er hatte die Freien Städte bereist und dort das Handwerk des Giftmischers sowie möglicherweise noch dunklere Künste erlernt, wenn man den Gerüchten Glauben schenken durfte. Zudem hatte er in der Citadel studiert und sogar sechs Kettenglieder geschmiedet, ehe es ihm zu langweilig wurde. Danach hatte er sich im Umstrittenen Land jenseits der Meerenge als Söldner verdingt und war eine Zeit lang mit den Zweitgeborenen geritten, ehe er seine eigene Kompanie gründete. Dazu seine Turniere, seine Schlachten, seine Duelle, seine Pferde, und vor allem seine Fleischeslust ... man sagte ihm nach, er lege sich neben Frauen auch zu Männern ins Bett und habe in ganz Dorne Bastardmädchen gezeugt. Die Sandschlangen nannte man seine Töchter. Soweit Tyrion wusste, hatte Prinz Oberyn niemals einen Sohn gezeugt.
Und nicht zu vergessen, er war es gewesen, der den Erben von Rosengarten verkrüppelt hatte.
In den ganzen Sieben Königslanden gibt es keinen anderen Mann, der bei einer Tyrell-Hochzeit weniger willkommen wäre, dachte Tyrion. Prinz Oberyn nach Königsmund zu entsenden, während die Stadt noch immer Lord Maes Tyrell, zwei seiner Söhne und Tausende ihrer Bewaffneten beherbergte, stellte eine Provokation dar, von der ebenso viel Gefahr ausging wie von Prinz Oberyn selbst. Ein falsches Wort, ein voreiliger Scherz, ein Blick, mehr ist nicht nötig, und unsere edlen Verbündeten werden sich gegenseitig an die Kehle gehen.
»Wir sind uns schon einmal begegnet«, sagte der Dornische Prinz zu Tyrion leichthin, während sie Seite an Seite den Königsweg entlangritten, durch Aschefelder und an den Skeletten der Bäume vorbei. »Obschon ich nicht erwarte, dass Ihr Euch daran erinnert. Ihr wart noch kleiner als jetzt.«
In seiner Stimme schwang ein spöttischer Unterton mit, der Tyrion ganz und gar missfiel, doch er wollte sich von diesem
Dornischen nicht reizen lassen. »Wann war das, Mylord?«, fragte er mit höflichem Interesse.
»Oh, vor vielen, vielen Jahren, als meine Mutter noch in Dorne herrschte und Euer Hoher Vater die Hand eines anderen Königs war.«
Der vielleicht gar nicht so viel anders war, überlegte sich Tyrion.
»Damals habe ich mit meiner Mutter, ihrem Gemahl und meiner Schwester Elia Casterlystein besucht. Ich war, oh, ungefähr vierzehn oder fünfzehn, Elia war ein Jahr älter. Eure Geschwister waren acht oder neun, wenn ich mich recht entsinne, und Ihr wart gerade erst geboren worden.«
Eine eigenartige Zeit für einen Besuch. Seine Mutter war bei seiner Geburt gestorben, und so hatten die Martells den Stein in tiefer Trauer vorgefunden. Insbesondere seinen Vater. Lord Tywin sprach selten von seiner Gemahlin, doch Tyrion hatte die Erzählungen seiner Onkel über ihre Liebe gehört. In jenen Tagen war sein Vater die Hand von Aerys gewesen, und viele Zungen behaupteten, Lord Tywin Lennister regiere zwar die Sieben Königslande, Lady Joanna jedoch beherrsche Lord Tywin. »Nach ihrem Tod war er nicht mehr derselbe, Gnom«, hatte sein Onkel
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